Kommentar zum Chefwechsel Julius Bär: Jetzt sollte auch der Präsident zurücktreten
Die Privatbank zieht personelle Konsequenzen aus dem Signa-Debakel. Das ist positiv, doch sie gehen nicht weit genug. Für eine echte Aufarbeitung sollte auch Präsident Romeo Lacher seinen Sessel räumen.
Dieser Neuanfang ging gründlich daneben. Philipp Rickenbacher tritt per sofort als Chef der Privatbank Julius Bär zurück. Zum Verhängnis wurden ihm die schlecht besicherten Kredite, die Julius Bär der insolventen Signa Holding von René Benko gegeben hat.
Dabei war Rickenbacher im September 2019 angetreten, um die Privatbank nach Jahren voller Skandale wieder in ruhigere Gewässer zu führen. Julius Bär hatte dies auch bitter nötig. Die Finanzmarktaufsicht rügte die Bank 2020 wegen schwerer Mängel in der Geldwäschereibekämpfung und untersagte ihr zeitweilig sogar, grössere Übernahmen zu tätigen.
Dass die Bank aus dem Signa-Debakel jetzt personelle Konsequenzen zieht, ist sicher positiv. Ob sie aber auch ausreichen, ist fraglich. Die 606 Millionen Franken an Benko wurden nicht klammheimlich unter dem Ladentisch vergeben. Die internen Kontrollinstanzen der Bank waren informiert. Sämtliche übergeordneten Gremien haben zugestimmt. Neben der Geschäftsführung auch der Risikoausschuss des Verwaltungsrates, in welchem Bankpräsident Romeo Lacher sitzt.
Damit liegt die oberste Verantwortlichkeit bei Lacher. Denn zur Aufgabe des Verwaltungsrates gehört es nicht nur, die Strategie einer Bank festzulegen, sondern unter anderem auch, Regeln für die Kreditvergabe zu definieren. Lacher will diese nun überarbeiten, ebenso wie die Regeln, wie stark die Bank mit einem einzelnen Kunden ins Risiko gehen darf. Bei Benko waren es 18 Prozent des harten Kernkapitals, ein ziemliches Klumpenrisiko.
Lacher hat sich am Donnerstag für die Kredite an Benko zwar entschuldigt und war bemüht, den 606-Millionen-Abschreiber als Einzelfall darzustellen. Wirkliche Transparenz schaut jedoch anders aus, zumal Journalistinnen und Journalisten keine Fragen stellen konnten, sondern einzig Finanzanalysten.
Ist es Julius Bär diesmal ernst mit einem Neuanfang, dann sollte auch Lacher Verantwortung übernehmen und den Weg für einen neuen Präsidenten frei machen. Vielleicht nicht jetzt, aber spätestens, wenn eine permanente Nachfolgerin oder ein Nachfolger für Philipp Rickenbacher gefunden worden ist.
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