Folgen des Datenlecks für die CSBehörden schalten sich ein, Credit-Suisse-Aktie sackt ab
Die Grossbank muss nun Fragen zur Datensicherheit beantworten: Berater von EY helfen bei der Suche nach dem Ursprung des Lecks, und auch die Finma und die Justiz schalten sich ein.

Bei den Enthüllungen der Suisse Secrets zur Credit Suisse stehen bislang Vorwürfe im Fokus, dass die Grossbank bis weit ins vergangene Jahrzehnt mit Kriminellen, Autokraten und Folterknechten geschäftete. Nicht minder schwer scheint der Fakt, dass der zweitgrössten Bank der Schweiz unbemerkt Tausende Kundendaten abhandengekommen sind.
Ein Tippgeber hat dem Recherchenetzwerk 18’000 Kontendaten übergeben, die von den 1940er-Jahren bis ins Jahr 2016 reichen. Die Konten sind rund 30’000 Inhabern zuzuordnen.
Wer hatte Zugang zu den Daten?
Seit rund drei Wochen weiss die Credit Suisse von dem Leck. Bis jetzt hat sie keine Erkenntnisse dazu, wie die Daten abgeflossen sind. Offiziell gibt sich die Bank nicht einmal davon überzeugt, ob es tatsächlich ein Leck gegeben hat, denn in ihrem Statement spricht die CS von einem «mutmasslichen» Leck, nach dem nun gefahndet werde. «Die Bank nimmt dies sehr ernst und wird ihre Untersuchungen mithilfe einer internen Taskforce, die auch externe Fachleute umfasst, fortsetzen», heisst es da. Wie es aus dem Umfeld der Bank heisst, helfen Experten des Beratungsunternehmens EY bei der Suche.
Die schiere Grösse des Datensatzes lässt den Schluss zu, dass nur wenige Personen Zugang zu diesen Informationen hatten. Am Finanzplatz ist die Vermutung zu hören, dass es ein Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung sein könnte. Da ein grosser Teil der nun publik gewordenen Kundenbeziehungen bereits geschlossen waren oder gerade im Prozess der Abwicklung sind, scheint es sich hierbei um einen älteren Datensatz zu handeln.
Fragen der Finma
Bis dato ist nicht bekannt, dass beim Datenleck auch Informationen zu Schweizer Kundinnen und Kunden nach aussen drangen. Die veröffentlichte Liste der CS-Kunden enthält primär Namen aus Osteuropa, Nahost, Südamerika und aus Afrika, nicht aber aus den USA oder Westeuropa.
Das Datenleck und die Frage, ob die Grossbank weiterhin Mängel bei der Geldwäschebekämpfung hat, beschäftigen nun die Aufsicht. Ein Sprecher der Finma bestätigt, in dem Fall in Kontakt mit der Credit Suisse zu stehen. Wegen des Lecks steht die Frage im Raum, ob die Grossbank organisatorische Mängel beim Datenschutz hat. Denn laut dem Prinzip «need to know» sollen gerade heikle Kundendaten nur denjenigen zur Verfügung stehen, die diese für ihre Arbeit brauchen.
Die Aufsicht wird sich zudem auch die Frage stellen, ob die Credit Suisse im Umgang mit heiklen Kunden wie Politikern oder hochrangigen Staatsangestellten weiterhin Mängel bei der Sorgfaltspflicht hat. Erst im Jahr 2018 hatte die Aufsicht in zwei Verfahren Credit Suisse schwere Mängel im Kampf gegen Geldwäsche attestiert. Im Verfahren rund um den internationalen Fussballverband Fifa, den brasilianischen Ölkonzern Petrobras sowie den venezolanischen Ölkonzern PDVSA hatte die Finma damals unter anderem gerügt, dass die Grossbank nicht immer eine Plausibilitätsprüfung gemacht habe, sprich nachgeforscht habe, ob es sein könne, dass zum Beispiel ein Staatsangestellter Millionen anlegen wolle.
Da das Datenleck nicht bis in die heutige Zeit hineinreicht, ist bis dato nicht klar, ob die Credit Suisse auch nach Abschluss des letzten Enforcement-Verfahrens 2018 das Risiko von Geldwäsche immer noch zu lasch handhabt, was die Grossbank mit Nachdruck bestreitet, und die nun publik gemachten Fälle als «historisch» qualifiziert.
Rechtshilfegesuch aus Deutschland
Der Fall beschäftigt zudem die Justiz. So bestätigt die Bundesanwaltschaft den Eingang eines Rechtshilfeersuchens von der Staatsanwaltschaft München von «Mitte Februar». Hierbei geht es um CS-Konti des ehemaligen Siemens-Managers Eduard Seidel. 2008 wurde er wegen Bestechung zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt. Dass der Siemens-Mann offenbar gleichzeitig seine eigenen Konten bei der Credit Suisse füllte, war jedoch bisher unbekannt. Im Frühjahr 2006 lagen den Recherchen zufolge auf einem seiner Konten 54,5 Millionen Franken. Für den Ursprung dieses Vermögens interessiert sich nun die deutsche Justiz.
Unklar ist dagegen, ob die Schweizer Justiz wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses aktiv geworden ist. Die Staatsanwaltschaft Zürich erklärte lediglich, dass sie die «Medienberichterstattung im Zusammenhang mit den Suisse Secrets beobachtet».
Anleger schritten dagegen zur Tat und trennten sich von der Credit-Suisse-Aktie, die mit fast drei Prozent stärker verlor als andere Bankenwerte wie die UBS. «Für die Reputation ist das ein weiterer Rückschlag», kommentierte Andreas Venditti, Bankanalyst bei Vontobel. Er sieht aber durch die neuen Enthüllungen kein grundlegendes Problem auf die CS zukommen. «Es scheinen viele Fälle aus der Vergangenheit zu sein.»
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