«Bilanz»-RanglisteBei den Reichsten der Schweiz gibt es eine neue Nummer 1
Die diesjährige Liste des Magazins «Bilanz» bietet Überraschungen: Die Ikea-Erben sind nicht länger die reichsten Schweizer.
Die meisten der Superreichen würde kaum jemand auf der Strasse erkennen. Fotos von ihnen gibt es höchst selten, den Glamour auf roten Teppichen meiden sie. Das Magazin «Bilanz» liefert jedoch jedes Jahr ihre Rangliste und Gesichter. Nach 21 Jahren mit der Ikea-Familie auf Platz eins hat es 2023 jemand anderes an die Spitze der «300 Reichsten der Schweiz» geschafft. Hier folgen die Top Ten – die meisten von ihnen sind Erben – und einige bemerkenswerte Fälle, wie etwa der UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher, der die Übernahme der Credit Suisse einfädelte.
Gérard Wertheimer
Er ist einer der beiden Erben des Modehauses Chanel und der 71-Jährige wohnt im Kanton Genf. Mit von der «Bilanz» geschätzten 41 bis 42 Milliarden Franken ist Gérard Wertheimer dieses Jahr von Platz zwei auf Platz eins aufgestiegen. Sein Vermögen nahm in Jahresfrist um 3 Milliarden zu, denn die Luxusgüterbranche boomt.
Familien Hoffmann, Oeri und Duschmalé
Die Roche-Erben sind zusammen 26 bis 27 Milliarden Franken reich. Da der grösste Teil aus Aktien des Basler Pharmakonzerns besteht, schwankt das Vermögens mit dessen Börsenkurs. Dieses Jahr fiel es um rund 4 Milliarden Franken. Maja Hoffmann, die nächstes Jahr die Leitung des Filmfestivals in Locarno übernehmen wird, brauchte offenbar mehr Barmittel, als sie durch die jährliche Dividende erhält: Sie verkaufte im Frühjahr 2,7 Millionen Aktien und erhielt dafür 800 Millionen Franken.
Klaus-Michael Kühne
Der 86-jährige Logistikunternehmer profitierte vom Anstieg der Kühne + Nagel-Aktien: Sein Vermögen legte um eine Milliarde auf 24 bis 25 Milliarden Franken zu. Diesen Sommer ist die Aktie im Schweizer Leitindex SMI aufgenommen worden. Zudem wollte er dieses Jahr beim Hamburger Hafen einsteigen, die Reederei MSC der Familie Aponte (Platz 5 der reichsten Schweizer) kam ihm jedoch zuvor.
Familie Safra
Die libanesisch-brasilianische Familie übernahm 2011 die Bank Sarasin, ihr gehört jedoch auch die Hälfte des Bananenplantagenbesitzers und -händlers Chiquita, dessen wichtigste Büros 2019 von den USA in der Schweiz angesiedelt wurden. Das Vermögen der Familie: wie im Vorjahr 22 bis 23 Milliarden Franken.
Familie Aponte
Gianluigi Aponte und seine Familie kontrollieren vom Hauptquartier in Genf aus rund 700 Frachter der Reederei MSC. Es ist die grösste Containerschiff-Flotte der Welt. Nach zwei Boomjahren gingen im letzten Jahr die Frachtkosten zurück. Die Familie ist äusserst diskret und gibt über ihre Vermögen nichts bekannt. Die «Bilanz» schätzt es derzeit auf 18 bis 19 Milliarden Franken. Doch gemäss der führenden Bewertungsgesellschaft Vessels-Value war im Juni 2022 allein die Flotte des Unternehmens – also Frachter, Kreuzfahrtschiffe und Fähren – 42,6 Milliarden Dollar wert, wie eine Recherche der «SonntagsZeitung» zeigte. Damit liegt die Familie nicht nur an der Spitze der Schweizer Reichsten-Liste, sondern ist fast so wohlhabend wie Microsoft-Gründer Bill Gates.
Familie Bertarelli
Der Verkauf des Biotech-Unternehmens Serono an den deutschen Pharmakonzern Merck brachte der Familie Bertarelli im Jahr 2006 umgerechnet 16 Milliarden Franken ein. Genauso hoch schätzt die «Bilanz» das derzeitige Vermögen. Eine Vielzahl von Investitionen in Immobilien oder etwa ein von Nestlé abgekauftes Medikament gegen Erdnussallergie zahlten sich demnach kaum aus.
Andrei Melnitschenko
Auch auf der Reichsten-Liste ist Andrei Melnitschenko. Er ist gebürtiger Weissrusse, und ihm wird eine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt, weshalb er auf der Sanktionsliste der EU und der Schweiz steht. Sein Wohnsitz ist in St. Moritz, und die von ihm gegründete Eurochem sitzt in Zug. Sie ist der grösste Düngemittelproduzent der Welt mit einem zuletzt genannten Umsatz von 10 Milliarden Dollar. Der Trust, in dem die Aktien von Eurochem liegen, überschrieb er seiner Frau Aleksandra, wie diese Redaktion bekannt gemacht hatte. Inzwischen steht auch sie auf der Sanktionsliste. Nichtsdestotrotz: Die «Bilanz» schätzt das Vermögen auf 16 Milliarden Dollar und rechnet es Andrei Melnitschenko alleine zu.
Familie Jorge Lemann
Der Brasilien-Schweizer Jorge Lemann hält nicht nur Anteile an der Muttergesellschaft von Burger King oder dem Ketchup-Hersteller Kraft Heinz. Sondern auch am brasilianischen Handelskonzern Americanas, bei dem Anfang Jahr eine Bilanzfälschung in Höhe von rund vier Milliarden Dollar aufflog. Die Familie bewahrte den Händler mit Milliarden-Geldspritzen vor dem Konkurs. Ihr Vermögen liegt mit 15 bis 16 Milliarden Franken laut Schätzung knapp unter dem Vorjahr.
Familie Blocher
Allein die Dividenden von Ems-Chemie der letzten fünf Jahre brachte den Schwestern Magdalena Martullo-Blocher und Miriam Baumann-Blocher vor Steuern rund 1,6 Milliarden Franken, wie die «Bilanz» ausrechnet. Für 2022 waren es knapp 330 Millionen und damit mehr als das Jahresgehalt, das sie an die Ems-Mitarbeitenden auszahlten. Der Aktienanteil der Schwestern an der Chemiefirma ist gut zehn Milliarden wert. Insgesamt wird das Vermögen der Blochers – inklusive der Dottikon ES von Markus Blocher – auf 14 bis 15 Milliarden Franken geschätzt.
Gebrüder Kamprad
Peter, Jonas und Mathias Kamprad sind die Söhne des Ikea-Gründers Ingvar Kamprad. Die Familie stand 21 Jahre auf Platz eins der Reichsten-Liste. Ihr Vermögen wird nun jedoch nicht mehr auf 54 bis 55 Milliarden Franken taxiert, sondern noch auf 13 bis 14 Milliarden. Der Grund: Der Hauptteil ist in einer Stiftung untergebracht, auf die die Familie keinen Zugriff hat – wie nun in der Satzung steht. Die Ingka-Stiftung ist in den Niederlanden angesiedelt und finanziert wiederum die Ikea-Stiftung, die sich «karitativen Projekten» wie der Förderung von Solarenergie in Indien verschrieben hat.
Charlene de Carvalho-Heineken
Sie ist nach wie vor die reichste Frau der Schweiz. Charlene de Carvalho-Heinekens Vermögen sank jedoch um eine Milliarde auf 12 bis 13 Milliarden Franken. Die Heineken-Aktien stehen unter Druck, denn der Bier-Absatz ging zurück.
Anja Graf
Im Alter von 21 Jahren kaufte sie mithilfe eines Erbvorbezugs ihrer Eltern das erste Haus in Zürich. Heute wird ihr Vermögen auf 500 bis 600 Millionen Franken geschätzt. Die Immobilienfirma Visionapartments vermietet 2500 Businesswohnungen, davon über 1000 in der Region Zürich. Die erste von ihr gekaufte Wohnung kostete 1,9 Millionen Franken. «Heute würde das Haus mindestens 15 Millionen kosten, ohne jeglichen Umbau», sagte sie dieses Jahr im Interview der «SonntagsZeitung».
UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher
Der Ire kam im April 2022 in die Schweiz, um bei der UBS die Präsidentschaft zu übernehmen. Knapp ein Jahr später führte er für die UBS die Verhandlungen für die Notübernahme der Credit Suisse. Sein privates Vermögen wird auf 150 bis 200 Millionen Franken geschätzt. Dies geht auf seine Zeit in der Konzernleitung bei der US-Bank Morgan Stanley zurück, wo er insgesamt rund 200 Millionen Dollar bezog. Bei der UBS kommen jährlich 6 Millionen Franken dazu.
UBS-Chef Sergio Ermotti
Das Vermögen des neuen, alten UBS-Chefs Sergio Ermotti schätzt die «Bilanz» mit 150 bis 200 Millionen auf dem gleichen Niveau wie das von Colm Kelleher.
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