Liebe wie Bridget JonesSie ist älter als er – und das irritiert immer noch viele
«Was willst du mit diesem jungen Typen?»: Wer als Frau einen jüngeren Mann liebt, muss sich Fragen gefallen lassen. Warum sind Beziehungen mit Jüngeren immer noch Männersache?

- Bridget Jones verliebt sich im neuen Film in einen jüngeren Mann.
- Filme und Serien zeigen zunehmend Paare, bei denen die Frauen älter sind als die Männer.
- In der Schweiz haben nur 13 Prozent der Frauen einen jüngeren Partner, während fast 60 Prozent der Heteromänner eine jüngere Partnerin haben.
- Paare mit «umgekehrtem» Altersunterschied müssen sich immer noch erklären.
Jetzt erwischt es also auch noch Bridget Jones: Sie verliebt sich im neuen Film «Bridget Jones: Mad About the Boy» in einen deutlich jüngeren Mann. Es ist der 28-jährige Leo Woodall, der Frauen auch schon in der Romanze «One Day» und in der Satire «The White Lotus» den Kopf verdreht hat. Allerdings waren die alle in seinem Alter.
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Nun entwickelt seine Filmfigur Roxster Gefühle für die Single-Mama Bridget alias Renée Zellweger – und die ist rund 20 Jahre älter als er. Damit sind die beiden in bester Gesellschaft. In letzter Zeit sind mehrere Filme, Serien und Bücher erschienen, in denen Paare mit relativ grossem Altersunterschied zusammenfinden. Allerdings nicht im klassischen Älterer-Mann-jüngere-Frau-Schema, sondern umgekehrt.
In der Verfilmung «The Idea of You» des gleichnamigen Bestsellers von Robinne Lee verliebt sich ein junger Popstar (Nicholas Galitzine, 30) in die Mutter eines seiner Fans – gespielt von der 42-jährigen Anne Hathaway.

Im Netflix-Film «Lonely Planet» verlässt ein 34-Jähriger (Liam Hemsworth) seine jüngere Freundin, um eine Beziehung mit einer 57-jährigen Autorin (Laura Dern) einzugehen – der Altersunterschied ist kaum ein Thema. Nicole Kidman (57) kommt in gleich zwei Produktionen zu deutlich jüngeren Männern: zuerst in der romantischen Komödie «A Family Affair» und neu im Erotikthriller «Babygirl».
Mehrheit der Männer hat jüngere Partnerin
Es wirkt so, als wolle die Popkultur gerade ein Manko in der Gleichstellung wettmachen. Jemand Jüngeres zu lieben, war bislang hauptsächlich etwas für Männer. Das zeigen auch neue Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) zum Thema Altersunterschied in Heterobeziehungen: Knapp 59 Prozent der Männer haben eine feste Beziehung mit jemand Jüngerem, aber nur 13 Prozent der Frauen, international sind die Daten ähnlich.
Bei grosser Altersdifferenz sind die Unterschiede noch ausgeprägter: Fast 8 von 100 Männern haben eine Partnerin, die mindestens zehn Jahre jünger ist als sie. Bei Frauen liegt der entsprechende Anteil bei knapp einem Prozent. In homosexuellen Beziehungen sind Altersunterschiede von über zehn Jahren übrigens viel verbreiteter als in heterosexuellen – vor allem bei schwulen Paaren. BfS-Zahlen gibt es aufgrund der kleinen Fallzahlen zwar nicht, aber verschiedene internationale Beobachtungen kommen zu diesem Schluss.
Bei Heteropaaren ist es jedoch nicht nur selten, dass die Frau älter ist und der Mann jünger, es ist für viele auch irritierend: Bereits ab drei, vier Jahren Unterschied wird es zum Diskussionsthema. Sind es mehr, müssen sich die Paare erst recht erklären.
Er war 23, als sie sich mit 42 in ihn verliebte
Bekannte Liebespaare wie Heidi Klum und Tom Kaulitz (16 Jahre Differenz) kennen das genau wie Emmanuel und Brigitte Macron (25 Jahre) oder «Avengers»-Schauspieler Aaron Taylor-Johnson und Ehefrau Sam: Als er und die Regisseurin 2009 zusammenkamen, war er 19 und sie 42 – bis heute müssen sie sich deswegen Gehässigkeiten anhören.
«Ich bin froh, stehe ich nicht in der Öffentlichkeit, sonst würde ich vermutlich auch am Pranger stehen», sagt die Bernerin Isabella Biondi*, die schon immer jüngere Partner hatte. «Es ist heftig, wie alle auf Heidi Klum herumhacken und ihre Beziehung als krank bezeichnen, bloss weil sie 16 Jahre älter ist als ihr Ehemann.»
Isabella Biondis erster langjähriger Partner war 21, als sie sich mit 26 in ihn verliebte, schon die fünf Jahre Unterschied seien für andere irritierend gewesen. Nach zwei Jahren heirateten sie, die Ehe hielt dreizehn Jahre, bevor sie in die Brüche ging, «aber nicht wegen des Altersunterschieds», wie sie betont. Kinder hatte das Paar keine. Als sie Michel Rüti*, ihre zweite grosse Liebe, kennen lernte, war sie 42-jährig und er 23.
Sie wohnten in derselben Region, liefen einander ab und zu im Ausgang über den Weg; mehr war da nicht. Bis sich eines Abends in einer Bar «zufällig eine Tequila-Session ergab, wie bei Bridget Jones», erzählt Biondi lachend. Ein paar Tage später sei Michel mit einer vollen Einkaufstüte bei ihr vorbeigekommen, um für sie zu kochen. Da kamen sie zusammen, trotz der 19 Jahre, die sie trennten.
Kein Händchenhalten in der Öffentlichkeit
«Zu Beginn habe ich das einfach genossen und mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht. Das kam erst später, als es ernster wurde zwischen uns», erzählt Isabella Biondi. Michels Eltern hätten sie aber sofort als seine Partnerin akzeptiert und in ihrem Freundeskreis sei der grosse Altersunterschied nie ein Thema gewesen, «aber in der Öffentlichkeit haben wir trotzdem nie Händchen gehalten». Warum, wisse sie auch nicht so genau, «vielleicht, um nicht zu provozieren».
Tatsächlich haben einige mit dem Beziehungsmodell Mühe, nicht nur, wenn es um Promis geht. «Was willst du denn mit diesem jungen Typen?», wollte Biondis Nachbar wissen. Sie konterte mit: «Du hast doch auch lieber jüngere Frauen.» Oder da war der Barkeeper im Wellnesshotel, der partout nicht wahrhaben wollte, dass sie und Michel nicht Mutter und Sohn sind. «In solchen Situationen habe ich mich schon gefragt: Ist es nicht peinlich, dass ich älter bin als er?»
Auch Melanie Winiger liebt einen deutlich Jüngeren
Dass diesbezüglich für Frauen und Männer andere Massstäbe gelten, weiss auch Melanie Winiger – sie ist mit einem 15 Jahre jüngeren Partner liiert. «Die Frage nach dem Altersunterschied würde mir nicht gestellt, wenn ich ein Mann wäre und meine Freundin 15 Jahre jünger», sagte die Schauspielerin und Moderatorin, als es im Promigespräch SI.Talk um ihre Beziehung ging. «Egal, ob Frau oder Mann, ich nehme mir das Recht, die Menschen zu daten, in die ich mich verliebe (…), egal, wie alt sie sind», betonte Winiger, was die Interviewerin mit «Das ist Empowerment» quittierte.
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Das tat auch Isabella Biondi. Es habe einfach gepasst zwischen ihr und Michel; nie sei er ihr jünger vorgekommen. Vielleicht, weil auch sie junggeblieben und unabhängig wirkt: Sie ist eine, die lieber tanzen geht, als daheim auf dem Sofa zu sitzen, eine, die gerne verreist, eine, die sich nicht allzu sehr um Konventionen schert.
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Dass sich während ihrer Beziehung auch Frauen um Michel bemühten, die in seinem Alter waren, störte Biondi nicht – weil es ihn kalt liess. «Wenn er beruflich im Ausland war, war ich sicher, dass die Gefahr grösser ist, dass er mit dem Flugzeug abstürzt, statt dass er mir fremdgeht.»
Argumente, die gegen einen jüngeren Mann sprechen, sieht sie keine. Ausser jenen, der bei ihr und Michel nach acht Jahren Beziehung zur Trennung führen sollte – trotz tiefer gegenseitiger Liebe: die Kinderfrage.
Spielt tatsächlich die Biologie – oder doch die Sozialisierung?
Warum verlieben sich Frauen seltener in einen Jüngeren und nur wenige Männer in eine Ältere? Thomas Junker, Biologie-Historiker und Autor von «Die verborgene Natur der Liebe», sieht den Hauptgrund dafür in der Biologie. «In der evolutionären Psychologie ist das Konsens. Grundsätzlich geht man davon aus, dass die Kriterien bei der Partnerwahl einen biologischen Nutzen haben.»
Aus Männersicht sei eine möglichst junge Frau von Vorteil, weil Schwangerschaft und Stillzeit körperlich sehr fordernd seien. Aus Frauensicht sei dagegen wichtiger, dass ein Mann einen sozialen Status beziehungsweise ein gutes Einkommen hat sowie emotional ausgeglichen und zuverlässig ist – deswegen der Fokus auf jemand Älteres. Dieses Schema hält sich bis heute hartnäckig.
Wenn nun ein Mann eine ältere Partnerin habe, tausche er Jugend gegen Erfahrung. Und eine Frau mit hohem sozialen Status bekomme beispielsweise mit einem jüngeren Mann die Vorteile der Jugend. Junker geht aber davon aus, dass auch die «umgekehrte Paarung» in der Regel den biologischen Kriterien für Attraktivität folgt: «Die Personen setzen nur andere Prioritäten. Jugend tritt vor Status und umgekehrt.»
Zum Beispiel Männer, die wie Macron vielleicht keine Kinder wollten, oder Frauen wie Madonna, die alles erreicht habe und sich mit Loverboys umgebe. «Beides kann unter bestimmten Umständen Sinn machen, statistisch gesehen hat sich aber das erstere Modell, also jüngere Frau, älterer Mann, durchgesetzt.»
Eigentlich stehen auch Frauen auf Jüngere
Für die Basler Psychologin und Sexologin Amelie Boehm hingegen ist die Sache mit den biologischen Kriterien nicht ganz so eindeutig. «Ich frage mich: Verlieben sich jüngere Männer tatsächlich seltener in ältere Frauen und umgekehrt oder wirkt da nicht vor allem unsere gesellschaftliche Prägung?» Eine ganz neue US-Studie mit über 6000 Personen deutet darauf hin. Demnach bevorzugten nach Blind Dates zunächst beide Geschlechter jüngere Partner.
Amelie Boehm verweist zudem auf Daten der weltweit grössten Pornoplattform Pornhub, bei der 2024 die meistgesuchte Pornokategorie in der Schweiz «MILF» war. Das stehe laut Pornoforscherin Madita Oehming im Prinzip für reifere Frau, sagt Boehm und ergänzt: «Vielleicht ist eine ältere Frau gar nicht so sexuell unattraktiv, wie wir als Gesellschaft bis jetzt immer glaubten?»
Grundsätzlich sei es aber einfacher, so zu leben wie die meisten, so, wie es schon immer war, so, wie es in Filmen und Büchern dargestellt werde. «Wer davon abweicht, wird eher mit unangenehmen Situationen konfrontiert», sagt Boehm. Das könne dazu führen, dass viele Frauen einen jüngeren Mann gar nicht erst in Betracht zögen. Und umgekehrt.
Möglich, dass die neuen Bücher, Serien und Filme etwas daran ändern können (obwohl sich der junge Roxster aus Bridget Jones eine Zeitmaschine wünscht, um den Altersunterschied wettzumachen).
Die Kinderfrage kann ein Problem werden
Warum genau sich Isabella Biondi nie vorstellen konnte, einen älteren Mann zu haben – «maximal ein Gleichaltriger wäre okay» – kann sie nicht so genau benennen. Sie habe sich einfach immer von Jüngeren angezogen gefühlt.
Paarberaterin Amelie Boehm sieht dagegen mehrere Gründe, die für einen «umgekehrten Altersunterschied» sprechen. Für eine Frau könne ein jüngerer Partner Frische und Lebendigkeit in die Beziehung bringen. Möglicherweise sei ein Jüngerer auch offener für neue Lebensansätze, statt auf traditionelle Rollenmodelle zu pochen. «Es kann auch toll für das Selbstwertgefühl einer emanzipierten Frau sein, wenn sich ein Mann bewusst entgegen dem gängigen Stereotyp für sie entscheidet.»

Für den jüngeren Mann könne es weniger Druck bedeuten, traditionelle Rollenklischees erfüllen zu müssen, wenn die Partnerin finanziell und emotional unabhängiger sei und zudem schon mit dem Kinderthema abgeschlossen habe. Allerdings kann dieser Druck auch umso grösser sein, wenn die biologische Uhr der älteren Frau schon laut tickt und der jüngere Mann noch weit von der Familienplanung entfernt ist. Unterschiedliche Lebensphasen zählen zu den grössten Herausforderungen für Beziehungen mit grösserem Altersunterschied.
Er tauschte Beziehung gegen Hoffnung auf Kinder
Dass sich Isabella Biondi und Michel Rüti wegen seines Kinderwunschs getrennt hatten, kam überraschend. Lange sei dies kein Thema gewesen. «Er hat immer gesagt, dass er das Kinderkriegen seiner Schwester überlässt», erzählt Biondi. Anfang 30 begann der Wunsch, Vater zu werden, trotzdem in ihm zu wachsen. Als sich herausgestellt hatte, dass seine Schwester keine Kinder bekommen könne, habe das den Wunsch wohl noch verstärkt.
Er sagte es ihr nach einer einmonatigen Auszeit in Indien. Sie habe es geahnt, sagt Isabella Biondi. Die beiden beschlossen gemeinsam, sich zu trennen, trotz gegenseitiger Liebe, trotz gesunder Beziehung. Sie habe ihm den Kinderwunsch ja nicht erfüllen können, «ich war zu der Zeit schon 50». Es folgte eine schmerzhafte Zeit – für beide, denn die tiefe Verbundenheit hörte nicht einfach auf – bis heute nicht.
«Am Tag, an dem er ausgezogen ist, konnte ich nicht zu Hause sein, ich hätte es nicht ausgehalten», erzählt sie. Die grosse Leere beim Nachhausekommen hat sie bis heute nicht vergessen. «Es war schlimm.»
Neue Beziehung, gewohntes Schema
Auch Michel habe damit gehadert, seine grosse Liebe gegen Kinder einzutauschen – beziehungsweise gegen die Hoffnung, eine Frau zu finden, mit der er Kinder haben kann. Es sei ihm schwergefallen, von ihr loszukommen, er habe sich immer wieder bei ihr gemeldet und ihre Nähe gesucht, erzählt Isabella Biondi. «Ich habe versucht, Distanz zu halten. Sonst hätte er nie jemand Neues kennen lernen können.»
Am Ende war sie es, die vor ihm eine neue Liebe fand. Sie hatte sich von Freundinnen überreden lassen, an eine Ü40-Party zu gehen, widerwillig. «Da sind doch eh alles nur alte Männer, das wird ja eine einzige Fleischschau», habe sie gesagt. «Da war ich selber schon über 50», ergänzt sie lachend.
Aber dann war da auf einmal dieser Typ auf der Tanzfläche. Sie kamen ins Gespräch – ein Vater zweier Kinder, frisch geschieden. Sie fanden sich sympathisch, zogen gemeinsam weiter, tanzten bis morgens um 4 Uhr. Wenig später wurden sie ein Paar und sind seither glücklich.
Er ist acht Jahre jünger als sie.
*Namen geändert
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