Tennis-Machtkampf eskaliertNovak Djokovic fängt sich eine deutliche Abfuhr ein
Die Nummer 1 ist mit der Gründung einer Spielergewerkschaft vorgeprescht. Am Rand des ATP-Finals in London verhärten sich die Fronten.
Das Tennis erlebt stürmische Zeiten. Wie der Start der Saison 2021 in Australien aussehen soll, ist ungewiss, nachdem die australische Regierung den Profis die Einreise erst ab Januar erlauben will – und diese erst zwei Wochen in Quarantäne müssen. Was bedeutet, dass sie ohne Matchpraxis gleich mit dem Australian Open ins Jahr starten könnten. Neben den Folgen der Pandemie sorgt hinter den Kulissen zudem die von Novak Djokovic mitgegründete Spielergewerkschaft PTPA für neue Turbulenzen.
Am Rand des ATP-Finals in London verhärteten sich nun die Fronten. Eine Zusammenarbeit der ATP mit der Gewerkschaft scheint in weite Ferne gerückt. Das Direktorium der ATP verabschiedete am Dienstag gemäss Djokovic eine Regel, die aktiven Spielern untersagt, gleichzeitig Mitglied im Spielerrat und einer Organisation wie der Professional Tennis Players Association (PTPA) zu sein. Dieser neue Passus richtet sich direkt gegen ihn und Vasek Pospisil, die beiden treibenden Kräfte und Mitgründer der PTPA. Denn eben dies hatten sie angestrebt: In den ATP-Spielerrat zurückzukehren – und das, nachdem sie erst Ende August aus diesem ausgeschieden waren.
«Diese Regel ist die eindeutige Botschaft der ATP, dass sie die PTPA nicht in ihrem System haben will. Das ist nun völlig klar», kommentierte Djokovic am späten Mittwoch nach seiner 3:6, 3:6-Niederlage gegen Daniil Medwedew. Er bedaure dies, «aber dafür wissen wir nun, wo wir stehen». Es tönte wie eine Drohung, als er anfügte: «Nun müssen wir uns eine andere Strategie überlegen und einen anderen Weg einschlagen.»
Er sorgte für Verwunderung
Dass sich Djokovic und Pospisil wieder in den Spielerrat wählen lassen wollten, nachdem sie Ende August aus diesem ausgetreten waren, hatte für einige Verwunderung gesorgt. Djokovic, damals Präsident des Gremiums, behauptet aber, dass sie diese Rückkehr nicht aktiv angestrebt hätten, sondern «von einer grossen Gruppe von Spielern» nominiert worden seien. «Das ist eine Ehre für uns und sagt einiges aus, nachdem wir praktisch hinausgeworfen worden waren.»
Er sehe keinen Interessenkonflikt darin, Mitglied im Spielerrat und der PTPA zu sein, so Djokovic. Betreffend seine Gewerkschaft bestehe ohnehin ein Missverständnis. Sie sei gegründet worden, weil es bisher keine Spielergewerkschaft gegeben habe, da ja die ATP eine Verbindung der Spieler und der Turniere sei, was oft zu Spannungen führe (was zweifellos stimmt). Die neue Gewerkschaft habe nie gegen eine andere Organisation wie ATP, WTA oder ITF kämpfen wollen.
Auch wenn der PTPA hehre Beweggründe nicht abgesprochen werden können, wird sie nicht nur von der ATP um ihrem neuen Leader Andrea Gaudenzi als überflüssigen Sprengsatz empfunden, der das Profitennis weiter zerstückelt. Diese Meinung vertreten auch Roger Federer und Rafael Nadal, der sich in London erneut deutlich und kritisch äusserte. «Sie kennen meine Meinung. Nur weil sie diese Organisation gegründet haben, helfen sie den anderen Spielern nicht mehr als wir mit der aktuellen Struktur, an die wir glauben.»
Nadal weiter: «Wenn wir die Tour heute mit vor fünf, sechs, sieben oder acht Jahren vergleichen im Bezug auf das Einkommen, sind die tiefer klassierten Spieler deutlich besser dran.» Die Anstrengungen in diese Richtung würden auch fortgesetzt. «Aber wir glauben, dass wir keine neue Organisation schaffen müssen, um dies zu bewirken.» Er habe mit Djokovic in London trainiert, aber nicht mit ihm über die Gewerkschaft gesprochen.
«Die meisten Leute um mich herum verstehen nicht, warum ich so viel Energie verschwende für etwas, das mich ablenkt.»
Gegenüber serbischen Medien stellte sich Djokovic als verkannter Wohltäter dar. «Die meisten Leute um mich herum und in meinem Team verstehen nicht, warum ich so viel Energie verschwende für etwas, das mich von Wichtigerem ablenkt. Aber ich denke, dass mein Einsatz etwas Grösserem dient.» Er beklagte auch die Berichterstattung der internationalen Medien: «Da sind politische Spiele hinter den Kulissen im Gang, aber kaum etwas wird darüber geschrieben. Das einzig Wichtige zu schreiben ist, dass Novak ein Heuchler sei.» Daran sei er sich inzwischen aber gewöhnt: «Das verstärkt meinen Panzer nur und motiviert mich noch mehr, zu tun, was richtig für den Sport und die Spieler ist.»
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Klarer ist Djokovics sportliche Situation in London: Nach der Niederlage gegen Medwedew muss er am Freitag gegen Alexander Zverev gewinnen, um die Halbfinals zu erreichen.
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