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Seilers Grünzeug für Fleischesser
Das Steak unter den Salaten

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«Polarisierung» ist ein Wort, das ich erst seit ein paar Jahren kenne – vorher dachte ich, dass es dabei um Expeditionen zu den Extremitäten unserer Erde geht, à la Scott und Amundsen.

Ich scherze, klar. Tatsächlich hat der Begriff «Polarisierung» in den letzten Jahren eine so steile Karriere gemacht, dass sogar ich mich damit auseinandersetzen musste. Wenn die Überschrift über diese Kolumne «Das beste Fleischgericht meines Lebens» lautet, dann sind bereits die Ko-Referate der Veganerinnen und Veganer unterwegs zu mir, um mich darüber aufzuklären, dass unser Fleischkonsum zu hoch und für das Klima ein Problem sei – als ob ich das nicht wüsste.

Umgekehrt melden sich murrende Stimmen, wenn ich ein paar Wochen hintereinander nur über pflanzliche Lebensmittel schreibe. Die Stimmen verlangen, dass endlich wieder einmal Blut fliesst. Offenbar ist das Fliessen des Bluts ein so grundlegendes kulinarisches Bedürfnis, dass selbst die Hersteller von veganen Steaks dafür sorgen, dass diese beim Anbraten eine rote Flüssigkeit verlieren, meistens den Saft von Randen. Ich weiss gar nicht, wie ich das finden soll, wo ich doch kein Blut sehen kann …

Ich beginne mit diesem Exkurs, weil ich heute über einen fantastischen Salat schreibe, aber vermeiden möchte, dass alle Fleischesser sofort umblättern. Sie sollen sich an dieser Stelle ertappt fühlen und dafür mit einem geschmeidigen, reichhaltigen Gericht belohnt werden.

Die Grundlage meines Salats ist Rosie Healys Tonnato, eine befriedigend cremige Mischung aus Thunfisch, Sardellen, Kapern und noch ein paar Zutaten, gleich mehr. Rosie Healy betreibt das Restaurant Gloriosa in Glasgow und gilt als «Queen of Salads». Sie findet, dass Salate, die als Hauptgerichte infrage kommen, in der Regel zu kartoffel- oder pastalastig sind, was ich nur bestätigen kann. Und dieser Salat mit grillierten Zucchetti und Kichererbsen ist ein Hauptgericht (für 4 Personen).

Fangen wir mit dem Tonnato an, denn diese Sauce macht, so ehrlich möchte ich sein, mehr als den halben Spass aus. Wir brauchen dafür 100 g Thunfisch aus der Dose, 30 g Anchovis, 20 g Kapern (abgespült), ½ Knoblauchzehe, 1 Eigelb, Saft einer Zitrone, 20 ml Wasser und 10 ml Olivenöl.

Zubereitung: Alle Zutaten (ausser Wasser und Öl) im Mixer zu einer groben Sauce vermengen. Dann zuerst das Wasser dazugeben, weitermixen, anschliessend das Öl in mehreren Portionen dazugeben und solange mixen, bis eine dicke, glänzende Sauce entstanden ist. Gegebenenfalls mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.

Ich weiss, das weckt bei manchen Fantasien und das Bedürfnis nach Kalbfleisch (Vitello). Falls Sie gerade eine langsam gekochte Kalbsnuss zu Hause haben, nur zu: Schneiden Sie diese in dünne Scheiben, kombinieren Sie sie mit dem Tonnato, und warum sind Sie eigentlich immer noch da?

Für alle anderen sind das die Zutaten für unseren Spätspätsommersalat: 250 g Cherrytomaten, 3 Zucchetti, 150 g Kichererbsen (gekocht oder aus der Dose), 100 g Basilikumblätter, 1 Bio-Zitrone (Saft und Zesten). Extra dazu kommt dieser Oregano-Salmoriglio, ein ursprünglich sizilianischer Dip, der traditionell zu Schwertfisch, aber auch zu Fleisch- und Gemüsegerichten gereicht wird. Dafür brauchen wir 6 Zweige Oregano, ½ Knoblauchzehe, Saft einer Zitrone, 5 EL Olivenöl und 1 grosszügige Prise Chiliflocken.

Zubereitung: Die Tomaten halbieren und mit der Schnittfläche auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen. Mit Salzflocken und etwas Zucker bestreuen und im Ofen eine Stunde bei 120 Grad backen. Dann abkühlen lassen. Für den Salmoriglio zuerst die Oreganoblätter von den Zweigen pflücken, dann den Knoblauch mit ein bisschen Salz in den Mörser geben und zerstossen. Die Oreganoblätter in kleinen Portionen dazugeben und einarbeiten, bis eine grüne Paste entstanden ist. Dann Zitronensaft, Olivenöl und Chiliflocken dazugeben und zu einer Sauce verrühren (wenn man sich diese Arbeit antut, lohnt es sich auch, gleich mehr davon zu machen, denn die Sauce ist köstlich und universell einsetzbar, siehe oben).

Jetzt die Zucchetti der Länge nach in etwa 1 cm dicke Scheiben schneiden und diese hintereinander in einer Grillpfanne auf beiden Seiten anbraten, dann abkühlen lassen. Gemüse und Kichererbsen in eine Schüssel geben, mit dem Salmoriglio, etwas Salz und dem Basilikum vermengen, sodass alles gut mit Sauce überzogen ist. Das Tonnato dick auf die Teller auftragen, den Antipolarisierungssalat grosszügig darauf verteilen, Zitronensaft und -zeste darübergeben und noch etwas Salz: Fertig ist der Salat für die Mitte der Gesellschaft.