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Einkaufstour nimmt Fahrt auf
Die Post hat in den nächsten Monaten über 20 Firmen im Visier

Postchef Roberto Cirillo trimmt die Post auf Wachstum. 
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Die Strategie von Firmenchef Roberto Cirillo ist klar: Er will wachsen mit der Post. Dafür hat er bis 2030 1,5 Milliarden Franken zur Verfügung, mit denen das Unternehmen Aufkäufe tätigen kann. Allein 2021 plante die Post, 230 Millionen Franken für Firmenkäufe auszugeben. Und damit ist nicht Schluss. Das zeigt ein Dokument der Post, welches die Expansionspläne in Grundzügen verrät. Dort tauchen zwar keine Firmennamen auf, aber es verdeutlicht die Dimension der Geschäfte.

Was das Dokument konkret auflistet: Die Post hat nicht weniger als 22 Akquisitionen im Visier. 10 davon werden als in «Vorabklärung» bezeichnet. Heisst: Noch ist nicht klar, ob die Firmen tatsächlich gekauft werden. Doch die Projekte sollen in einer Zeitspanne von 1 bis 3 Monaten so weit vorangetrieben werden, dass es zur Transaktion kommen könnte.

Der Hunger der Post nach Wachstum steht derzeit stark in der Kritik. Sowohl von neuen Konkurrenten wie auch in der Politik kommt der Ruf nach klaren Leitplanken für die Post auf. Sie soll nicht auf Kosten von privaten Firmen in teilweise neue Märkte eindringen.

Im Dokument sind weiter 12 Projekte mit Status «Transaktion» aufgelistet. Dort ist die Post bereits einen Schritt weiter. Es wird laut dem Dokument erwartet, dass es 2 bis 6 Monate dauert, bis diese in die nächste Phase eintreten können. Nämlich in die der «Integration». Das zeigt, dass über 20 Aufkaufkandidaten auf dem Zettel der Post stehen.

Was «Screen 2» mit einer Einkaufs-App zu tun hat

Einen Schritt weiter, in der Phase der «Integration», befinden sich derzeit 14 Akquisitionen. Ob diese schon alle publik gemacht wurden, will die Post nicht kommentieren. Die Post gibt sich auch sonst sehr bedeckt. «Wir kommunizieren die Akquisitionen jeweils, wenn sie abgeschlossen sind. Dies ist so üblich. Zudem geben wir zu bedenken, dass eine angedachte «Transaktion» nicht zwingend auch wirklich abgeschlossen wird», sagt eine Postsprecherin.

Was aber auffällig ist: Zumindest zwei der Projektnamen deuten auf bereits abgeschlossene und kommunizierte Deals hin. So dürfte sich hinter dem Geschäft «Screen 2» der Kauf der Einkaufs-App Bring! verstecken. Ebenfalls deutet das Projekt «Shield» deutlich auf den getätigten Kauf der Cloudfirma Tresorit hin.

Mit acht der Projekte im Status «Transaktion» und «Vorabklärung» muss sich der neue Verwaltungsratspräsident Christian Levrat, Alt-SP-Ständerat, ziemlich schnell beschäftigen. Sie werden im Dokument als relevant für den Verwaltungsrat bezeichnet. Der Rest wird in der Konzernleitung diskutiert.

Wie viele davon zusätzlich dem zuständigen Departement von Bundesrätin Simonetta Sommaruga zur Kenntnis gebracht werden, ist unklar. «Wir haben mit dem Eigner verschiedene Faktoren festgelegt. Die Indikatoren sind nicht nur finanzieller Art», sagt eine Postsprecherin.

Widerstand formiert sich

Die Post war in der letzten Zeit stark in Kritik geraten wegen ihrer Einkaufstour. So sehr, dass das Unternehmen auf vielen Kanälen versucht, diese Strategie zu verteidigen. Das Ziel der Post: Sie will in Zukunft wieder wachsen und den bröckelnden Briefpostmarkt auf diese Weise kompensieren.

Denn: «Wir wollen die Grundversorgung auch in Zukunft aus eigenen Mitteln stemmen», sagte der mittlerweile abgetretene Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller Ende November zur «SonntagsZeitung». Zudem sagte er: «Der Bundesrat hat uns strategische Vorgaben gemacht, die für alle einsehbar sind. Die halten wir ein.»

«Die Post schafft einen Gemischtwarenladen, der nichts mit dem eigentlichen Auftrag zu tun hat.»

Christian Wasserfallen, Nationalrat FDP

Genau hier setzt die Kritik aus Politik und Wirtschaft ein. Mit dem grossen Namen im Rücken fange die Post an, in Geschäften zu wirken, die nichts mit ihrem Grundauftrag zu tun hätten. Die Angst: Die Post verdrängt private Konkurrenten aus dem Markt allein mit ihrer schieren Marktmacht. Die neue Konkurrenz droht mit dem Gang an die Weko oder gelangte bereits an die Aufsichtsbehörde Postcom.

Auch wenn sich die Post sicher fühlt mit der bundesrätlichen Botschaft im Rücken: Es dürfte weit ungemütlicher werden, als sie es sich wünscht. Denn im September hat sich eine parlamentarische Gruppe mit dem Namen «Fair ist anders» formiert. Darin vereinigt sind Dutzende Parlamentarierinnen und Parlamentarier von den Grünen bis hin zur SVP.

Die Gruppe liess zum Start mitteilen: «Die Wettbewerbssituation zwischen staatsnahen oder sich mehrheitlich in staatlichem Besitz befindenden Unternehmen und privatwirtschaftlichen Akteuren muss ernsthaft analysiert und Lösungsansätze diskutiert und gefunden werden.» Denn Unternehmen der öffentlichen Hand würden ihre Monopolstellung ausnutzen und zu direkten Konkurrenten von KMU werden. Bereits vor der Gründung der Gruppe wurden parlamentarische Vorstösse auf den Weg gegeben, die dem Einhalt gebieten sollen. 

Einer der Kritiker ist FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Er sagte im September zu dieser Zeitung: Mit solchen Aufkäufen «schafft die Post Fakten und sich selber einen Gemischtwarenladen, der nichts mit dem eigentlichen Auftrag zu tun hat».

Der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen ist einer der Kritiker der Post im Parlament. 

Kritische Stimmen gab es zum Beispiel nach dem Aufkauf der Werbefirma Livesystems. Es wurden aber nicht nur grössere Akquisitionen getätigt, die für Schlagzeilen sorgten. Einige der Aufkäufe in diesem Jahr wurden von der Post nicht an die ganz grosse Glocke gehängt.

Ein Ende der Zukäufe ist nicht in Sicht, wie das Dokument aufzeigt. Wo die Aufkäufe anfallen werden, ist aber noch nicht klar. Ein Grossteil dürfte im Bereich Logistik-Services geplant sein. Der Bereich deckt von Brief- und Paketpost bis hin zum Medien- und Werbemarkt einen Teil der Geschäfte der Post ab. Als zweiter wichtiger Pfeiler ist der Bereich Kommunikation-Services in den Unterlagen zu erkennen.

Viel mehr sagen die kryptischen Projektnamen wie «Pluto», «Sigmar», «Suzi», «Elba» oder «Stern» wohl vor allem Eingeweihten – sicher ist aber, es sind sehr viele Projekte.