Nervosität bei den Republikanern Verbündete fordern Strategiewechsel von Trump
Zu beleidigend, zu wenig fokussiert, zu sehr Maga: In der Republikanischen Partei kritisieren prominente Mitglieder Donald Trumps Wahlkampf.
Es war mit viel Brimborium angekündet worden. Die Lehre aus dem virtuellen Tête-à-Tête zwischen Donald Trump und Elon Musk war aber wohl, dass es keinem der Teilnehmer wirklich genützt hat. Trump wiederholte in teils beleidigendem Ton viele der Attacken aus seinen Wahlkampfreden, Musk hofierte bloss und widersprach nicht. «Das Beste, was Trumps politische Gegner tun können, ist, ihn weiterreden zu lassen», urteilte der in den USA lebende Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow. So hatte der Ex-Präsident zum Beispiel Musk dafür gelobt, dass er streikende Mitarbeiter gefeuert habe. Das brachte ihm prompt eine Arbeitsrechtsbeschwerde seitens der Gewerkschaften ein, die Trump eigentlich für sich gewinnen sollte.
Dass Trump mit seiner beleidigenden Art viele Wechselwählerinnen und -wähler abschreckt und zu sehr auf Nebenkriegsschauplätze fokussiert, machen nun auch seine republikanischen Verbündeten zum Thema. Die frühere Präsidentschaftsbewerberin Nikki Haley kritisierte, dass Trumps Kampagne zu sehr auf seine Kernklientel zugeschnitten sei – also die nach der Kurzform für Trumps Slogan «Make America Great Again» («Macht Amerika wieder grossartig») benannte Maga-Bewegung.
Die Maga-Stimmen seien Trump sicher, die Republikaner müssten aber um «Frauen in den Vororten kämpfen, Wähler mit Hochschulbildung, Unabhängige, moderate Republikaner und konservative Demokraten», forderte Haley bei Fox News. «Trump weiss, wie man gewinnt. Er muss es jetzt nur tun.»
«Weniger Beleidigungen, mehr Einsichten»
Die ehemaligen Trump-Berater Larry Kudlow und Kellyanne Conway platzierten derweil auf Fox Business eine Botschaft an den Ex-Präsidenten. «Schweifen Sie nicht ab, beschimpfen Sie sie (Kamala Harris – die Red.) nicht als dumm und mit allen möglichen Namen, sondern bleiben Sie bei der Sache», sagte Kudlow. Conway, die Trumps erfolgreichen Wahlkampf 2016 geleitet hatte, fügte hinzu: «Die Erfolgsformel für Präsident Trump ist klar erkennbar: Weniger Beleidigungen, mehr Einsichten und Betonung der politischen Unterschiede.»
Prominente Republikaner nervt auch, dass Trump sich immer wieder über die Zahl der Teilnehmenden an Harris’ Wahlanlässen auslässt. So behauptete Trump am vergangenen Wochenende in einer Reihe von Beiträgen in den sozialen Medien fälschlicherweise, dass «niemand» an Harris’ Kundgebung in Michigan teilgenommen habe.
Die von rechtsextremen Verschwörungstheoretikern stammende Behauptung konnte leicht widerlegt werden durch Fotos und Videos, die Tausende von Harris-Anhängern in einem Flughafenhangar zeigten. «Die Kampagne wird nicht gewinnen, wenn sie über die Grösse von Menschenmengen spricht», findet Haley. Sie forderte Trump auf, stattdessen mehr Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten: «Was Donald Trump tun muss, ist, hinauszugehen und jeden einzelnen Tag Wahlkampf zu machen.»
Auch der ehemalige republikanische Speaker des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy gab Trump bei Fox einen ähnlichen Ratschlag. «Hören Sie auf, die Grösse von Harris’ Anhängerschaft infrage zu stellen, und fangen Sie an, ihre Position infrage zu stellen», sagte er. Trump solle Harris fragen, was sie als kalifornische Generalstaatsanwältin gegen die Kriminalität getan habe und als Vizepräsidentin gegen die Einwanderung. Doch Trump hat offenbar Mühe, seine persönlichen Ressentiments aussen vor zu lassen und sich auf Themen wie Einwanderung, Inflation oder Wirtschaft zu fokussieren. Dies obschon ihm die Amerikanerinnen und Amerikaner laut einer neuen Umfrage bei der Wirtschafts- und Migrationspolitik mehr vertrauen als seiner Kontrahentin.
Diese wird nächste Woche beim grossen demokratischen Parteitag wieder in den medialen Fokus rücken und ihren kleinen Vorsprung in den Umfragen wohl ausbauen können. Trump hingegen scheint vorderhand nicht bereit zu sein, seine Strategie zu ändern. Diesen Schluss legt zumindest ein Artikel der «New York Times» nahe.
Bleibt er beratungsresistent?
Demnach sind mittlerweile auch Grossspender der Republikaner besorgt über die verbalen Aussetzer ihres Präsidentschaftskandidaten. Bei einem Dinner mit einigen von ihnen wiederholte Trump offenbar seine Betrugsvorwürfe zur Wahl 2020, obschon seine Berater ihm nahegelegt hatten, diese fallen zu lassen. Und über seine vielkritisierten Aussagen zu Harris (unter anderen: «Sie war die ganze Zeit immer indisch, und dann urplötzlich legte sie eine Wende hin und wurde eine schwarze Person») soll Trump gesagt haben: «Ich denke, ich hatte recht.»
Haley hält dem entgegen, die Wahl lasse sich nicht gewinnen, wenn darüber geredet werde, welcher «Rasse» die Kandidatin der Demokraten angehöre. «Die Amerikaner sind kluge Leute. Geht mit ihnen wie mit klugen Leuten um.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
So gehts weiter
19. bis 22. August: Die Demokraten treffen sich in Chicago, Illinois. Hier wird voraussichtlich Kamala Harris nach der elektronischen Abstimmung auch noch «zeremoniell» als Präsidentschaftskandidatin bestätigt.
2. September: Die heisse Phase des Wahlkampfs beginnt mit dem Labor Day. Höhepunkte waren traditionell die drei TV-Debatten der Präsidentschaftskandidaten. In diesem Jahr sind bisher nur zwei Austragungen geplant, nur eine davon nach dem Labor Day.
10. September: In den Studios von ABC News ist die zweite Präsidentschaftsdebatte geplant. Der Ort der Aufzeichnung ist noch nicht bestimmt. Ebenfalls offen ist, ob und wann die Kandidaten für die Vizepräsidentschaft gegeneinander antreten werden.
5. November: Der Wahltag. Insgesamt sind 538 Elektorenstimmen zu vergeben, wer 270 davon holt, ist Präsident der Vereinigten Staaten. Neben dem Präsidenten werden alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und 34 Senatoren, ein Drittel des US-Senats, gewählt. Ausserdem finden in verschiedenen Bundesstaaten Gouverneurswahlen statt.
Unsere gesammelte Berichterstattung zu den US-Wahlen finden Sie hier.
nlu
Fehler gefunden?Jetzt melden.