Deportation in den USA22 US-Bundesstaaten treten in den Widerstand gegen «King Donald»
US-Präsident Trump möchte massenhaft Migranten abschieben und das Geburtsrecht einschränken. Dagegen klagen nun Bundesstaaten.
- Donald Trump plant drastische Massnahmen zur Einschränkung der Einwanderungsgesetze.
- Er erklärt den nationalen Notstand an der US-Südgrenze.
- Der Generalstaatsanwalt von Washington State hat nun eine Klage eingereicht.
Jetzt will Donald Trump also binnen weniger Stunden ein paar amerikanische Gewissheiten und Grundrechte abgeschafft haben, wie es ihm und seinen Anhängern gefällt. Per Dekret treten die USA zum Beispiel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und der Weltgesundheitsorganisation aus, auch sollen nur noch zwei Geschlechter existieren, Mann und Frau. Der neue Präsident begnadigt Straftäter des Überfalls auf das Capitol 2021, einer Art Putschversuch. Besonders hart ist der neue Präsident dafür bei seinem Lieblingsthema, der Immigration.
Mit einer seiner Executive Orders hat er zum Einstand live im Oval Office den nationalen Notstand an der Südgrenze erklärt. Ein anderes Dekret verspricht den «Schutz des Staates gegen eine Invasion». Als «Invasion» betrachtet Trump den Zuzug von Immigranten ohne Erlaubnis. Helfen soll die US-Armee, und das Asylrecht wird praktisch kassiert. Mehr noch: Wer illegal in den Vereinigten Staaten ist oder als Ausländer legal, aber nur vorübergehend, der kann laut Trumps Offensive keine US-Amerikaner mehr zur Welt bringen.
Aushebelung des Geburtsrechts
Diese Verordnung trägt den Titel «Die Bedeutung und den Wert der amerikanischen Staatsbürgerschaft schützen» und hebelt das Geburtsrecht aus. Bisher bekam jedes Kind einen US-Pass, das im Land geboren wurde, sofern die Eltern keine Diplomaten sind. Diese amerikanische Staatsbürgerschaft sei «ein unbezahlbares und tiefgreifendes Geschenk», heisst es jetzt in Trumps neuer Regel. Laut seiner Interpretation des 14. Verfassungszusatzes gilt das plötzlich nicht mehr für Babys, deren Mütter ohne Genehmigung im Land sind oder mit Visum nur temporär.
Geht das so einfach? Kann Donald Trump allein mit seiner zackigen Unterschrift solch fundamentale Entscheidungen treffen? Er hatte einige Aktionen im Wahlkampf angekündigt und wurde vermutlich auch deshalb gewählt, an Tag eins werde er loslegen. Laut Verfassung sind Dekrete aus dem Weissen Haus erlaubt, auch Trumps Vorgänger haben reihenweise Executive Orders erlassen. Nur nicht mit dieser Wucht und Konsequenz wie er, der mit Hunderten Dekreten so ziemlich alles abräumt, was sein Vorgänger Joe Biden vor allem an Massnahmen für Umweltschutz und Sozialpolitik eingeführt hatte.
Doch bei seinen Manövern gegen Einwanderer bekommt er nun bereits an Tag zwei Widerstand, auch das überrascht nicht. Am Dienstag haben 22 Bundesstaaten Klage gegen seinen Versuch eingereicht, das jahrhundertealte Geburtsrecht auszuhebeln. «Aussergewöhnlich und extrem» nennt Matthew J. Platkin, der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Trumps Regeländerung. «Ein Präsident ist mächtig», sagt er, «aber er ist kein König. Er kann die Verfassung nicht mit einem Federstrich umschreiben.»
Mehrheiten in beiden Kammern im Kongress
Kritischen Geistern kommt Trump gerade vor wie King Donald, ausgestattet mit einem deutlichen Wahlsieg und Mehrheiten in beiden Kammern im Kongress. Repräsentantenhaus und Senat umgeht er, den dort beschlossenen Bann des chinesischen Kurzvideo-Portals Tiktok setzte er kurzerhand aus. Allerdings bewahrt ihn seine Macht nicht vor juristischer Gegenwehr. Menschenrechtler und demokratisch regierte Regionen wollen sich seinen Umgang mit Grenzgängern und US-Pässen nicht gefallen lassen.
Millionen Menschen sind ja deshalb US-Amerikaner, weil sie irgendwann in einem amerikanischen Haus oder meistens einem amerikanischen Kreisssaal ihren ersten Atemzug getan haben. Sie sind Teil dieses Einwanderungslandes – oft als Söhne und Töchter von Immigranten, die seit Jahren oder Jahrzehnten in den USA leben und arbeiten, obwohl die Mütter und Väter nie eine Greencard bekommen haben oder eingebürgert wurden.
Auch der Generalstaatsanwalt von Washington State hat gegen das Ende des birthright citizenship geklagt, Nick Brown nennt Trumps Erlass «verfassungswidrig, unamerikanisch und grausam». Auf diese Weise würde jedes Jahr 150’000 Neugeborenen die Staatsbürgerschaft verweigert. «Sie würden bei der Geburt zu Menschen ohne Papiere werden», sagte er bei einer Pressekonferenz in Seattle, dies könne sie zu Staatenlosen machen.
Wahrheitswidrige Behauptungen
Trump dagegen behauptet, die USA würden seit Jahren auf diese Weisung warten. Sie seien das einzige Land der Welt mit diesem Geburtsrecht gewesen. Das stimmt zwar nicht im Geringsten – auf nahezu dem gesamten Kontinent werden dort entbundene Säuglinge automatisch Kanadier oder Chilenen oder Argentinier, je nach Land.
Doch Trump hetzt seit Jahren gegen Immigranten, denen die offizielle Aufenthaltserlaubnis fehlt. Tatsächlich stieg die Zahl der verbotenen Grenzübertritte unter der Regierung Biden erst enorm an, zuletzt ging sie allerdings stark zurück. Auch nach seinem Amtseid am Montag verkündete Trump wieder, Millionen Menschen kämen aus Gefängnissen und psychiatrischen Anstalten in die Vereinigten Staaten, obwohl es dafür keine Hinweise gibt. Seit Monaten verspricht der Republikaner die grösste Abschiebung der US-Geschichte.
Von Razzien in Metropolen wie Chicago ist die Rede, nicht mal mehr Kirchen sollen sicher sein. Die App, mit der sich Flüchtlinge um Asylanträge kümmerten, wurde nach Trumps Anordnung abgeschaltet, eine Taskforce zur Zusammenführung von Familien wird aufgelöst, weitere Hilfen der Biden-Administration werden ebenfalls gestrichen. Stattdessen soll nicht allein die National Guard wie bisher die Grenzschutzbehörde Border Patrol logistisch unterstützen. Gemäss seines Dekrets soll das United States Northern Command vom Pentagon beauftragt werden, «die Grenzen abzuriegeln». Der Oberbefehlshaber Trump will die Grenze militarisieren.
Trump muss sich Kritik in der Kirche anhören
Bei einer Messe in der Washington National Cathedral sprach die Bischöfin Mariann Budde am Dienstag den Gast Trump unten auf den Bänken der Kathedrale dann direkt an. «Lassen Sie mich eine letzte Bitte äussern, Herr Präsident», sagte sie in ihrer Predigt. «Millionen Menschen haben Ihnen ihr Vertrauen geschenkt. Und wie Sie gestern der Nation sagten, haben Sie die Vorsehung eines liebenden Gottes gespürt. Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, sich der Menschen in unserem Land zu erbarmen, die jetzt Angst haben.»
Da seien Menschen, «die unsere Ernte einfahren und unsere Bürogebäude putzen, die auf Geflügelfarmen und in Fleischverpackungsbetrieben arbeiten, die in Restaurants das Geschirr nach dem Essen abwaschen und in Krankenhäusern Nachtschichten übernehmen – sie sind vielleicht keine Staatsbürger oder haben nicht die richtigen Papiere. Aber die grosse Mehrheit der Einwanderer sind keine Kriminellen. Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn.»
Von den US-Mandatsträgern widerspricht Trump derzeit niemand so mutig. «Ich bitte Sie, Herr Präsident, erbarmen Sie sich derer in unseren Gemeinden, deren Kinder befürchten, dass ihre Eltern weggebracht werden», sagte sie zum Schluss.
Was meint Donald Trump dazu? Reportern sagte er nachher, er habe den Gottesdienst «nicht gut» gefunden. Der republikanische Abgeordnete Mike Collins aus Georgia kommentierte einen Videoclip von Buddes Predigt auf X so: «Die Person, die diese Predigt hält, sollte auf die Abschiebungsliste gesetzt werden.»
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