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Saison fast ohne Federer
Das verrückteste Tennisjahr endet mit einem Versprechen

Der letzte Sieger der Saison: Daniil Medwedew mit dem Pokal der ATP-Finals von London.
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Niemand weiss, wie das Tennisjahr 2020 herausgekommen wäre ohne Corona. Ab März ruhte der Profibetrieb bis tief in den Sommer hinein, die Zahl der Turnierabsagen war letztlich grösser als jene der tatsächlich ausgetragenen Anlässe. Noch vor dem vollen Ausbruch der Pandemie hatte sich Roger Federer wegen einer Operation des rechten Knies im Februar bereits von der Tour verabschiedet.

Für Wimbledon hatte er wieder zurück sein wollen, doch es kam anders: Wimbledon fiel der Pandemie zum Opfer, und Federers Knie benötigte eine zweite Operation sowie eine viel längere Therapie als geplant. Während sich der 39-Jährige an den See, in die Berge und zu seinem neuen Hobby – Schuhe verkaufen – zurückzog, erlebte sein Sport die aussergewöhnlichste Saison seit Jahren, auf und neben den Courts. Was gilt es zurückzubehalten?

Medwedews grosser Finish

2020 wurde zum Jahr des Durchbruchs von Dominic Thiem. Zwar verlor er in Melbourne gegen Novak Djokovic im Januar auch sein drittes Grand-Slam-Endspiel. Am US Open aber klappte es. Obwohl er im Endspiel gegen Alexander Zverev die ersten zwei Sätze abgab, holte er sich seinen ersten Grand-Slam-Titel. Am ATP-Finale, das am Sonntag zum 12. und letzten Mal in London zu Ende ging (2021 steigt es in Turin), schien der 27-jährige Österreicher lange auf dem Weg, die Saison ein zweites Mal zu krönen. Nachdem er im Halbfinal Novak Djokovic 7:5, 6:7, 7:6 eliminiert hatte, fand er in Daniil Medwedew aber seinen Meister. Der Russe, der erst in Paris-Bercy seinen ersten Titel der Saison geholt hatte, gewann nach 2:43 Stunden 4:6, 7:6 (7:2), 6:4. Medwedew schlug auf dem Weg zum grössten Titel auch Zverev, Djokovic, Schwartzman und Nadal. «Es ist schön, dass das erste und das letzte ATP-Finale in London von Russen gewonnen wurden», sagte Medwedew in Anspielung auf Nikolai Dawidenko, der in London 2009 die Premiere gewonnen hatte.

Nadals Paris-Hoch

Endlose Erfolgsstory: Schon zum 13. Mal gewann Rafael Nadal das French Open, das dieses Jahr in den Herbst verlegt wurde.

Totgesagte leben länger. Keinem war so oft eine kurze Karriere vorhergesagt worden wie Rafael Nadal. Im Alter von 34 Jahren spielt und siegt der Mallorquiner aber munter weiter. Er konnte es sich leisten, das US Open auszulassen und stattdessen seine neue Jacht spazieren zu fahren. Als das French Open dann mit vier Monaten Verspätung doch noch stattfand, war er wieder voll da und sicherte sich – nachdem er sich über die neuen Bälle beklagt hatte – die 13. Coupe des Mousequetaires. Mit seinem 20. Grand-Slam-Pokal hat er nun erstmals zu Rekordhalter Federer aufgeschlossen.

Djokovic ausser Kontrolle

Der Vorfall, der zur Disqualifikation führte: Novak Djokovic kümmert sich um die Linienrichterin Laura Clark, die er zuvor mit einem Ball getroffen hat. 

Das Jahr begann für Novak Djokovic mit seinem 17. Grand-Slam-Titel, dem 8. am Australian Open, brillant, wurde danach aber nur noch schlechter. Obwohl er auch noch die Turniere von Dubai, Cincinnati und Rom gewann, verlief 2020 für ihn chaotisch. Insbesondere durch die Adria-Tour, die er mitten in der Pandemie ausrichtete, als gäbe es das Coronavirus nicht. Prompt kam es zu mehreren Ansteckungen, unter anderem von ihm und seiner Frau sowie mehreren Spielern (wie Dimitrow, Coric, Troicki). Den Tiefpunkt des Jahres erlebte er in New York, wo er im Achtelfinal disqualifiziert wurde, nachdem er mit einem weggeschlagenen Ball eine Linienrichterin getroffen hatte.

Williams’ Stern sinkt

Der 24. Grand-Slam-Titel und damit der Rekord von Margaret Court ist in die Ferne gerückt: Serena Williams läuft langsam die Zeit davon.

Serena Williams gewann zwar zu Jahresbeginn in Auckland ihren ersten WTA-Titel als Mutter. Ihr 23. Majortitel liegt nun schon fünf Jahre zurück, und der 24. scheint ferner denn je. 2020 reichte es ihr auf Grand-Slam-Stufe noch zu einem Halbfinal, den sie in New York gegen Asarenka verlor. Derweil eroberte die Japanerin Naomi Osaka in New York schon ihre 3. Grand-Slam-Trophäe. Die wichtigsten Rücktritte des Jahres betreffen Maria Scharapowa, Carolina Wozniacki und Julia Görges.

Zverev eckt an

Sportlich im Aufwind, aber von der Vergangenheit eingeholt: Zverevs Privatleben sorgt für Schlagzeilen.

Alexander Zverev demonstriere 2020 mustergültig, wie man sein Image ramponieren kann. Kaum hatte er versprochen, nach der Adria-Tour in Quarantäne zu gehen, tauchten auf sozialen Kanälen Videos auf, die ihn in Südfrankreich ausgelassen an einer Party am Strand zeigten. Im Herbst brachte ihn sein Privatleben gleich doppelt in die Schlagzeilen: Praktisch gleichzeitig wurde bekannt, dass er von einer seiner Ex-Freundinnen ein Kind erwartet und er von einer anderen beschuldigt wird, sie körperlich geschlagen und seelisch derart erniedrigt zu haben, dass sie in Genf 2019 sogar einen Suizidversuch unternommen habe.

Zwei Neue und Osaka

Eine Frau für grosse Gelegenheiten: Sofia Kenin gewann aus dem Nichts das Australian Open und stand auch am French Open im Endspiel. 

Seit Ende Februar hat die Australierin Ashleigh Barty nicht mehr gespielt, trotzdem führt die 24-jährige Australierin die modifizierte Weltrangliste weiter an. Noch extremer: Die Kanadierin Bianca Andreescu trat 2020 überhaupt nie an, grüsst aber weiter von Rang 7, da viele Resultate aus 2019 wegen der Corona-Pause noch nicht gestrichen wurden. Wenig aktiv war auch Belinda Bencic (8:8-Matchbilanz), die auf Rang 12 ins neue Jahr rutscht. Zweite Schweizerin in den Top 100 ist auf Rang 57 Jil Teichmann, die 16 ihrer 29 Partien gewann. Zum Shootingstar wurde die Amerikanerin Sofia Kenin, die das Australian Open gewann und am French Open erst gegen die polnische Turniersensation Iga Swiatek im Final verlor. Den dritten Grand-Slam-Titel der Saison holte sich in New York Naomi Osaka.

Swiss Juniors glänzen

Sternstunde im Schweizer Tennisnachwuchs: Dominic Stephan Stricker (rechts) nimmt nach dem Juniorenendspiel in Roland Garros die Gratulationen seines Zürcher Kumpels Leandro Riedi entgegen. 

Er hatte viel versprochen, der Jahrgang 2002 im Schweizer Tennisnachwuchs. Und obwohl Wimbledon und der grösste Teil der Saison ausfiel, lieferten sie. Der Berner Dominic Stricker und der Zürcher Leandro Riedi machten den Juniorentitel am French Open unter sich aus. Sieger Stricker steht nun auf Rang 3 der Juniorenweltrangliste, der ebenfalls 18-jährige Riedi folgt auf Rang 6 und der Zürcher Jeffrey von der Schulenburg auf Rang 15. Als Anerkennung erhielt Stricker von der ATP eine Einladung, den Stars am Saisonfinale in London als Trainingspartner zu dienen.

Fronten verhärten sich

Auch tennispolitisch war 2020 ein unruhiges Jahr. Novak Djokovic und der Kanadier Vasek Pospisil trieben mit der von ihnen eigenmächtig gegründeten Gewerkschaft «Professional Tennis Players Association» einen Keil in die Szene. Sie stiessen auf entsprechend viel Ablehnung und Widerstand, unter anderem vonseiten der ATP sowie Roger Federers und Rafael Nadals. In London akzentuierten sich die Spannungen zwischen den Lagern nun noch.

Wawrinka kann und will noch

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Der 35-jährige Stan Wawrinka hatte als einer der wenigsten freiwillig auf die Reise ans US Open verzichtet. Er trennte sich von Erfolgscoach Magnus Norman und liess mit kryptischen Bemerkungen zum bevorstehenden Karriereende aufhorchen. Immerhin ist er nach Roger Federer mit 35 Jahren ja auch der älteste Spieler in den Top 20. In Paris-Bercy glänzte er am letzten Turnier auf dem Weg in die Viertelfinals dann aber mit einem Sieg gegen Andrej Rublew und machte klar, dass er unter Coach Daniel Vallverdu 2021 nochmals voll angreifen will.

Mention honorable

Zum Abschluss des kleinen Rückblicks noch einige ehrenvolle Erwähnungen. Für den 24-jährigen Zürcher Marc-Andrea Hüsler für seinen Vorstoss in die Top 150 der Weltrangliste. Für den 19-jährigen Südtiroler Jannik Sinner, der die Saison in Sofia mit seinem ersten ATP-Titel beendete und als jüngster Spieler der Top 100 schon auf Rang 37 angekommen ist. Für Diego Schwartzman, der zeigt, dass man mit 1,70 m nicht zu klein für die Top 10 sein muss. Für die 22-jährige Weissrussin Aryna Sabalenka, die die Saison mit zwei Turniersiegen in Ostrau und Linz und als Nummer 10 abschloss. Sowie für den 22-jährigen Russen Andrej Rublew, der gleich fünf Turniere gewann.