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Konflikt im Roten Meer
Die Huthi-Angriffe bringen China in ein Dilemma

This handout picture released by the US Navy and taken on January 22, 2024 shows flight operations from the USS Dwight D. Eisenhower (CVN 69) in response to increased Iranian-backed Houthi malign behavior in the Red Sea. Yemen's Huthi rebels launched missiles at ships in the Red Sea on January 24, 2024, but two were intercepted and the third missed, the White House said. (Photo by Kaitlin Watt / US NAVY / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / US NAVY / Mass Communication Specialist 3rd Class Kaitlin Watt  " - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
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Nicht weniger als zwölf Stunden dauerten die Gespräche. Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, und Chinas Chefdiplomat Wang Yi begegneten sich am Wochenende in Bangkok. Das Treffen habe dazu gedient, mit «Wettbewerb und Spannungen» verantwortungsbewusst umzugehen, sagte eine Vertreterin der US-Regierung. Einer der grössten Krisenherde, die Sullivan mit dem chinesischen Aussenminister zu besprechen hatte: die Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz im Roten Meer. «Wir haben China nicht zum ersten Mal aufgefordert, eine konstruktive Rolle zu spielen», hiess es aus Washington.

Seit Beginn des Gazakriegs greift die militant-islamistische Huthi-Miliz im Roten Meer immer wieder Frachter mit angeblich israelischer Verbindung an. Die Huthi gehören zur sogenannten Achse des Widerstands, einem Geflecht von Gruppen im Kampf gegen Israel, die von Teheran unterstützt werden. China und Russland gelten wiederum als wichtige strategische Partner des Iran. Durch seine Beziehungen hat das Land laut den Amerikanern ein «erhebliches Druckmittel», um die Angriffe zu stoppen. Peking sollte dieses nutzen, so die Forderung aus Washington.

Zu den Schiffen mit angeblichem Israelbezug zählen der militanten Gruppe zufolge auch Frachter aus Ländern, die sich an Angriffen gegen Ziele der Huthi beteiligen. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Warum legen sich die Huthi-Rebellen mit der Weltmacht USA an?»)

Um den Warentransport auf einer der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt zu schützen, haben sich mehr als 20 Länder zu einem internationalen Militärbündnis zusammengeschlossen, darunter die USA, Grossbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande und Norwegen. Ein Funktionär der Huthi-Miliz erklärte, für andere Nationalitäten sei eine Durchfahrt sicher, insbesondere aber für russische und chinesische Schiffe.

Ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums liess kürzlich verlauten, China sei über die Lage im Roten Meer «zutiefst besorgt». Die Spannungen nannte er einen «Spillover-Effekt» des Gazakonflikts, vermied aber, die militant-islamistische Miliz oder deren Schutzmacht Iran beim Namen zu nennen. Für Peking sind die Angriffe ein strategisches Dilemma.

Einerseits ist China als Exportnation auf sichere Handelswege angewiesen, 60 Prozent der chinesischen Exporte nach Europa werden über das Rote Meer verschifft. Nach drei Jahren Corona-Pandemie, die gerade in Chinas Häfen Chaos auslösten, und angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs bringen die Angriffe die internationalen Lieferketten ein weiteres Mal durcheinander.

Auch Chinas Grossreederei Cosco meidet Rotes Meer

Behalten die Schiffe ihre Route bei, steigen die Kosten für die Absicherung der Ware. Nehmen die Reedereien einen Umweg um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas, sind sie 10 bis 14 Tage länger unterwegs. Die Folge sind höhere Seefrachtkosten und überlastete Häfen.

Eigentlich kann Peking sich die Krise gerade nicht leisten. Chinas Wirtschaft steckt in ernsten Schwierigkeiten. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, geringer Konsum und eine schwache globale Nachfrage belasten die Konjunktur. Dazu kommt eine schwere Immobilienkrise, am Montag ordnete ein Hongkonger Gericht die Auflösung von China Evergrande an, einst das weltweit wertvollste Immobilienunternehmen.

26.10.2022, Hamburg: Das Containerschiff "Cosco Pride" der Reederei Cosco Shipping liegt am Containerterminal Tollerort. Das Bundeskabinett hat sich im Streit um einen chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen auf einen Kompromiss verständigt. Foto: Jonas Walzberg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Jonas Walzberg)

Auch wenn die Huthi bisher keine chinesischen Schiffe angreifen, steigen die Preise für Produkte, wenn sie auf nicht chinesischen Schiffen transportiert werden. Die Containerpreise sind in den vergangenen Wochen explodiert, selbst Chinas Grossreederei Cosco fährt inzwischen andere Routen. In Europa stehen bereits erste Autofabriken still, weil Teile aus China fehlen.

Einfluss auf den Iran hätte die Volksrepublik durchaus. Die Wirtschaftsbeziehungen sind eng, aber unausgeglichen. Während der Anteil des iranischen Rohöls an den Gesamtimporten in China bei nur 10 Prozent liegt, gehen 90 Prozent des iranischen Öls in die Volksrepublik. Chinas Energiehunger ist der Grund, warum die westlichen Sanktionen die Öleinnahmen des Iran nie abwürgen konnten. Durch ein 2021 unterschriebenes Wirtschaftsabkommen über 25 Jahre erhofft sich der Iran weitere Direktinvestitionen.

Peking wird keinen grossen Druck auf den Iran ausüben

Grösserer Druck oder gar ein militärisches Eingreifen ist von Peking dennoch nicht zu erwarten. Auch wenn China nach der wachsenden Kritik erklärt hat, mit dem Iran im Gespräch zu sein, hat sich Peking dem Militärbündnis nicht angeschlossen. Die Lage in der Region gilt als extrem volatil. Peking fehlt die Erfahrung in solchen riskanten und kostspieligen Einsätzen. Sie bedeuten zunächst ein Risiko, das Peking gar nicht eingehen muss. Für den Moment garantieren ja andere Staaten die Sicherheit, auch wenn die Militärallianz die Angriffe der Miliz bisher nicht stoppen konnte.

Dazu kommt, dass es sich um ein US-geführtes Militärbündnis handelt. Eine Kooperation mit dem zum Bösewicht erklärten Amerika liesse sich zu Hause nur schwer vermitteln und dürfte als Schwäche gedeutet werden.

Peking stellt die Sicherheitspolitik Washingtons als gänzlich falsch dar. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind seit Jahren angespannt. Zu den Konfliktthemen gehören Chinas Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer, die Drohungen gegen Taiwan ebenso wie die US-Sanktionen, die China den Zugang zu wichtiger Chiptechnologie verwehren sollen.

epa11071825 People shout slogans and hold up weapons during a protest against a multinational operation to safeguard Red Sea shipping following US and UK airstrikes on Houthis military sites, in Sana'a, Yemen, 12 January 2024. According to the Houthis military spokesman Yahya Sarea, five Houthi fighters were killed and six others wounded in a total of 73 airstrikes carried out by the United States and the United Kingdom against several Houthis-controlled sites in Yemen in response to Houthis attacks in the Red Sea. The US Department of Defense had announced in December 2023 a multinational operation to safeguard trade and to protect ships in the Red Sea amid the recent escalation in Houthi attacks. Houthis vowed to attack Israeli-bound ships and prevent them from navigating in the Red Sea and the Bab al-Mandab Strait in retaliation for Israel's airstrikes on the Gaza Strip, according to Sarea.  EPA/YAHYA ARHAB

Augenscheinlich widerspricht die Trittbrettstrategie aber Pekings eigenen Ambitionen, als globale Ordnungsmacht wahrgenommen zu werden. Im ostafrikanischen Djibouti, direkt am Roten Meer, betreibt China sogar seine einzige ausländische Militärbasis. Doch noch scheinen die Vorteile für Peking zu überwiegen: Während die USA ihre Angriffe verteidigen müssen, kann Peking diese als kriegstreiberisch kritisieren und sich auf seine vermeintlichen Friedensbemühungen berufen. Eine Botschaft, die in einigen Teilen der Welt tatsächlich verfangen könnte.

Die chinesischen Staatsmedien stellen Washington als einen Zündelnden dar, der den Konflikt durch seine Unterstützung für Israel nährt. Auch für die Lage im Roten Meer soll Amerika verantwortlich sein. Der Druck auf Peking, sich im Roten Meer zu engagieren, sei hingegen «emotionaler Missbrauch» der Chinesen.

Wie im Ukraine-Krieg kommt es Peking zudem gelegen, wenn die westlichen Mächte mit anderen Konflikten beschäftigt sind, während es seine eigene Einflusssphäre ausbaut. Im Nahen Osten hat China sein Engagement zuletzt gestärkt, um sich Zugang zu Energie und neuen Handelswegen zu sichern.

Chinas Regierung toleriert wachsenden Antisemitismus

Im August veranlasste China, dass die Erweiterung der Brics-Gruppe Saudiarabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten umfasste. Seit vergangenem Jahr ist der Iran Mitglied der russisch-asiatischen Shanghai-Organisation, auch in den Verhandlungen zwischen Saudiarabien und dem Iran trat Peking 2023 als Vermittler auf.

Im Krieg zwischen Israel und der Hamas gibt sich China – wie schon nach dem russischen Angriff auf die Ukraine – als neutral, unterstützt aber die palästinensische Seite. Seit dem Massaker vom 7. Oktober hat Peking die Taten der Hamas nicht verurteilt und vermieden, die Gruppe namentlich zu nennen. Zu Hause toleriert das Regime einen wachsenden Antisemitismus, der im strikt überwachten Internet unzensiert bleibt.