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Update folgtSigna-Debakel
Knall bei Julius Bär – Bankchef Rickenbacher muss gehen

Philipp Rickenbacher, CEO der Julius Baer Bank, spricht an der Pressekonferenz zur Praesentation der Jahreszahlen am Montag, 3. Februar 2020 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
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Nun also doch. Die Kredite von Julius Bär an die Signa Holding von René Benko haben überraschend harte Konsequenzen. Bankchef Philipp Rickenbacher tritt zurück. Hinzu kommt ein Abschreiber in Höhe von 606 Millionen Franken – die vollständige Summe der Kredite an Signa.

Nachfolger ad interim wird Nic Dreckmann, er war bislang Vizechef unter Rickenbacher. Er ist bereits seit 2004 bei der Bank tätig, notabene das gleiche Jahr, in dem auch Rickenbacher begonnen hat, für Bär zu arbeiten.

Zudem kommt es auch zu Wechseln im Verwaltungsrat. David Nicol, Vorsitzender des Risikoausschusses im Gremium, wird sich an der nächsten Generalversammlung nicht mehr zur Wiederwahl stellen.

Konsequenzen hat das Signa-Debakel auch auf der Vergütungsebene: Rickenbacher und die fünf Mitglieder der Geschäftsführung, die an der Kreditentscheidung beteiligt waren, werden für 2023 keinen Bonus erhalten. Für die restliche Führung der Bank wird die variable Vergütung «substanziell reduziert», wie Bär schreibt. Dazu kommt ein Sparprogramm. 250 Stellen will die Bank in diesem Jahr abbauen.

Die Kredite an Benko haben Julius Bär mehr als die Hälfte des Jahresgewinns gekostet. Dieser ist auf 472 Millionen Franken eingebrochen. Zusätzlich gibt Julius Bär bekannt, aus dem Geschäft mit den risikoreichen Krediten auszusteigen und sich auf Immobilien- und Wertschriftenkredite zu fokussieren. Das gesamte «Private Debt»-Kreditbuch, in dem die 606 Millionen Franken an Signa verbucht waren, soll heruntergefahren werden. Ende Oktober belief sich dieses auf 1,5 Milliarden Franken.

Der Neue: Nic Dreckmann übernimmt von Philipp Rickenbacher

Wie ist es dazu gekommen? Die Bank hatte der Signa Holding von René Benko in den vergangenen Jahren einen Kredit in Höhe von 606 Millionen Franken gewährt. Im November informierte sie das erste Mal darüber und gab einen Abschreiber in Höhe von 70 Millionen Franken auf dem Kreditportfolio bekannt.

Ein ziemliches Klumpenrisiko, mit dieser Summe stehen rund 18 Prozent des harten Kernkapitals für einen Kunden im Risiko. Die Kredite wurden offenbar von sämtlichen zuständigen Gremien der Bank bewilligt. Neben Bankchef Philipp Rickenbacher wusste auch der Risikoausschuss des Verwaltungsrats, dem Präsident Romeo Lacher angehört, davon – selbst die Finanzmarktaufsicht war informiert.

Konkret geht es um drei Kredittranchen, die Bär dem undurchsichtigen Firmengeflecht des österreichischen Immobilienspekulanten erteilt hat. Was die Bank Bär dazu bewogen hat, lässt sich nicht nachvollziehen. Denn im Gegensatz zu anderen Banken, die ihre Kredite hypothekarisch absicherten und auch bei einer Insolvenz mit keinem Totalausfall zu rechnen haben, stehen hinter den 606 Millionen Franken von Julius Bär deutlich abenteuerlichere Sicherheiten. Zum Beispiel Aktien von Signa-Gesellschaften. Diese sind mit dem sukzessiven Zusammenbruch des Benko-Reichs nahezu wertlos geworden.

Beispielsweise bei einer Tranche in Höhe von 200 Millionen Franken, die an die European Invest Holding geflossen ist. In dieser Gesellschaft hat die Signa unter anderem ihre Beteiligungen an europäischen Luxuskaufhäusern wie Globus, KaDeWe-Gruppe in Deutschland und Selfridges in Grossbritannien parkiert.

Welche Sicherheiten Benko für diese Kredittranche hinterlegt hat, ist allerdings nach wie vor unklar. Die Privatbank schreibt von Finanzierungen, die gegen zukünftige Cashflows oder nicht-börsengelistete Aktien vergeben wurden. Diese Angaben decken sich mit Recherchen der SonntagsZeitung. Diese hatte berichtet, dass Bär Aktien der European Invest Holding als Sicherheit genommen hatte. Da sich die Gesellschaft seit Mitte Dezember in provisorischer Nachlassstundung befindet, sind diese jedoch wohl wertlos.

Fraglich ist zudem, wie werthaltig die in der European Invest Holding enthaltenen Beteiligungen überhaupt noch sind. Auch hier sind einzelne Firmen bereits zahlungsunfähig. So hat KaDeWe Anfang der Woche in Deutschland Insolvenz angemeldet, und in der European Invest Holding befinden sich neben den Luxuswarenhäusern auch die Beteiligungen der Signa an der Signa Sports United. Die Sportartikelfirma musste im Oktober Insolvenz anmelden, zuvor hatte sie an der Börse in New York spektakulär Schiffbruch erlitten.

Dass es zumindest mit der Kredittranche an die European Invest Holding Probleme gibt, war Julius Bär schon länger bekannt. Vergeben hat die Bank die 200 Millionen Franken im Dezember 2022, zu einem Zeitpunkt also, als die Risiken für Benkos Immobilienreich durch steigende Zinsen bereits absehbar waren.

Im April 2023 kam es dann zu einer Verletzung der Vertragsbedingungen. Eine Rückzahlung des Kredits verlangt hat die Privatbank darauf aber nicht. Die Öffentlichkeit informiert hat die Bankführung um Bankchef Philippe Rickenbacher und Präsident Romeo Lacher erst ein halbes Jahr später.

Die Bank hat die Situation falsch eingeschätzt

Die Führung der Bank hat offensichtlich den entstandenen Vertrauensverlust falsch eingeschätzt. Während die rein finanziellen Verluste durch die Signa-Kredite für Bär zu verschmerzen sind, wogen die Verfehlungen im Risikomanagement der Bank deutlich schwerer für die Aktionärinnen und Aktionäre. Der Aktienkurs hat sich vom Einbruch nach der Bekanntgabe der Signa-Kredite im November nicht mehr erholt.

Insbesondere, weil Rickenbacher 2019 mit dem Ziel angetreten war, Julius Bär in ruhigere Gefilde zu führen. Das war damals bitter nötig. Die Bank wurde von der Finma 2020 wegen schwerer Mängel in der Geldwäschereibekämpfung gerügt. Zwischen 2009 und 2019 kam es zu massiven Verfehlungen, die den ehemaligen Chefs Bernhard Hodler und Boris Collardi angelastet wurden.

Rickenbacher hat es nicht geschafft, den Risikoappetit der Bank grundlegend zu verändern. Er setzte auf das Geschäft mit den Superreichen und die damit verbundenen Risiken. So sagte er laut Bloomberg noch im November an einer Konferenz, dass Julius Bär ihre Risikobereitschaft nicht grundlegend ändern werde.