Ticker zu Rede aus dem KriegSelenski per Livevideo vor US-Kongress: Nennt Pearl Harbour, 9/11 und Martin Luther King
Der ukrainische Präsident sprach am Nachmittag per Videoschaltung zum US-Parlament. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze
Sie sind zu einem Markenzeichen Wolodimir Selenskis geworden: Seine Reden aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew, die per Video in alle Welt gesendet werden.
Heute nun war das US-Parlament dran. Selenski sprach vom «schlimmsten Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg».
«Ist das zu viel verlangt?» Er wiederholte seine Forderung nach einer No-Fly-Zone.
«Frieden ist wichtiger als Einnahmen», redete er den Abgeordneten ins Gewissen. Er fordert, dass alle US-Firmen Russland sofort verlassen.
Die ukrainischen Soldaten würden nicht nur die Ukraine verteidigen, sondern die ganze Freiheit.
Zusammenfassung
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Amerikaner bei seinem Hilfsappell vor dem US-Kongress an ihren eigenen Kampf gegen Angreifer erinnert. «Erinnern Sie sich an Pearl Harbor», sagte er mit Blick auf den japanischen Angriff 1941. «Erinnern Sie sich an den 11. September», fügte er mit Blick auf die Terroranschläge von New York und Washington hinzu. «Wir brauchen Sie jetzt.»
Bei der Verteidigung der Ukraine gehe es um mehr als nur um das Land, betonte der Präsident. «Russland hat nicht nur uns angegriffen, nicht nur unser Land, nicht nur unsere Städte, es hat eine brutale Offensive gegen unsere Werte gestartet.»
Selenski hat mit Nachdruck die Einrichtung einer Flugverbotszone gefordert. Russland habe den Himmel über der Ukraine in eine Quelle des Schreckens und des Todes verwandelt. Die Flugverbotszone sei notwendig, damit Russland die ukrainischen Städte nicht mehr «terrorisieren» könne, forderte Selenski. Solchen Terror habe es in Europa seit 80 Jahren nicht mehr gegeben, sagte er.
Eine Flugverbotszone würde es der russischen Luftwaffe erschweren, Ziele in der Ukraine anzugreifen. Die Durchsetzung einer Flugverbotszone durch die USA oder das Verteidigungsbündnis Nato gilt derzeit allerdings als ausgeschlossen.
Unter anderem US-Präsident Joe Biden hat wiederholt gewarnt, dass eine solche Massnahme zu einer direkten Konfrontation zwischen Nato-Kräften und dem russischen Militär führen könnte, was eine Eskalation des Kriegs bedeuten würde. Aus diesem Grund hatte Biden auch die von Polen vorgeschlagene Übergabe von Kampfflugzeugen vom Typ MiG-29 an die Ukraine abgelehnt.
Dafür hat die US-Regierung die Ukraine seit Anfang vergangenen Jahres mit rund 1,2 Milliarden US-Dollar Militärhilfen und Waffenlieferungen unterstützt – davon 550 Millionen Dollar seit Beginn des russischen Angriffskriegs. US-Medienberichten zufolge will Biden noch am Mittwoch weitere Militärhilfen in Höhe von 800 Milliarden US-Dollar ankündigen.
Andere Länder haben der Ukraine ebenfalls bereits Waffen geliefert oder zugesagt, darunter auch Flugabwehrraketen und Panzerabwehrlenkwaffen. Am Donnerstag will sich Selenski mit einer Videoansprache auch an den Deutschen Bundestag wenden. (sda)
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«Ukraine kämpft für die Welt»
Am Ende seiner Rede wechselt Selenski von ukrainisch auf englisch. Die ukrainischen Soldaten würden nicht nur die Ukraine verteidigen, sondern die ganze Freiheit. Er spricht auch US-Präsident Joe Biden direkt an und fordert von ihm mehr Unterstützung. «Der Anführer der Welt zu sein, bedeutet auch, der Anführer des Friedens zu sein», sagt Selenski. Er beendet seine Rede, so wie sie Nancy Pelosi begonnen hat: mit dem Ausspruch «Ruhm der Ukraine».
Selenski lässt Video abspielen
Jetzt wird es emotional: Selenski lässt ein Video abspielen. Klassische Musik, Aufnahmen von Kiew, Odessa, Mariupol und anderen Städten vor dem Krieg. Dann kurze Einspielungen von russischen Angriffen. Flüchtlinge, tote Soldaten. «Das ist Mord» steht kurz eingeblendet. Die Aufnahmen sind brutal. «Schliessen Sie den Himmel über der Ukraine» ist am Schluss eingeblendet.
Der «Kiew Independent» hat das Video nach der Rede veröffentlicht.
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Selenski will neue Sanktionen
«Eine neues Sanktionenpaket» fordert Selenski. «Frieden ist wichtiger als Einnahmen», redet er den Abgeordneten ins Gewissen. Er fordert, dass alle US-Firmen Russland sofort verlassen. Die bisherigen Sanktionen des Westens gegen Russland haben das Land bereits stark getroffen.

Vergleich mit Martin Luther King
Bei seiner Rede vor dem britischen Unterhaus zitierte er Churchill, jetzt zitiert er Martin Luther Kings «I have a dream». Im Gegensatz zu Luther King habe er nicht einen Traum, sondern eine Forderung. Die nach einer Flugverbotszone.
Selenski fordert Flugverbotszone – und bietet Alternative an
«Ist das zu viel verlangt?» Selenski wiederholt seine Forderung nach einer No-Fly-Zone. Insgeheim weiss er wohl, dass er mit dem Ansinnen kaum Chancen hat. Eine Flugverbotszone würde eine direkte Konfrontation der USA mit Russland bedeuten. US-Präsident Joe Biden hat sie deshalb immer abgelehnt.
Falls die USA eine Flugverbotszone nicht gewähren können, hat er eine alternative Forderung: Potente Kampfjets und Waffensysteme, mit denen das ukrainische Militär die russische Lufthoheit brechen könne.
«Der schlimmste Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg»
«Erinnern Sie sich an Pearl Harbour, erinnern Sie sich an 9/11». Präsident Selenski spricht die US-Abgeordneten direkt an und erwähnt die grossen Traumata der US-Politik. «Die Zukunft unseres Landes wird jetzt entschieden», sagt er. Wladimir Putins Angriffskrieg bezeichnet er als schlimmsten Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg.
Nancy Pelosi eröffnet die Rede
«Slawa Ukrajini» «Ruhm der Ukraine – die höchste US-Parlamentarierin Nancy Pelosi kündigt Wolodimir Selenski an. Der US-Kongress begrüsst ihn mit einer Standing Ovation.

Verhandlungen Russland-Ukraine laufen
Während der ukrainische Präsident seine Rede hält, sind Unterhändler der Ukraine und Russland am dritten Tag in Folge in Verhandlungen über ein mögliches Friedensabkommen. Dies nachdem die russische Regierung anfangs noch erklärt hatte, sie wolle die Regierung von Selenski ersetzen.
Wer ist Wolodimir Selenski?
Wolodimir Selenski erlangte in der Ukraine als Schauspieler nationale Berühmtheit. Jetzt spielt er die Rolle seines Lebens: die des Kriegspräsidenten. Immer wieder predigt der den Ukrainerinnen und Ukrainern Zuversicht und wiederholt, sein Land werde den Krieg gewinnen. Wir haben Selenski in einigen Beiträgen genauer studiert.
Lesen Sie hier das grosse Porträt unserer Osteuropa-Expertin Zita Afffentranger.
In diesem Beitrag wird die Macht von Selenskis Reden analysiert.
Und hier ein Vergleich der Rhetorik Selenskis mit derjenigen des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Bereits vor Kriegsbeginn hielt Selenski eine bewegende Rede.
Selenski will Flugverbotszone
Es ist eine der Kernforderungen, die Ukraines Präsident Wolodimir Selenski mehrfach wiederholt hat: Die Nato solle über der Ukraine eine Flugverbotszone durchsetzen. Angesichts der verheerenden russischen Bombardements erscheint dies als eine naheliegende Forderung. Allerdings würde das Durchsetzen einer Flugverbotszone den Kriegseintritt der Nato bedeuten – mit potenziell gravierenden Konsequenzen weit über die Ukraine hinaus. Lesen Sie hier einen Meinungsartikel von Christof Münger, Leiter des Ressorts International.
Wie Selenski britische Parlamentarier beeindruckte
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ist ein brillanter Rhetoriker. Das zeigte sich besonders stark am Dienstag vergangener Woche, als er die Abgeordneten des britischen Unterhauses mit einer übertragenen Rede tief bewegt hatte. Premierminister Boris Johnson bezeichnete Selenskis Rede als «historisch».

«Wir werden bis zum Ende kämpfen, auf See, in der Luft», sagte Selenski. «Wir werden weiter für unser Land kämpfen, koste es, was es wolle, in den Wäldern, auf den Feldern, an den Ufern, auf den Strassen.» Die Rede war eine offensichtliche Anspielung auf Winston Churchill, der im Juni 1940 sein Unterhaus mit ähnlichen Worten («we shall fight on the beaches, we shall fight on the landing grounds, we shall fight in the fields and in the streets, we shall fight in the hills; we shall never surrender.») auf den Kampf gegen Nazi-Deutschland eingeschworen hatte.
Was von Selenskis Rede zu erwarten ist
Der ukrainische Präsident wird mit grosser Wahrscheinlichkeit die USA auffordern, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten. Das Verteidigungsbündnis Nato hat dies bislang abgelehnt, da dieser Schritt de facto den Kriegseintritt des Westens bedeuten würde.
Weiter wird Selenski die USA sicher dazu bewegen wollen, mehr und vor allem potentere Waffen zu liefern. Also nicht mehr nur Helikopter, Drohnen und Panzerabwehrraketen, sondern auch potente Kampfjets. US-Präsident Joe Biden hatte Selenski vergangene Woche verärgert, weil er sich geweigert hatte, polnische MiG-Kampfjets in die Ukraine zu transferieren. Das sorgte auch im US-Kongress für Unmut (lesen Sie hier den Bericht unseres Korrespondenten Fabian Fellmann).
Es ist davon auszugehen, dass Selenski sich für härtere Sanktionen gegen Russland einsetzt. Zuletzt hatte US-Präsident Biden verkündigt, den Import von Luxusgütern aus Russland verbieten zu wollen.
Möglich erscheint, dass Selenski die USA dazu bewegen will, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Über drei Millionen Menschen haben das Land aufgrund von Wladimir Putins Angriffskrieg verlassen.
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