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Investitionen mit grossem Risiko
Die Post kauft und kauft und kauft

Post-Chef Roberto Cirillo will mit der Post wachsen – und verärgert dabei die neue Konkurrenz. 
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«Über die Höhe der Transaktion wurde Stillschweigen vereinbart.» Das ist der Standardsatz, wenn es um die Frage geht, wie viel Geld sich die Post ihre derzeitige Einkaufstour kosten lässt. Doch es zeigt sich: Die Post lässt Millionen springen in den Geschäftszweigen, in denen sie sich in Zukunft ausbreiten will. Und geht dabei ein grosses Risiko ein.

Die Einkaufstour der Post wird stark kritisiert. Im Parlament haben die Gegnerinnen und Gegner der Ausbreitung von staatsnahen Firmen derzeit Oberwasser und veranstalten ein Powerplay. Das Ziel: den Expansionshunger von staatsnahen Unternehmen zu bändigen. Erst kürzlich ist ein weiterer neuer Vorstoss eingegangen. Der Luzerner FDP-Nationalrat Peter Schilliger will darin vom Bundesrat unter anderem wissen, ob er gewillt ist, Vorgaben für künftige Akquisitionen zu präzisieren.

Offen ist, um wie viel Geld es dabei geht. Bis 2024 sollen laut der Post 3,5 Milliarden in das Geschäft investiert werden. Wie viel davon in Zukäufe fliesst, ist unklar. Das ist Teil der Strategie «Post von morgen», die Post-Chef Roberto Cirillo implementierte.

Wir haben die Zukäufe der letzten Monate genauer angeschaut.

Millionen für Einkaufs-App Bring

Die Post hat womöglich fast 25 Millionen Franken in die Einkaufs-App Bring investiert.

Die Post hüllt sich über den Kaufpreis für die Einkaufs-App Bring in Schweigen. Doch Recherchen zeigen nun, dass es um Millionen ging. Wie gut unterrichtete Kreise darlegen, wurde der Wert der Firma hinter der App vor dem Verkauf auf 41 Millionen Franken geschätzt. Die Post hielt vor dem Aufkauf laut eigenen Angaben rund 6 Prozent und heute «eine deutliche Mehrheit», wie es von der Post kryptisch heisst. Eine Zweidrittelmehrheit scheint also mehr als realistisch.

Das heisst: Der Anteil der Post war vor dem Aufkauf rund 2,5 Millionen Franken wert. Wie viel sie genau investierte, ist zwar spekulativ. Aber unter der Annahme, dass die Post mehr als 66 Prozent der Firma hält, hätte das eine Investition von fast 25 Millionen Franken zur Folge gehabt.

110 Millionen für Aussenwerber?

Livesystems bespielt in Postautos, an Haltestellen oder an Tankstellen Bildschirme mit Werbung und Nachrichten. 

Beim Kauf des Werbedienstleisters Livesystems sprechen informierte Kreise von einem Kaufpreis von 110 Millionen Franken, wie verschiedene Medien meldeten. Die Post kommentiert diese Zahl nicht, dementiert sie aber auch nicht. Es wäre ein ausserordentlich hoher Preis für das Unternehmen, das laut CH Media nur rund 10 Prozent eines Markts im Umfang von 400 Millionen beackert. Livesystems bespielt zum Beispiel im öffentlichen Verkehr und an Tankstellen Bildschirme mit Werbung.

Volles Risiko bei digitaler Identität

Die SwissID-App ist eine Dienstleistung der SwissSign Group, einem Joint Venture aus staatsnahen Betrieben, Finanzunternehmen, Versicherungsgesellschaften und Krankenkassen. 

Beim Kauf der Firma Swiss Sign ist der Fall komplex. Hier hat die Post das Aktienkapital zur Gänze übernommen, und zwar von insgesamt 19 Partnern. Mit ihnen wollte die Post die Swiss ID, einen digitalen Ausweis, voranbringen. Das Vorhaben wurde ausgebremst, weil das Volk kürzlich eine entsprechende Gesetzesgrundlage versenkte. Nun steigen die anderen Partner aus, und die Post übernimmt.

Bei der Gründung 2018 verfügte die Post über 17 Prozent der Firma. Die Einlage dazu betrug laut Handelsregistereintrag etwas über 4,45 Millionen Franken. Gleich viel hatten auch die SBB eingeschossen. Andere Partner wie Swisscom, SIX oder die Zürcher Kantonalbank haben weniger Geld auf den Tisch gelegt. Aber auch bei ihnen ging es um Millionen.

Nun gibt es zwei Szenarien: Entweder hat die Post die Anfangsinvestitionen der anderen übernommen und sie entsprechend ausbezahlt. Dann ist das, was als Einlage an die AG geleistet wurde, 26,2 Millionen wert. Oder aber die anderen Partner werden das Geld abschreiben, die Post müsste also nichts drauflegen. Die zweite Variante wäre finanziell auf den ersten Blick interessant.

Aber Swiss Sign ist ein unternehmerisches Risiko. Bisher hat die Lösung nicht abgehoben. Es heisst, die digitale ID habe 2 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Doch der grosse Teil stammt von der Post selbst. Und nicht einmal alle ehemaligen Partner der Post nutzen die Swiss ID. Es ist derzeit unklar, wie es mit dem Thema E-ID politisch weitergeht.

Wie viel Risiko bringt Softwarefirma Klara mit sich?

Bei der Buchhaltungssoftwarefirma Klara musste die Post im Geschäftsbericht 2020 Zahlen offenlegen. «Die Erwerbskosten für das im Jahr 2020 akquirierte Unternehmen betragen insgesamt 22 Millionen Franken», heisst es dort. Bei der Firma muss die Post kräftig investieren. So gaben die Verantwortlichen der Firma auf dem Branchenportal «Inside-Channel» bekannt, dass eine neue Finanzierungsrunde angestanden sei.

Das heisst übersetzt: Das Unternehmen brauchte frisches Kapital, um weiter zu bestehen. Das ist gelungen, indem die Post die Mehrheit der Firma übernommen hat und das Unternehmen eine Kapitalerhöhung durchführte. Der Firmenchef liess in einem Artikel 2018 auf dem Internetportal «Inside-IT» durchblicken, dass die Firma sechs Millionen im Jahr verbrennt.

Operationsbesteck und Cloud-Lösungen als Investitionen

Steriplus ist in der Aufbereitung von OP-Besteck tätig. Der Kauf dürfte zu Diskussionen führen.

Bei der Cloud-Lösung Tresorit und dem Zukauf von Steriplus liegen die Zahlen noch völlig im Dunkeln. Die Post lässt sich auch hier nicht in die Karten blicken. Mit der Mehrheitsbeteiligung an Steriplus will die Post im Gesundheitslogistikmarkt wachsen. Die Firma ist in der Aufbereitung von OP-Besteck tätig. Sie soll künftig für Operationen massgeschneiderte «Fallwagen» liefern, mit denen alle notwendigen OP-Utensilien direkt zur Verfügung stehen.

Gerade der Kauf von Steriplus dürfte wiederum zu Diskussionen führen. Diskussionen darüber, was denn der Auftrag der Post ist und wie weit sie in neue Geschäftsfelder investieren können soll.