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Alternative zur Halbierungsinitiative
So funktioniert Röstis Plan für tiefere SRG-Gebühren

Bundesrat Albert Roesti, erscheint auf Bildschirmen im Regieraum des Schweizer Fernsehens SRF, an einer Medienkonferenz ueber die Eidgenoessische Volksinitiative "200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)" und die Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung, am Mittwoch, 8. November 2023, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Der Bundesrat lehnt die sogenannte Halbierungsinitiative ab, die offiziell «200 Franken sind genug» (SRG-Initiative) heisst. Ziel des Volksbegehrens ist es, die Radio- und TV-Abgabe für private Haushalte von 335 auf 200 Franken pro Jahr zu senken. Der Bundesrat möchte der Initiative nun den Wind aus den Segeln nehmen, indem er die Abgabe in Eigenregie kürzt – von 335 auf 300 Franken. (Alle News im Ticker zur Medienkonferenz) Was bedeutet dies? Die neun wichtigsten Punkte.

Ist schon sicher, dass die Abgabe reduziert wird?

Der Plan des Bundesrats ist es, die Abgabe bis 2029 in zwei Etappen auf 300 Franken pro Jahr zu senken. Er möchte dies auf Verordnungsstufe tun, es handelt sich also nicht um einen klassischen Gegenvorschlag auf Gesetzesebene. Grundsätzlich kann der Bundesrat in eigener Kompetenz über die Höhe der Abgabe bestimmen. Er gibt den Vorschlag trotzdem noch in die Vernehmlassung, damit sich interessierte Kreise dazu äussern können. Die Vernehmlassung läuft bis zum 1. Februar 2024.

Die SRG-Initiative will alle Firmen von der Abgabepflicht befreien. Macht der Bundesrat hier auch Zugeständnisse?

Ja. Bereits heute sind nach Angaben der SRG rund 80 Prozent der Unternehmen von der Radio- und TV-Abgabe befreit. Jetzt will der Bundesrat den Kreis der befreiten Firmen noch vergrössern. Bislang zahlen Unternehmen bis zu einem jährlichen Umsatz von 500’000 Franken keine Serafe-Gebühr. Neu soll die Freigrenze bei 1,2 Millionen Franken liegen. Konkret würden damit 60’000 weitere Firmen von der Abgabe entbunden.

Wie hat sich die Höhe der Haushaltabgabe über die Jahre entwickelt?

Die Radio- und TV-Abgabe ist in den vergangenen Jahren markant gesunken. Vor zehn Jahren betrug die damalige Billag-Gebühr noch 462 Franken pro Jahr, seither wurde sie in mehreren Schritten auf 335 Franken reduziert. Der grösste Sprung ereignete sich mit dem Systemwechsel auf eine geräteunabhängige Haushaltabgabe 2019: Seither sind – bis auf wenige Ausnahmen – alle Haushalte abgabepflichtig, auch wenn sie nicht über einen Fernseher oder ein Radiogerät verfügen. Weil die Abgabe von der Firma Serafe erhoben wird, ist seither auch von der Serafe-Abgabe die Rede.

Welche Folgen hätten die Kürzungen für die SRG?

Medienminister Albert Rösti sagte es an seiner Medienkonferenz deutlich: «Der Entscheid des Bundesrats geht mit einem Sparauftrag an die SRG einher.» Insgesamt bekommt die SRG durch den Entscheid künftig pro Jahr rund 170 Millionen Franken weniger aus dem Gebührentopf. Heute beträgt das Budget der SRG rund 1,55 Milliarden Franken, davon sind rund 1,23 Milliarden Gebührengelder. Rückläufig sind auch die Werbeeinnahmen – dort dürften mittelfristig nochmals rund 20 Millionen Franken wegfallen.

Laut Medienminister Rösti dürfte die Senkung der Haushaltabgabe dazu führen, dass die SRG mehrere Hundert Stellen abbauen muss. Allerdings gehe er davon aus, dass der Abbau bis 2029 im Rahmen der ordentlichen Fluktuation erfolgen könne.

Klar ist: Bei einer Annahme der Halbierungsinitiative wären die Folgen für das öffentliche Medienhaus noch viel drastischer. In dem Fall erhielte die SRG noch ungefähr halb so viel Geld aus dem Gebührentopf wie heute, rund 650 Millionen Franken. (Unser Kommentar: Eine ehrliche Debatte über das SRG-Programm ist nötig)

Moderator Franz Fischlin spricht in der Hauptausgabe der Tagesschau, im Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in Leutschenbach, Montag, 11. Dezember 2017. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Wie reagieren die Initianten auf Röstis Plan?

Hinter der Halbierungsinitiative stehen Exponenten von SVP und Jungfreisinnigen. Den meisten von ihnen reicht eine Gebührensenkung um 35 Franken nicht. Es brauche einen Gegenvorschlag, der die Unternehmen ganz von der SRG-Abgabe befreie, forderte etwa FDP-Nationalrat Olivier Feller schon am Sonntag, als die Pläne durchsickerten. Schon eher zufrieden mit dem Vorschlag zeigte sich Fabio Regazzi, Präsident des Gewerbeverbands und Mitte-Nationalrat. Für ihn ist entscheidend, dass kleine und mittlere Unternehmen von der Gebühr befreit und Familien entlastet werden. 

Was sagen die Gegner der Initiative?

Mark Balsiger ist Geschäftsführer der Allianz Pro Medienvielfalt, welche die Initiative bekämpft. Er kritisiert den Plan des Bundesrats: «Mit einer Reduktion von 35 Franken pro Jahr wird die Kaufkraft eines einzelnen Haushalts nicht gestärkt – doch für die SRG würde sie nach dem schmerzhaften Sparpaket von 2018/2019 schon wieder einen grossen Abbau bedeuten.»

Für Balsiger ist klar: Angesichts der «dramatischen Entwicklung auf dem Medienplatz Schweiz» müsse der Service public der SRG gestärkt und nicht geschwächt werden. Der Gewerkschaftsbund betonte, mit seinem Entscheid füge der Bundesrat der SRG «präventiv massiven» Schaden zu. Denn es sei klar, dass die Initianten an ihrem «radikalen und ideologischen» Begehren festhalten würden.

Ist absehbar, wo die SRG inhaltliche Abstriche machen muss?

Die SRG schreibt: «Die Reduktion des SRG-Budgets hätte unweigerlich negative Auswirkungen auf das Programm, beispielsweise in den Bereichen regionale Informationen, Sportproduktionen, Koproduktionen von Schweizer Filmen und Musikaufnahmen sowie populäre Grossveranstaltungen.»

Medienminister Rösti gab ebenfalls einige Hinweise darauf, wie er sich die künftige Ausrichtung der SRG vorstellt. Im Rahmen der neuen SRG-Konzession, die ab 2029 gelten soll, müsse sich die SRG stärker auf die Bereiche Information, Bildung und Kultur konzentrieren. Bei der Unterhaltung und beim Sport solle das öffentliche Medienhaus auf jene Bereiche fokussieren, die von privaten Anbietern nicht abgedeckt würden. Das Onlineangebot schliesslich soll stärker auf Audio- und Videoinhalte ausgerichtet werden, sprich weniger geschriebene Artikel beinhalten.

Medienminister Rösti gehörte als SVP-Nationalrat zu den Initianten der Halbierungsinitiative. Was bedeutet das für die Debatte?

Tatsächlich ist Albert Rösti offiziell immer noch Teil des Initiativkomitees. Aus formellen Gründen darf er es nicht verlassen. Allerdings nimmt Rösti das Kollegialiätsprinzip im Bundesrat offensichtlich ernst. Erst Anfang Woche erklärte er im Rahmen eines Podiumsgesprächs: «Als Bundesrat muss ich sagen: Die Initiative ist radikal.» Auch Initiativgegner Mark Balsiger attestiert Rösti, dass ihm der Rollenwechsel vom Initianten zum Bundesrat geglückt ist. «Er verzichtet weitgehend auf Parteipolitik.» Der Druck im SRG-Dossier sei aber hoch – und hätte wohl auch einen Medienminister mit einem anderen Parteibuch zum Handeln gezwungen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundesrat wird vor den Sommerferien 2024 seine Botschaft zur Halbierungsinitiative ans Parlament überweisen. Anschliessend befassen sich National- und Ständerat mit der Initiative. Möglich scheint, dass das Parlament im Zuge dieser Beratungen auch noch einen Gegenvorschlag auf Gesetzesebene ausarbeitet, der weiter geht als die vom Bundesrat beschlossene Senkung der Haushaltabgabe. Zur Volksabstimmung kommt es frühestens im Jahr 2026.