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Porträt über Klaus-Michael Kühne
Der reichste Einwohner der Schweiz steigt in den Aktien-Olymp auf

Mit 86 Jahren noch immer fast täglich im Büro anzutreffen: Klaus-Michael Kühne.
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Einer profitiert in besonderem Mass vom Ende der Credit Suisse als eigenständiges Unternehmen: Klaus-Michael Kühne, Mehrheitsaktionär des Schwyzer Logistikunternehmens Kühne + Nagel. Am Dienstag steigt sein Unternehmen in den Schweizer Aktien-Leitindex, den SMI, auf. Es ersetzt dort die Aktie der ehemaligen Grossbank, die am Montag zum letzten Mal an der Börse gehandelt wird.

Seit kurzem gilt Kühne mit einem geschätzten Vermögen von 36 Milliarden Franken als reichster Einwohner der Schweiz. Er profitierte wie kaum ein zweiter vom Logistikboom als Folge der Pandemie.

Nun könnte ihn der Aufstieg in die höchste Börsenliga noch reicher machen. Denn Fondsanbieter und Pensionskassen, die den SMI abbilden, müssen die Aktie von Kühne + Nagel kaufen, um sie ihren Kunden ins Portfolio zu legen. Üblicherweise stützt darum ein Indexaufstieg den Preis einer Aktie.

Für Kühne, der am 2. Juni seinen 86. Geburtstag feierte, ist die Aufnahme seines Unternehmens so etwas wie die Krönung seines Lebenswerks. Der gebürtige Hamburger stieg 1958 als 21-Jähriger nach einer zweijährigen Ausbildung zum Bank- und Handelskaufmann in das familieneigene Speditionsunternehmen ein.

Gegründet hatte es sein Grossvater in Bremen. Später verlagerte Kühne + Nagel den Hauptsitz nach Hamburg. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten spielte Kühne + Nagel eine Schlüsselrolle beim Abtransport von Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen deportierter Juden im besetzten Westeuropa.

Erstmals überhaupt stellte sich Klaus-Michael Kühne vor eineinhalb Jahren in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» Fragen zu diesem unrühmlichen Kapitel in der Firmengeschichte. Wichtig sei, die Lehren aus den damaligen Vorkommnissen zu ziehen. «Ich fühle mich verantwortlich für meine Vorfahren, für meinen Vater speziell.»

Er machte aus der Firma eine weltumspannende Organisation

Dieser hatte nach dem Zweiten Weltkrieg die Idee, aus dem noch ziemlich überschaubaren Unternehmen eine weltumspannende Organisation zu schaffen. Doch so richtig konsequent setzte erst Klaus-Michael Kühne dieses Ziel um – durch jahrzehntelange beharrliche Arbeit.

Im Alter von nur 26 Jahren wurde er 1963 persönlich haftender Gesellschafter und Teilhaber. Angeblich aus Angst vor der sozialdemokratischen Politik von Willy Brandt – oder wohl eher aus steuerlichen Gründen – verlegte sein Vater sechs Jahre später das Geschäft von Hamburg in die Schweiz. Seither hat Kühne + Nagel den Hauptsitz in Schindellegi im Kanton Schwyz. Kühne und seine Frau Christine wohnen im gleichen Dorf.

«Die dritte Generation ist die letzte in der Familie. Als Familienunternehmer finde ich es schade, dass ich das Unternehmen persönlich nicht vererben kann.»

Klaus-Michael Kühne

Heute ist Kühne + Nagel ein Riese, der in mehr als hundert Ländern tätig ist. Das Unternehmen ist die weltweite Nummer eins in der Seefracht und die Nummer zwei in der Luftfracht. Es beschäftigt 80’300 Mitarbeitende und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 43 Milliarden Franken.

Da die Ehe von Klaus-Michael und Christine Kühne kinderlos geblieben ist, wird nach seinem Tod seine Stiftung das Vermögen tragen, das in einer Privatholding gebündelt ist. Dass er keine eigenen Kinder habe, sei «natürlich traurig», sagte Kühne im Interview mit der SonntagsZeitung. «Die dritte Generation ist die letzte in der Familie. Als Familienunternehmer finde ich es schade, dass ich das Unternehmen persönlich nicht vererben kann.»

Er geisselt den «Etikettenschwindel» der Swiss

Doch mittlerweile geht es um weit mehr als einzig um Kühne + Nagel. Denn Kühne ist in den vergangenen zwei Jahren schrittweise zum grössten Aktionär der Lufthansa-Gruppe aufgestiegen. Und er ist der grösste Aktionär der Reederei Hapag-Lloyd.

Bei der Lufthansa-Gruppe muss man sich auf einen kritischen Hauptaktionär gefasst machen. Kürzlich liess Kühne kein gutes Haar an der Swiss. Ihm falle neuerdings auf, dass die Schweizer Lufthansa-Tochtergesellschaft auf einigen Strecken des Öfteren mit Flugzeugen anderer Gesellschaften fliege, sagte er. «Das empfinde ich als Etikettenschwindel und nicht akzeptabel, denn ich bevorzuge das Original», donnerte Kühne.

Harte Worte, die Folgen haben dürften. Denn am 9. Mai wurde Kühnes Statthalter Karl Gernandt an der Hauptversammlung der Lufthansa-Gruppe in den Aufsichtsrat gewählt. Und der stellte sich als künftiger «aktiver Aufsichtsrat» vor. Eine Machtprobe ist absehbar.

Kritik an seinem Auftritt als Mäzen

Noch immer ist Kühne fast täglich im Büro anzutreffen. Seinen Computer hat er immer bei sich – egal, ob er sich in Schindellegi, Hamburg oder in seinem Haus auf Mallorca aufhält oder gerade an einem Flughafen oder in der Bahn sitzt. Er könne das Arbeiten nicht lassen, sagte er.

Über seine Stiftung ist Kühne auch gemeinnützig tätig. Vor allem in Hamburg tut er sich als Mäzen hervor. Unter anderem unterstützt er den Hamburger SV, die Kühne Logistics University und die Elbphilharmonie.

Das hat ihm nicht immer nur lobende Worte, sondern auch Kritik eingebracht. Denn nicht alle finden es toll, dass er in seiner Heimatstadt als Wohltäter auftritt, aber seinen Wohnsitz und sein Unternehmen in den Tiefststeuerkanton Schwyz verlagert hatte. Er selbst begründete sein Engagement in Hamburg als möglichen Ausgleich für entgangene Steuereinnahmen.

Nun fehlt ihm nur noch ein Aufstieg

Kühne ist nicht bekannt dafür, Geld in Unternehmen zu parkieren und dann stillzuhalten. Das zeigte er bereits, als er sich beim deutschen Fussballclub Hamburger SV als Grossaktionär einkaufte. Wiederholte mischte er sich in sportliche Belange ein.

Eine Finanzspritze in Höhe von 120 Millionen Euro knüpfte er an die Bedingung, mehr Mitspracherechte zu erhalten. Zunächst wies die Vereinsleitung das Angebot zurück. Unlängst schien aber doch noch Bewegung in die Sache zu kommen – zu fest ist der hochverschuldete Club auf Kühnes Geld angewiesen.

Der Aufstieg von Kühne + Nagel in die höchste Liga der Schweizer Börse ist dem Patron schon mal gelungen. Nun fehlt nur noch, dass der Hamburger SV dem Vorbild aus Schindellegi folgt. Unlängst verpasste Kühnes Club, der vor fünf Jahren in die zweite deutsche Bundesliga abgestiegen war, im allerletzten Spiel der Saison zum wiederholten Mal den Wiederaufstieg.