Kolumne «Miniatur des Alltags»Auf der Pirsch nach dem Vögeli
Im Küsnachter Tobel lassen sich nicht nur Wasseramseln, sondern auch Wasseramselbeobachter beobachten.
Sie tauchen, hüpfen auf den Steinen im Dorfbach umher und balancieren gekonnt an den Kanten der Wasserfälle: Momentan sind die Wasseramseln im Küsnachter Tobel äusserst aktiv. Und mit ihnen die Wasseramselgucker, wie ich sie nenne.
Diese tauchen zwar nicht, aber manchmal hüpfen sie ebenfalls über Steine. Sie pirschen sich an ihr Objekt der Begierde heran und liegen gespannt beobachtend auf dem feuchten Waldboden. Es ist eine spezielle Gattung Mensch, die sich dem Ablichten des kleinen Vögeli mit dem auffälligen weissen Brustfleck verschrieben hat. Meist sind sie männlich, oft bärtig und fast immer in Grün gekleidet. Um den Hals hängen Kameras, die längen- und grössenmässig an Betonrohre auf einer Baustelle erinnern. Ob es sich um reine Hobbyornithologen oder professionelle Zoologen handelt, lässt sich nicht zweifelsfrei sagen.
Zu beobachten ist diese Spezies Mensch oft am Wochenende, und manche werfen einem einen strafenden Blick zu, wenn man einfach gemütlich unbedarft und dann auch noch mit Hund durchs Tobel an ihnen vorbeispaziert. Wenn sie dann aber Stellung vor einem Wasserfall bezogen haben, juckt es mich manchmal, zu sagen, dass sie es lieber ein paar Schwellen weiter oben oder unten probieren sollten.
Denn da mein Hund die Wasseramseln ignoriert und Letztere sich auch nicht im Geringsten stören lassen, weiss ich ganz gut, wo die jeweiligen Pärchen beheimatet sind. Und auch wenn die Wasseramselgucker teilweise etwas kurios anmuten, ist es schön, dass sich Menschen mit so viel Leidenschaft einem kleinen Vogel widmen. Noch schöner ist es, dass sich die Wasseramseln jetzt zur Brutzeit derart wohlfühlen im Küsnachter Tobel, dass man sie so gut beobachten kann.
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