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Zürcher Privatbank
Julius Bär überrascht mit neuem Chef

Das Logo der Julius Baer Bank, aufgenommen am Montag, 27. November 2023 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
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Ihn hatten nur die wenigsten auf dem Zettel. Stefan Bollinger wird der neue Chef der Zürcher Privatbank Julius Bär. Karriere gemacht hat Bollinger bei Goldman Sachs. Seit 20 Jahren ist er bei der amerikanischen Grossbank, seit 14 Jahren zählt er zum prestigeträchtigen Kreis der Partner. Zuletzt war er Co-Chef für die Vermögensverwaltung in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika.

Im Februar musste der damalige Julius-Bär-CEO Philipp Rickenbacher zurücktreten, nachdem die Privatbank mit schlecht besicherten Krediten an die insolvente Signa Holding von René Benko hohe Verluste erlitten hatte. Rund 600 Millionen Franken musste die Bank damals insgesamt abschreiben, in etwa den halben Jahresgewinn.

Der Abschreiber offenbarte grosse Defizite im Risikomanagement bei Julius Bär. Bewilligt wurden die Kredite offenbar von sämtlichen zuständigen Gremien: Neben dem damaligen Bankchef Rickenbacher wusste auch der Risikoausschuss des Verwaltungsrats, dem Präsident Romeo Lacher angehört, davon. Wie viel von dem Geld Julius Bär wieder zurückbekommt, ist unklar, der grösste Teil dürfte jedoch verloren sein.

Momentan läuft der Verkauf der diversen Vermögenswerte der Konkurs gegangenen Immobilienholding. Präsident Lacher sagte im Interview, dass es zu diesem Zeitpunkt noch unklar sei, wie gross die Rückläufe aus den diversen Insolenz- und Konkursverfahren seien.

Julius Bär hat gegenüber der Konkurrenz an Boden verloren

Für ihre Suche nach einem neuen Geschäftsführer hat sich Julius Bär lange Zeit gelassen. Seit dem Rücktritt von Rickenbacher hat Nic Dreckmann die Bank interimistisch geführt. Er wird auch künftig Teil der Geschäftsleitung bleiben. Bollinger, der seine neue Stelle Anfang 2025 antritt, muss nun das Vertrauen der Investoren in das traditionsreiche Finanzinstitut wiederherstellen und dafür sorgen, dass der Bank wieder neue Gelder von Kundinnen und Kunden zufliessen.

Zuletzt hatte die Konkurrenz, insbesondere EFG International, Julius Bär zunehmend den Rang abgelaufen. In den Monaten nach dem Bekanntwerden des Benko-Debakels hatte die Privatbank weniger neue Gelder eingesammelt, als Analysten erwartet hatten.

Gleichzeitig muss Bollinger bei der Privatbank Risiken abbauen. Im Februar hatte die Bank Julius Bär bekannt gegeben, sie steige aus dem Geschäft mit den risikoreichen Krediten an vermögende Kunden, wie René Benko einer gewesen war, aus und fokussiere sich auf Immobilien- und Wertschriftenkredite. Das gesamte «Private Debt»-Kreditbuch, in dem die 606 Millionen Franken an Signa verbucht waren, soll heruntergefahren werden.

Stefan Bollinger (50) hatten nur die wenigsten auf dem Radar als möglichen Nachfolger auf dem Chefposten von Julius Bär.

Die «Stärkung und die Sicherstellung eines modernen Risikomanagements» gehören denn laut der am Dienstag publizierten Mitteilung von Julius Bär auch zu den Prioritäten des neuen Chefs. Zudem verweist die Privatbank auf den Leistungsausweis von Bollinger. Bei Goldman Sachs hätten sich in seinem Bereich die verwalteten Vermögen in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt.

«Vom Profil her ist Bollinger sicher eine gute Wahl»

Begonnen hat der 50-jährige Bollinger seine Karriere bei der Zürcher Kantonalbank mit einem KV-Abschluss. Vor seinem Wechsel zu Goldman Sachs arbeitete der gebürtige Schweizer bei J. P. Morgan in London. Tätig war er zudem an wichtigen internationalen Finanzplätzen wie New York oder Hongkong – alles Regionen, die für Julius Bär wichtig sind. 

«Von seinem Profil her ist er sicher eine gute Wahl für Julius Bär», sagt Andreas Venditti, Bankenanalyst bei Vontobel. Er sei jung bei Goldman Sachs zum Partner aufgestiegen, das zeuge von Können. Neben der Vermögensverwaltung bringe er viel Erfahrung in Bereichen wie dem Handel und strukturierten Produkten mit. «Das sind wichtige Bereiche für Julius Bär», sagt Venditti. Einen Chef zu haben, der diese verstehe, sei wichtig. Insbesondere auch aus einer Risikomanagement-Perspektive.

Goldman Sachs spricht in der Vermögensverwaltung jedoch etwas andere Kundinnen und Kunden an als Julius Bär. Durchschnittlich 60 Millionen Dollar würden diese über die Bank investieren, sagte Tucker York, Leiter der Vermögensverwaltung von Goldman Sachs, in einem Interview mit der NZZ. Dieser Wert dürfte bei Julius Bär wesentlich tiefer liegen, vermutet Venditti.

Doch bevor sich Stefan Bollinger bei Julius Bär auf die Zukunft konzentrieren kann, muss er mit der Vergangenheit aufräumen. Nach wie vor läuft eine Untersuchung der Finanzmarktaufsicht zur Kreditvergabe an Benkos Signa Holding. Zwar haben sich die Aktien der Privatbank nach dem Debakel wieder etwas erholt. Ihr Kurs liegt aber immer noch tiefer als vor einem Jahr.