Bank präsentiert JahreszahlenDie Bank Bär und die Benko-Frage
Das Bankhaus wird am Donnerstag neue Details dazu offenlegen, wie stark es von der Pleite des österreichischen Immobilieninvestors René Benko betroffen ist. Das Debakel erinnert an die skandalreichen Jahre der Privatbank.
Vor noch nicht einmal einem Jahr stand die Bank Julius Bär als grosse Gewinnerin da. Sie galt als eine der Profiteurinnen der Abwärtsspirale, in der die Credit Suisse steckte. Wenn sich die verunsicherte, aber gut betuchte Kundschaft eine neue Bank sucht, landen viele davon bei Bär, so die Vermutung.
Nun scheint der Effekt bereits verpufft zu sein. Das zeigt sich am Aktienkurs von Bär. Er kletterte Anfang des letzten Jahres auf 64 Franken, heute sind es noch 48 Franken. Der Grund dafür: Kredite im Umfang von 600 Millionen Franken an das Signa-Konglomerat des österreichischen Bauunternehmers René Benko. Die Chancen, dass die Bank das Geld wieder zurückerhält, sind klein.
Am Donnerstag wird die Bank ihr Resultat für das zurückliegende Geschäftsjahr vorlegen – und auch mehr Details zu ihrem Signa-Risiko offenlegen. Bis dahin äussert sie sich nicht dazu.
Dabei ist es in den letzten Jahren ruhiger geworden um das Institut. Bankchef Philipp Rickenbacher war es gelungen, die vielen Rechtsfälle der letzten Jahre abzutragen. Und davon gab es einige. Die Bank Bär wurde im Frühling 2020 von der Finanzmarktaufsicht wegen «schweren Mängeln in der Geldwäschereibekämpfung» gerüffelt. In den Jahren 2009 bis 2018 sei es zu massiven Verfehlungen gekommen. Bei den Skandalen um den venezolanischen Ölkonzern PDVSA und dem Fussballverband Fifa hat die Bank bei Dutzenden Kunden und ihren dubiosen Geldgeschäften zu wenig genau hingeschaut.
Die Fälle wurden den ehemaligen Bankchefs Boris Collardi und Bernhard Hodler angelastet. Prompt folgte daher ein öffentlich ausgetragener Zoff darum, ob den ehemaligen Chefs die Boni ausgezahlt werden sollen. Collardi sagte kürzlich der «Financial Times»: «Haben wir unsere eigenen Probleme geschaffen? Auf jeden Fall, ja … wir hatten ein paar Banker, die Gauner waren, und ein paar Kunden, die Gauner waren. War das systematisch? Nein.»
Collardi selbst ist unterdessen für die Zürcher Bank EFG tätig. Deren Aktienkurs ist innerhalb des letzten Jahres von rund 6 auf 11 Franken gestiegen. Auch diese Bank will vom Ende der Credit Suisse profitieren und hat mehrere Teams von der Grossbank übernommen.
Das Vertrauen in die Bank ist angeschlagen
Die Frage, die nun viele Beobachter umtreibt: Ist die ruhige Phase unter Rickenbacher vorbei? Der Aktienkurs ist deutlich stärker gefallen, als der potenzielle Abschreiber durch Signa erklären würde, sagt Bankenanalyst Andreas Venditti von der Bank Vontobel. «Der Vertrauensverlust in das Management ist noch da.»
Ein anderer Banker sagt hinter vorgehaltener Hand: «Man muss auch fair sein. Sicher ist der Signa-Fall nicht gut, doch die Bank funktioniert grundsätzlich gut.» Manchmal müsse eine Bank einen Hit, einen Rückschlag einstecken, doch gehöre das ein Stück weit zum Geschäft. So scheint das auch Bär-Chef Rickenbacher zu sehen: Im November sagte er laut Bloomberg an einer Konferenz, dass die Bank ihre Risikobereitschaft nicht ändern werde.
Für Venditti kam der Rückschlag nicht ganz unerwartet. Der damals frisch angetretene Bankchef Rickenbacher kündigte Anfang 2020 als eine wichtige Wachstumsinitiative an, das Geschäft mit den Superreichen, sogenannten Ultra High Net Worth Individuals, stärken zu wollen. Dafür wurde die Produktpalette erweitert, unter anderem durch strukturierte Kredite.
Dass damit grundsätzlich höhere Risiken eingegangen werden, war Venditti klar. «Das Ausmass und die Konzentration bei einem Kunden sind die grosse Überraschung», sagt der Analyst. 18 Prozent des harten Kernkapitals der Bank stehen für einen Kunden im Risiko. Venditti geht von einem Abschreiber von rund 300 Millionen Franken aus. Bislang hat die Bank 70 Millionen Franken zurückgestellt.
Übernommene Berater sollen Kunden bringen
Offen ist nun, ob die Bank das Ende der CS wie erwartet nutzen kann. Die Bank Bär habe viele Kundenberater gewonnen, doch sei von einem CS-Boost bislang wenig zu sehen: «Die Frage ist nun, ob und wann die Kundinnen und Kunden tatsächlich zur Bank Bär wechseln, wenn ihre ehemaligen Kundenberater versuchen, sie zu Julius Bär zu holen», sagt Venditti.
Sicher ist, die entscheidende Phase läuft jetzt an. Die CS-Leute, die zur Konkurrenz gewechselt sind, können jetzt damit beginnen, ihre Kundschaft zur neuen Bank zu holen, sagt ein Banker. Das braucht Zeit und treibe in erster Linie die Kosten hoch. Denn zuerst gibt eine Bank mehr Geld aus für die Berater, dann sollten die Kundengelder steigen – und erst dann steigen die Einnahmen der Bank. Vielleicht.
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