Milliarden-Absicherung des BundesCS-Giftschrank der UBS umfasst 40 Milliarden: Die Details des Garantie-Deals
Lange gab es nichts Schriftliches zur Absicherung für die UBS. Jetzt ist klar, wie viel die Bank dem Bund dafür zahlt und wie gross das Risiko für den Bund ist.

Knapp drei Monate nach dem dramatischen Wochenende, an dem die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ausgehandelt wurde, gibt es nun einen schriftlichen Garantievertrag des Bundes für die Übernahme. Die freisinnige Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat ihn am Freitag unterzeichnet.
Das geht aus Medienmitteilungen der Bank und des Bundes hervor. Auf Seite der UBS unterschrieben Compliance-Chef Markus Ronner und Rechtschefin Barbara Levi die Papiere. Bisher hatte nur eine mündliche Vereinbarung bestanden.
Der Vertrag beinhaltet, dass der Bund allfällige Verluste der UBS im Umfang von maximal 9 Milliarden Franken übernehmen würde. Dies für den Fall, dass sich bestimmte Wertpapiere in den Büchern der Credit Suisse für die UBS im Nachhinein als defizitäre Geschäfte erweisen sollten. Der Bund wird dabei erst zahlungspflichtig, nachdem die UBS erste Verluste im Umfang von 5 Milliarden selbst geschultert hat. Ab einem Minus von 14 Milliarden würde wieder die UBS haften.
Die UBS übernimmt die Credit Suisse offiziell am 12. Juni, also kommenden Montag, wie sie Anfang dieser Woche bekannt gegeben hat. Der Abschluss des Garantievertrags musste zwingend vor diesem sogenannten Closing zustande kommen, dies insbesondere auf Druck der US-Börsenaufsicht SEC. Deswegen arbeiteten Vertreter von Bund und Bank in den vergangenen Tagen an physischen und virtuellen Sitzungen mit Hochdruck an den letzten Details. Auch Bundesrätin Keller-Sutter nahm wiederholt an Sitzungen teil.
Riskante Positionen mit knapp 100 Jahren Laufzeit
Aus dem veröffentlichten Vertrag lassen sich interessante Details zum Zusammenschluss der beiden Grossbanken herauslesen. So ist nun klar, wie gross der oft als Giftschrank bezeichnete Teil des Credit-Suisse-Portfolios ist. Dabei geht es um verlustgefährdete Wertpapiere, die in den Büchern der Credit Suisse stehen und deren Wert die UBS nicht abschliessend einschätzen kann.
Sprich: Sie bringen für die UBS nicht abschätzbare Risiken mit sich. Um welche Anlagen es sich handelt, ist im Vertrag detailliert festgehalten, doch ist dieser Teil der Öffentlichkeit aus Wettbewerbsgründen nicht zugänglich.
Es geht dabei um Papiere, welche der grundsätzlichen Strategie der Credit Suisse widersprechen und die diese nach ihrer Neuausrichtung vergangenen Herbst sowieso hätte veräussern wollen. «Im Zentrum stehen Kredite, Derivate, nicht strategische und strukturierte Produkte aus dem Nicht-Kerngeschäft der Credit Suisse», schreibt der Bundesrat.

Das kritische Portfolio «umfasst etwa drei Prozent der gesamten Aktiven der fusionierten Bank», so der Bundesrat. Das entspricht einem Anlagevolumen von rund 40 Milliarden Franken.
Der Grund, warum der Bund dafür eine Verlustgarantie aussprechen musste, ist, dass die UBS vor der Übernahme nur kurz in die Bücher der CS schauen konnte. Dabei fielen ihr Positionen auf, deren Wert und Verlustpotenzial sie nicht abschätzen konnte. Bei den fraglichen Papieren geht es beispielsweise um spezielle Kredite oder Derivatkontrakte, die eine Laufzeit von fast 100 Jahren aufweisen.
Die sogenannte «Due Diligence» an jenem Wochenende entsprach höchstens dem Minimum, sagt eine mit dem Vorgang vertraute Person. Auch vor dem Hintergrund der damals schwelenden Kleinbankenkrise in den USA habe man auf Nummer sicher gehen wollen.
Die UBS darf den Vertrag jederzeit kündigen, würde dann aber auf die Garantieleistung des Bundes verzichten. Will sie das nicht, muss sie mindestens fünf Jahre warten: Danach kann sie ab dem Zeitpunkt, zu dem sie mehr als 80 Prozent der Wertpapiere im Giftschrank verkauft hat, die Verlustgarantie für diesen Teil geltend machen und den Vertrag aufkündigen. Das verbleibende Risiko müsste sie selbst tragen.
UBS zahlt dem Bund Millionen als Abgeltung für das Milliardenrisiko
Mit der Kommunikation vom Freitag hat der Bund weiter klargestellt, dass er vorerst keine allfälligen Verluste der UBS aus dem Giftschrank übernehmen wird, die über 14 Milliarden hinausgehen. «Hierzu bedarf es einer gesetzlichen Grundlage sowie der Zustimmung des Parlaments zu einem entsprechenden Verpflichtungskredit», heisst es.
Der Bund hält es für unwahrscheinlich, dass der UBS aus den fraglichen Wertschriften so hohe Verluste entstehen werden, damit dies zum Thema würde. Die UBS sieht das ähnlich.
Nachdem die Credit Suisse Ende Mai bereits die Liquiditätshilfen über 100 Milliarden Franken zurückbezahlt hat, scheint damit klar, dass der maximale direkte Verlust des Bundes in dieser Angelegenheit weniger als 9 Milliarden Franken betragen wird.
Der Bund erhält von der UBS nämlich auch Geld für sein Engagement. So zahlt die Bank Ende Juli eine einmalige Vertragsabschlussgebühr von 40 Millionen Franken. Dazu kommt eine jährliche Aufrechterhaltungsgebühr von 36 Millionen Franken, die unter anderem die Kosten des Bundes für externe Berater decken soll. Die UBS ist auch verpflichtet, alle weiteren Beratungskosten des Bundes und der Finanzmarktaufsicht zu übernehmen, «soweit sie nicht durch Garantiegebühren abgedeckt sind», so der Bund.
Der potenziell grösste Kostenblock für die UBS besteht aber aus der sogenannten Risikoprämie: Diese wird ab dem Zeitpunkt fällig, ab der die Verluste aus den CS-Papieren die Schwelle von 3 Milliarden überschritten haben. Sie beträgt zwischen 0 und 4 Prozent der 9 Milliarden, also maximal 360 Millionen Franken, und würde jährlich anfallen. Die genaue Höhe hängt davon ab, wie hoch die bereits realisierten und noch zu erwartenden Verluste der UBS ausfallen.
UBS muss dem Bund quartalsweise Bericht erstatten
In anderen Worten heisst das: Je tiefer die möglichen Verluste aus den CS-Wertpapierbeständen, desto tiefer werden auch die Gebühren, welche die UBS für die Garantie bezahlen muss. Diesen Mechanismus hat der Bund eingebaut, um Anreize für die UBS zu schaffen, möglichst tiefe Verluste bei der Verwertung der Investitionen zu erzielen. Damit würde die öffentliche Hand weniger belastet.
Mit dem gleichen Ziel hat der Bund die UBS zu Anreizen für die zuständigen Mitarbeitenden verpflichtet, die Positionen mit möglichst wenig Verlust zu verwerten.
Generell spielt die Möglichkeit, selbst Geld einzunehmen, für den Bund bei der Unterstützung der Bankenübernahme eine untergeordnete Rolle. Gebühren sollen ihn vielmehr für seinen Aufwand entschädigen und eine Lenkungswirkung erzielen.
Ähnlich wurden während der Pandemie die Verträge zur Unterstützung der Fluggesellschaft Swiss und dem Flugtechnik-Unternehmen SR Technics ausgestaltet. Auch die Unterstützung des Energiekonzerns Axpo folgten einer solchen Logik. Das übergeordnete Ziel solcher Unterstützungsmassnahmen ist jeweils, die Volkswirtschaft vor grösseren Schäden zu bewahren.

Bei der UBS macht sich nun Beatriz Martin daran, diese Wertpapierbestände abzubauen. Die spanische Bankerin ist bei der Grossbank für die Abwicklungseinheit zuständig und sitzt in der Geschäftsleitung. Sie kam vor mehr als zehn Jahren zur UBS. Damals ging es um die Aufarbeitung der Folgen der Finanzkrise und des Skandals um den UBS-Trader Kweku Adoboli. Er bescherte der UBS einen Verlust von 2 Milliarden Franken.
Die UBS muss dem Bund quartalsweise Bericht zu den betreffenden Wertpapierbeständen erstatten. Doch hat sich der Bund das Recht vorbehalten, auch ad-hoc Zugriff auf gewisse Informationen verlangen zu dürfen. Je höher die Verluste der UBS ausfallen, desto eher darf der Bund ausserdem mitreden bei der Strategie, wie die Bank die kritischen Anlagen verwertet.
Das oberste Ziel des Bundes sei es, so schreibt er in einer Mitteilung, die finanziellen und juristischen Risiken für den die Steuerzahlenden möglichst klein zu halten.
*In einer ursprünglichen Fassung hiess es, die fraglichen Papiere hätten einen Wert von 30 bis 40 Milliarden Franken. Es dürften rund 40 Milliarden Franken sein.
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