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Grossbank im Sturm
Riesiges Datenleck bei der Credit Suisse

Eingang zum Hauptsitz der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz. Tausende Kontodaten landeten nun bei ausländischen Journalisten. 
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Darum geht es im Credit-Suisse-Datenleck

Eine anonyme Quelle übergab der «Süddeutschen Zeitung» offenbar geheime Daten zu mehr als 18’000 Konten von über 30’000 Kunden der Credit Suisse. Die Informationen sollen den Zeitraum von den 1940er-Jahren bis «weit ins vergangene Jahrzehnt» abdecken. Zwei Drittel der Konten seien erst nach dem Jahr 2000 eröffnet worden. Insgesamt sollen mehr als 100 Milliarden Franken darauf gelegen haben. Seit Sonntagabend berichtet ein Journalistenkollektiv unter dem Schlagwort «Suisse Secrets» darüber. Dazu gehören unter anderem die «New York Times», der «Guardian» in London und «Le Monde» in Paris.

Was zeigen die Daten?

Gemäss der Berichterstattung hatten die Credit Suisse oder von ihr später übernommene Banken eine Reihe von heiklen Kunden. Laut der «Süddeutschen Zeitung» sind «brutale Machthaber, korrupte Politiker, Kriegsverbrecher und andere Kriminelle» aus aller Welt darunter. Namentlich genannt werden auch mehrere Staatschefs und Monarchen, wie der amtierende jordanische König Abdullah II, der 2021 verstorbene algerische Autokrat Abdelaziz Bouteflika oder der armenische Ex-Präsident Armen Sarkissian. Der frühere jordanische Premier Samir Rifai soll selbst dann noch ein CS-Konto eröffnet haben, als er nach Korruptionsvorwürfen bereits des Amtes enthoben worden war. Abdullah und Rifai versicherten gegenüber der SZ, dass es sich um legale Gelder handle. CS-Kunden waren angeblich auch Venezolaner, die in den USA wegen Korruption und Geldwäscherei verurteilt wurden. Weiter ein Dutzend ehemalige Geheimdienstchefs und ihre Familien. Den Männern werden teilweise Folterungen und andere gravierende Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Wie gelangten die Daten zum Journalistenkollektiv?

Laut Darstellung der «Süddeutschen Zeitung» stammen die Daten von einer anonymen Quelle. Sie seien vor mehr als einem Jahr in ihrem anonymen Briefkasten für Whistleblower deponiert und seither eingehend auf ihre Echtheit geprüft worden.

Was sagt die Credit Suisse zu den Enthüllungen? 

Die CS erklärte der «Süddeutschen Zeitung», sie habe in den vergangenen Jahren umfassende Reformen umgesetzt. Die Bank halte «bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit die geltenden globalen und lokalen Gesetze und Bestimmungen ein». In den letzten Jahren habe die Bank «eine Reihe bedeutender Massnahmen in Einklang mit Finanzreformen in der Schweiz umgesetzt, einschliesslich umfassender Investitionen speziell im Bereich Compliance und zur Bekämpfung von Finanzkriminalität». Zu einzelnen Kunden nahm die CS mit Verweis auf eine «strikte Vertraulichkeits- und Sorgfaltspflicht» keine Stellung. Generell erklärte die CS, die Sachverhalte seien überwiegend «historisch». 90 Prozent der von der «Süddeutschen» genannten Konten seien inzwischen geschlossen oder hätten sich schon vor der Anfrage im Prozess der Schliessung befunden. Die «Suisse Secrets»-Berichterstattung sei «eine konzentrierte Aktion mit der Absicht, den Schweizer Finanzplatz in Verruf zu bringen». Weiter antwortet die Bank, dass bei den laut der Berichterstattung noch aktiven Konten angemessene Sorgfaltsprüfungen und andere Kontrollmassnahmen durchgeführt worden seien. Den Vorwurf eines angeblichen Lecks nehme man sehr  ernst, so die Credit Suisse: «Wir werden unsere Untersuchungen mit einer internen Taskforce einschliesslich externer Spezialisten fortsetzen. Wir verfügen über robuste Kontrollen zum Datenschutz und zur Datenleckprävention, um unsere Kunden zu schützen.»

Was bedeuten die Enthüllungen für die Credit Suisse?

Die CS taumelt schon seit Jahren von Skandal zu Skandal und musste erst vor kurzem wegen missglückter Hochrisiko-Geschäfte Milliarden abschreiben. Bank-Präsident Antonio Horta-Osório trat letzten Januar nach weniger als einem Jahr im Amt schon wieder zurück, nachdem er wiederholt gegen Corona-Quarantäneregeln verstossen hatte. Die Enthüllungen beschädigen das Image der zweitgrössten Schweizer Bank nun weiter. Einerseits, weil sie neue Zweifel aufwerfen, wie ernst die CS es mit der Abwehr von schmutzigen Geldern nimmt. Andererseits könnten Kunden das Vertrauen verlieren, sollten tatsächlich geheimste Informationen aus dem Bankinneren nach aussen gelangt sein.

Warum führt der Fall zu weltweiter Kritik an der Pressefreiheit in der Schweiz?

Anders als bei früheren internationalen Recherchen konnte der Recherchedesk von Tamedia sich dieses Mal nicht an den Recherchen beteiligen. Ein 2015 geschaffener Gesetzesartikel verunmöglicht es Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz, mit geheimen Bankdaten zu arbeiten – selbst wenn an deren Veröffentlichung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Artikel 47 des Bankengesetzes hält fest, dass mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden kann, wer Informationen über Bankkunden «weiteren Personen offenbart». Diese Einschränkung der Pressefreiheit wird nun international heftig kritisiert. (Siehe auch Kommentar dazu hier.)