Fast 1600 Franken BusseDank Spenden: Happy End für Zürcher Drehorgelspielerin
Eveline Weggler muss eine saftige Busse zahlen, weil sie am falschen Ort musizierte. Jetzt haben Menschen für die Strassenmusikerin gesammelt. Am «Tatort» wurde ihr das Geld übergeben.
- Eveline Weggler spielte ohne Bewilligung regelmässig auf dem Oerliker Marktplatz.
- Sie wurde dafür mit einer Geldstrafe von rund 1600 Franken belegt.
- Berto Dünki und andere halfen, 4000 Franken für sie zu sammeln.
- Weggler kritisiert die Regeln für Strassenmusikerinnen in Zürich als unzureichend.
Eveline Weggler sitzt am Marktplatz Oerlikon vor ihrem Instrument und lächelt. Das Drehorgelspielen macht sie sichtlich glücklich. Schon nach wenigen Minuten wirft ein Mann einen 20-Franken-Schein in den kleinen Strohhut vor dem Holzkasten. Eine Frau mit rosa Wollmütze steht am Rand des Platzes und hört zu. Die Musikerin und ihre Orgel kenne sie schon länger, sie verbringe auf dem Marktplatz regelmässig ihre Mittagspause. «Diese Musik öffnet einem einfach das Herz», sagt die Passantin.
Hier, auf dem Platz, zwischen Schachfiguren, öffentlichen WCs und Buchladen, darf Eveline Weggler nach eigenen Angaben Musik machen – solange gerade kein Markt stattfindet. Trotzdem spielt sie hier regelmässig samstags, wenn Markt ist, oder auch gegenüber vor dem Coop, wo es eigentlich nicht erlaubt ist. Heute ist sie nur hier, weil sie mit Berto Dünki verabredet ist. Dünki will Weggler an diesem sonnigen Dienstagmittag 4000 Franken an Spenden überreichen.
Geldspenden wegen Busse
Das Geld haben Berto Dünki und sieben weiter Menschen für die 75-Jährige gesammelt, nachdem publik geworden war, dass sie rund 1600 Franken zahlen muss, weil sie in Oerlikon an Samstagen am Marktplatz ohne Bewilligung musiziert hatte. Das war im Juni 2023.
Ein Jahr später verurteilte sie das Stadtrichteramt Zürich zu einer Busse von 500 Franken sowie Schreibgebühren von 430 Franken. Da der Strafbefehl vor dem Einzelgericht des Zürcher Bezirksgerichts von der zuständigen Richterin im November 2024 bestätigt wurde, kamen weitere 650 Franken Gebühren dazu.
Mit dem Musikmachen bessert sich Eveline Weggler, die unter anderem vierzehn Jahre in einem Heim in der Nähe von Wädenswil aufgewachsen ist, seit ihrer Pensionierung ihre bescheidene Rente auf, die nur aus etwa 1000 Franken AHV besteht. Heute lebt die Rentnerin in einfachen Verhältnissen in der niederländischen Provinz und kommt mit ihrer Drehorgel regelmässig nach Zürich. Die Busse, sagte Weggler damals, könne sie nicht zahlen, sie werde sie vermutlich mit gemeinnütziger Arbeit begleichen. Das habe sie schon öfter gemacht.
Auch der Basler Berto Dünki sah die Geschichte im «Tages-Anzeiger» und fand sofort: Da müsse man etwas unternehmen. Er erklärte sich bereit, Geld zu sammeln. «Ich wusste ja nicht, ob was zusammenkommt», sagt er, «im Zweifelsfall hätte ich die rund 1600 Franken auch allein übernommen.»
3400 Franken gesammelt
Vor zehn Jahren eröffnete Dünki in Basel das Backwaren-Outlet. Ein Anti-Food-Waste-Geschäft, in dem überschüssige Nahrungsmittel zu reduzierten Preisen angeboten werden. Er habe aber auch in Nepal schon geholfen, eine Schule aufzubauen, sagt er. «Ich bin immer dabei, wenn etwas gemacht werden muss.» Gemeinnützige und soziale Projekte seien sein Ding.
Bei Dünki meldeten sich tatsächlich weitere Personen, die Weggler finanziell unterstützen wollten. Etwa 3400 Franken wurden gespendet, auf 4000 rundete Dünki auf.
Mit etwas Verspätung erreicht auch er jetzt den Marktplatz. Eveline Weggler und Dünki begrüssen sich freundschaftlich. Dann überreicht er der Strassenmusikerin vier violette Scheine. Und sie freut sich sichtlich. Einen handgeschriebenen Spendenvertrag hat er auch dabei, diesen soll sie später noch unterschreiben. Damit alles seine Ordnung habe.
Dem grossen Mann mit der schwarzen Hornbrille und der kleinen Frau mit den kurzen grauen Haaren ist eines gemein: Sie kämpfen für Gerechtigkeit. Weggler empfindet die Bedingungen für Strassenmusikanten in Zürich als weit schlechter als in anderen Schweizer Städten. Es fehle eine «saubere Regelung» wie bei den «Surprise»-Verkäuferinnen und Verkäufern, sagt sie.
Sie wäre durchaus bereit, für eine Bewilligung zu zahlen, wenn sie dann auch an den guten, frequentierten Orten spielen dürfe und nicht nur da, wo nichts los sei. Deshalb, und das sagt sie ganz offen, werde sie auch weiterhin an nicht bewilligten Orten und Tagen spielen und das Risiko einer Busse in Kauf nehmen.
Auf die Frage, was sie mit dem Spendengeld, das nach Abzug der Busse noch übrig sei, tun werde, antwortet die Strassenmusikerin: «Wissen Sie, ich habe schon so viele Bussen bezahlt, jetzt tue ich mir selbst auch mal etwas Gutes.»
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