Globale HandelsförderungItalien steigt aus Chinas Seidenstrasse-Projekt aus
Rom möchte den umstrittenen Deal mit China schon lange beenden. Nun wagt Giorgia Meloni den Schritt – und hofft, Peking nicht nachhaltig zu verärgern.
In der häufig wechselhaften italienischen Politik ist der Regierung von Giorgia Meloni offenbar eine diplomatische Punktlandung gelungen: Pünktlich zu den EU-China-Gesprächen in Peking bestätigte Rom zunächst inoffiziell Medienberichte, dass man jetzt offiziell aus dem Abkommen «Neue Seidenstrasse» (englisch «Belt and Road Initiative») mit Peking ausgestiegen sei. Wie man dieses lange geplante Vorhaben hinbekommt, ohne zu viel diplomatischen Schaden anzurichten, das war im ersten Amtsjahr eines der besonders anspruchsvollen Projekte der Regierung.
Rom weist gerne darauf hin, dass auch andere Staaten wie Deutschland oder die USA, die China kritisch gegenüberstehen würden, intensive Handelsbeziehungen aufrechterhalten. Allerdings war die drittgrösste Wirtschaftsmacht Europas unter dem früheren Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, der eine Regierung aus Links- und Rechtspopulisten angeführt hatte, im Jahr 2018 spektakulär dem Prestigeprojekt des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jingping beigetreten. Wie mehr als hundert andere Staaten auch, darunter aber ausser Italien kein anderer G-7- und kein wichtiger EU-Staat.
Milliarden-Investitionen blieben aus
Im Rahmen des strategischen Projekts, dessen deutscher Name an die antike Handelsroute erinnert, die bis nach Europa führte, baut und beteiligt sich China weltweit an Infrastrukturprojekten wie Häfen, Flughäfen, Strassen und anderen Vorhaben. Die beteiligten Staaten binden sich finanziell eng an China. Die Initiative war im Westen von Anfang an umstritten – und ist es erst recht, seitdem der ausgreifende Machtanspruch Pekings immer offensichtlicher wurde.
Meloni hatte den Beitritt ihres Vor-Vorgängers als einen «schweren Fehler» bezeichnet. Die Regierung rechnete vor, dass sich das Abkommen auch wirtschaftlich für Italien nicht ausgezahlt habe. Erwartete Milliarden-Investitionen seien ausgeblieben.
Zwar war die italienische Mitgliedschaft zunächst auf fünf Jahre beschränkt. Doch Conte hatte sich auf eine Konstruktion eingelassen, nach der Italien formal kündigen muss, weil sich die Teilnahme ansonsten ab März 2024 automatisch verlängert. Meloni war also in Zugzwang. Zugleich hoffte sie, Peking so wenig wie möglich zu erzürnen und gewachsene wirtschaftliche Beziehungen nicht zu gefährden. Entsprechend vorsichtig ging man vor.
Nachteile ausgleichen
Über das Jahr liess die Regierung immer wieder erkennen, dass sie das Abkommen kündigen werde. Zugleich lehnte es Meloni aber ab, dies bei ihrem Antrittsbesuch im Weissen Haus zu verkünden – das hätte Peking offensiv provoziert. Stattdessen sondierte sie, wie zu hören war, in Washington und auch in Brüssel, ob die Partner gegebenenfalls wirtschaftliche Nachteile ausgleichen könnten. Meloni und ihr Aussenminister Antonio Tajani nutzten ferner verschiedene Gelegenheiten auf höchster Ebene, um die chinesische Seite auf den kommenden Schritt vorzubereiten.
Vor drei Tagen nun schickte Rom nach italienischen Medienberichten, die sich auf sehr zuverlässige Quellen berufen, die Kündigung offiziell nach Peking – und bestätigte dies am Mittwoch indirekt. Ministerpräsidentin Meloni hat schon länger eine Peking-Reise angekündigt, die Gelegenheit geben wird, über die weitere Zusammenarbeit zu sprechen.
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