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Pläne der Regierung Italiens
Meloni kommt mit starkem Ego zurück auf die Bühne

epa10693365 A handout picture made available by the Chigi Palace (Palazzo Chigi) Press Office shows Italian Prime Minister Giorgia Meloni meeting with Tesla and SpaceX CEO Elon Musk (R) at Chigi Palace in Rome, Italy, 15 June 2023.  EPA/CHIGI PALACE PRESS OFFICE / HANDOUT +++ IMAGE TO BE USED SOLELY TO ILLUSTRATE NEWS REPORTING OR COMMENTARY ON THE FACTS OR EVENTS DEPICTED IN THIS IMAGE +++ HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES/NO ARCHIVES
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Es dauerte eine Stunde und eine halbe, ehe die Frage kam, auf die sozusagen halb Italien gewartet hatte: Was denn die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zur Neujahrseskapade ihres Parteifreundes, des Parlamentsabgeordneten Emanuele Pozzolo, zu sagen habe? Der 38-jährige Politiker der Fratelli d’Italia hatte im Piemont an einer Silvesterparty teilgenommen und dort – frisch im Besitz eines Waffenscheins – mit einer Pistole hantiert, aus der sich ein Schuss löste und einen Gast am Bein verletzte.

In Italien ist der Fall Pozzolo seit Tagen ein grosses Thema und für die Opposition ein neues Zeichen für die «Inkompetenz» der Rechten, die seit mehr als einem Jahr die drittgrösste Volkswirtschaft der EU regieren.

Meloni hatte dazu zunächst geschwiegen, ohnehin war die Vorsitzende der grössten Regierungspartei, der postfaschistischen Fratelli d’Italia, in den vergangenen Wochen kaum in Erscheinung getreten, weil sie an einer hartnäckigen Grippe und später an Schwindelproblemen laborierte, die Experten als harmloses, aber lästiges Problem der Ohren benannten.

Gelassen, schlagfertig und selbstbewusst trotzig

Die traditionelle Jahresendkonferenz vor den Parlamentsmedien, eine extrem umfangreiche Veranstaltung mit vielen Fragen zu allen Themen, musste zweimal verschoben werden und fand dann endlich am Donnerstag statt.

Meloni, obschon offensichtlich noch nicht ganz fit, präsentierte sich mehr als drei Stunden lang gut vorbereitet, gelassen, gelegentlich schlagfertig und selbstbewusst trotzig. Sie lasse sich von niemandem herumschubsen, gab sie zu verstehen, sie lasse sich auch von niemandem Angst machen: «Das funktioniert bei mir nicht, ich bin der Ministerpräsident, und ich treffe die Entscheidungen.»

Die Parteimitgliedschaft des Pistoleros Pozzolo hat sie suspendiert und seinen Ausschluss beantragt, zu einem Fernsehduell vor den Europawahlen mit der Oppositionsführerin Elly Schlein vom linken Partito Democratico trete sie selbstverständlich an, und die geplante grosse Verfassungsreform mit einer Stärkung des Amtes des Ministerpräsidenten bleibe auf der Tagesordnung (ihr werden allerdings wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit wenig Chancen eingeräumt).

Italian Premier Giorgia Meloni answers journalists' questions during her year end press conference, in Rome, Thursday, Jan. 4, 2024. (AP Photo/Andrew Medichini)

Die Regierung habe bisher einen guten Job gemacht, sagte Meloni und wies die Kritik der Opposition eines massiven gezielten Rechtsrucks im Land, des Sozialabbaus und handwerklicher Mängel zurück. Das konnte allerdings nicht überraschen, denn Lob für die eigene Arbeit und Kritik an der Kritik hat jeder Regierungschef gleich welcher Couleur und welchem Land parat.

Aufschlussreicher war, dass Meloni scharfe Töne gegenüber der EU vermieden hat. Sie setzt erkennbar auf internationale Zusammenarbeit und nicht auf Konfrontation, wie diese noch ihre Wahlkampfauftritte bis 2022 bestimmt hatte.

Meloni versichert Selenski Unterstützung der G-7

Italien hat zum 1. Januar 2024 turnusmässig für ein halbes Jahr die Präsidentschaft der G-7 übernommen, des Gremiums der wichtigsten Staaten der westlichen Welt, und Meloni will diese Chance auf allen Feldern nutzen. Dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski versicherte sie bei einem Telefonat am selben Tag die weitere Unterstützung durch die G-7-Gruppe.

Sie nannte die Herausforderungen der sich rasch entwickelnden künstlichen Intelligenz als einen Schwerpunkt ihrer G-7-Präsidentschaft. Das war auch insofern interessant, als kürzlich schon Papst Franziskus das Thema als eines benannt hatte, das ihn mit Blick auf 2024 am meisten umtreibe.

Das Kirchenoberhaupt hatte dafür einige Verwunderungen geerntet, als ob Krieg und Frieden in der Welt gerade derzeit nicht viel wichtiger seien. Meloni ist über dieses Thema unter anderen mit IT-Multimilliardär und -Visionär Elon Musk im Gespräch, der sie kürzlich wieder in Rom besucht hat.

EU-Asylreform genügt laut Meloni nicht

Kritik an der EU äusserte Meloni auf der fachlichen Ebene. So hält sie die mit grossem Aufwand beschlossene EU-Asylreform für «besser als die vorherigen Regeln», aber nicht ausreichend. «Wir werden das Problem niemals lösen, wenn wir nur darüber nachdenken, wie wir mit Migranten umgehen, wenn sie in Europa ankommen.»

Erneut forderte Meloni mehr Abkommen mit afrikanischen Staaten, um die Massenflucht nach Europa zu verhindern. (Lesen Sie zum Thema auch das Interview mit Migrationsexpertin Judith Kohlenberger: «Es kommen vor allem junge Männer – das ist die Folge der EU-Asylpolitik».)

Im vergangenen Jahr haben nach offiziellen Zahlen mehr als 155’750 Migranten auf dem Seeweg Italien erreicht, im Vorjahreszeitraum waren es rund 103’850. Im Sommer war das Erstaufnahmelager auf der Insel Lampedusa zeitweise dramatisch überfüllt. Zugleich kam es immer wieder zu Unglücken. 2023 sind laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 2750 Menschen im Mittelmeer ertrunken oder wurden vermisst – so viele wie in den fünf Jahren zuvor zusammen nicht. Und die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

«Unüberbrückbare Differenzen» mit der AfD

Meloni, die bei den Europawahlen 2024 auf einen Wahlsieg des rechten Lagers hofft, äusserte sich ablehnend zur deutschen AfD. Zwischen dieser und ihren Fratelli d’Italia gebe es «unüberbrückbare Differenzen», beispielsweise bei den Beziehungen zu Russland. Weder die AfD noch der Rassemblement National von Marine Le Pen in Frankreich seien Mitglied in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im Europäischen Parlament, der sie sich zugehörig fühle.