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Meinung

Kommentar zu Radio- und TV-Gebühren
Eine ehrliche Debatte über das SRG-Programm ist nötig

Nationalraetin Magdalena Martullo-Blocher, SVP-GR, der Praesident der FDP, Thierry Burkart, FDP-AG, und Moderatorin Nathalie Christen, von links, machen sich im TV Studio des Medienzentrums Bundeshaus bereit, in der Livesendung der "Elefantenrunde" des Deutschschweizer Fernsehens SRF, die Resultate der Vorlagen zu eroertern, die an diesem Abstimmungssonntag zur Eidgenoessischen Abstimmung kamen, am Sonntag, 18. Juni 2023 in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
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Bumm. Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer würde die Halbierungsinitiative annehmen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Tamedia und «20 Minuten». Und es ist ein Weckruf für die Freunde der SRG.

Zwar ist die Abstimmung noch in weiter Ferne. Auch wäre es nicht die erste Initiative, die mit hohen Zustimmungswerten startet und dann später an der Urne abstürzt. Dennoch macht es sich die SRG zu einfach, wenn sie die Sympathien für das Anliegen mit dem fehlenden Bewusstsein für die Folgen erklärt, wie sie es als erste Reaktion auf die Umfrage getan hat.

Schon vor knapp sechs Jahren hat sich das Stimmvolk intensiv mit dem Nutzen und den Kosten des medialen Service public auseinandergesetzt. Damals ging es um die sogenannte No-Billag-Initiative, die eine komplette Abschaffung der Radio- und TV-Abgaben forderte. Bei der Halbierungsinitiative, die offiziell «200 Franken sind genug!» heisst, steht nun eine Reduktion von 335 auf 200 Franken jährlich zur Debatte. Offensichtlich erwägen Menschen bis weit in die politische Mitte, diesen Schritt zu unterstützen.

Jeder und jede glaubt zu wissen, was er oder sie für den Rechnungsbetrag bekommt.

Im Unterschied zu anderen Vorlagen berührt die SRG-Frage die Lebenswelt des Stimmvolks sehr direkt. Die Serafe-Rechnung flattert in die Briefkästen aller privaten Haushalte. Und jeder Empfänger und jede Empfängerin glaubt zu wissen, was er oder sie für den Rechnungsbetrag bekommt.

So manche Gebührenzahlerin hört vielleicht nur hin und wieder einen SRF-Podcast oder besucht gelegentlich das Onlineportal. Dafür weiss sie, dass ihre betagte Tante die Abende wohl informiert und unterhalten vor dem Fernseher verbringen kann. Sind da 335 Franken viel oder wenig?

Die Versuchung ist gross, den Rechnungsbetrag in ein Verhältnis mit anderen Ausgaben zu setzen: für Spotify, Netflix oder die Lokalzeitung, die man aus freien Stücken abonniert. Wie die SRG im Vergleich abschneidet, hängt vom persönlichen Mediennutzungsverhalten ab.

Natürlich wäre es verfehlt, den Stimmentscheid allein davon abhängig zu machen. Schliesslich ist die mediale Grundversorgung für alle da. Insbesondere die Sprachminderheiten profitieren davon.

Dennoch steht die konkrete Alltagserfahrung oft in einem scharfen Kontrast zur politischen Debatte, die sich zuweilen in ziemlich abstrakten Sphären bewegt. Die Halbierungsinitiative sei «eine Attacke gegen die Schweiz und ihre Vielfalt», warnte SRG-Generaldirektor Gilles Marchand unlängst im «SonntagsBlick». Selbst wer dem öffentlichen Medienhaus wohlwollend gegenübersteht, ist versucht zu fragen: Geht es rhetorisch auch eine Nummer kleiner?

Unbestritten ist, dass unabhängige Medien in Zeiten von Fake News und Desinformation von überragender Bedeutung sind. Der SRG als öffentliches Medienhaus kommt hier eine zentrale Rolle zu. Allerdings ist es eine Realität, dass sich die Menschen im Land heute anders informieren als früher.

Die SRG hat ihre Sonderstellung bis zu einem gewissen Grad eingebüsst. Konnten sich Private früher die Infrastruktur schlicht nicht leisten, um selbst Radio- und TV-Sendungen zu produzieren, kann heute jeder Youtuber eine eigene Nachrichtensendung herstellen.

Menschen bis ins mittlere Alter konsumieren Nachrichten nicht mehr primär per Radio und TV, sondern im Internet. Dort gibt es eine Vielzahl konkurrierender Angebote – von ganz unterschiedlicher Qualität. Schier endlos ist die Auswahl an Alternativen im Unterhaltungsbereich.

Vor diesem Hintergrund wird nicht allen Medienkonsumenten einleuchten, warum eine Reduktion der Radio- und TV-Gebühren von 335 auf 200 Franken die Schweiz in ihren Grundfesten erschüttern soll.

Würden wir die SRG noch einmal genau so erfinden?

Eine ehrliche Debatte muss hier anknüpfen: Was bietet die SRG der Bevölkerung heute, ganz konkret, was private Medien nicht bieten können oder wollen? Warum reichen 200 Franken nicht, um in allen Landesteilen eine mediale Grundversorgung sicherzustellen?

Eine solche Debatte nüchtern zu führen, ist anspruchsvoll. Die SVP hält den Druck in dem Dossier seit Jahren hoch. Wer nur schon Dinge hinterfragt, läuft Gefahr, als Steigbügelhalter der Volkspartei abgestempelt zu werden. Darum bleiben jene, die der SRG wohlgesinnt sind, lieber im Ungefähren.

Doch nur wenn die Menschen nachvollziehen können, wofür sie ihre Serafe-Rechnung bezahlen, bleibt SRF tatsächlich «bi de Lüt». Ein guter Ausgangspunkt wäre das folgende Gedankenexperiment: Würden wir die SRG noch einmal genauso erfinden, wenn sie noch nicht existierte? Und wenn nein: Was würden wir anders machen?