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Angriff auf den Iran
Israel dankt USA für «enge Abstimmung und Unterstützung»

TOPSHOT - This screen grab taken from a handout video released by the Israeli government press office shows Prime Minister Benjamin Netanyahu attending a meeting in the command center of the defense ministry in Tel Aviv on October 24, 2024, as Israel conducts what it says are "precise strikes" on military targets in Iran. Israel announced the launch of "precise strikes" on military targets in Iran on October 26, in retaliation for attacks against it, as Iranian state media reported several explosions around the capital. (Photo by GPO / AFP) / === RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / Handout / Government Press Office' - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS ==
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In Kürze:
  • Israel hat im Iran 20 militärische Ziele angegriffen.
  • Dem israelischen Premier Netanyahu zufolge soll der Angriff die Verteidigungsfähigkeit des Iran stark beeinträchtigt haben.
  • US-Präsident Biden hatte Angriffe auf Irans Atomanlagen und die Ölproduktion untersagt.
  • Netanyahu kündigte weitere Vergeltungsschläge an, sollte Israel weiter angegriffen werden.

In seinem aktuellen Buch, das wie üblich kurz vor der US-Präsidentschaftswahl erschienen ist, berichtet Starreporter Bob Woodward über die vielen Gespräche zwischen Joe Biden und Israels Premier Benjamin Netanyahu. Direkt nach dem Überfall der Hamas auf Israel, bei dem die Terroristen am 7. Oktober 2023 fast 1100 Israelis und 71 Ausländer ermordeten und 250 Geiseln verschleppten, erklärte Netanyahu dem US-Präsidenten, wieso er eine harte Reaktion anordnen müsse: «Diese Kerle glauben, wir sind schwach. Und wenn du im Nahen Osten schwach bist, bist du geliefert.»

Der gleichen Überzeugung folgte Netanyahu, als er direkt nach dem Angriff des Iran auf Israel mit etwa 180 Raketen am 1. Oktober Vergeltung ankündigte. Die ist nun erfolgt: Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht auf Samstag 20 militärische Ziele im Iran an. Dazwischen lagen knapp vier Wochen, in denen sich zwischen Washington und Jerusalem ein Ringen abspielte, das Biden laut Woodward so umschreibt: Netanyahu werde «bestimmt etwas unternehmen, aber ich halte es in Grenzen, indem ich ihm sage, er solle nichts machen».

Laut Netanyahu hat der Angriff alle Ziele erreicht

Natürlich war Biden als erfahrener Aussenpolitiker klar, dass Israel auf die Attacke des Teheraner Regimes reagieren muss. Um ihr «eisernes Engagement zur Unterstützung Israels» zu untermauern, hatten die Amerikaner auch ein Thaad-System samt Personal nach Israel verlegt, das Kurz- und Mittelstreckenraketen abfangen kann.

Gleichzeitig hatten Biden und seine Diplomaten öffentlich wie in vertrauten Gesprächen klargemacht, was sie auf gar keinen Fall vor der US-Präsidentschaftswahl sehen wollten: Angriffe auf Irans Atomanlagen sowie auf die Infrastruktur für die Produktion und den Export von Öl. Eine regionale Eskalation ist ebenso unerwünscht wie steigende Energiepreise – und das hat Netanyahu berücksichtigt.

epa11674685 A handout photo made available by Israel's Government Press Office (GPO) shows Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu (R) and US Secretary of State Antony Blinken, meeting in Jerusalem 22 October 2024  EPA/Haim Zach (GPO) HANDOUT HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALESHANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Genau für diese «enge Abstimmung und Unterstützung» dankte Netanyahu den Amerikanern am Sonntag bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Hamas-Massakers. Der Premier nannte den Angriff «präzise und gewaltig» und sagte, dieser habe «alle seine Ziele erreicht», weil die Verteidigungsfähigkeit des Iran stark beeinträchtigt worden sei. Man habe auch die Fähigkeit des Feindes geschwächt, «Raketen herzustellen, die gegen uns gerichtet sind», sagte er und betonte, dass Israel gegen das «Regime» in Teheran kämpfe, das das eigene Volk unterdrücke und die Region bedrohe. Dann drohte der 75-Jährige: «Wer uns Leid zufügt, dem fügen wir auch Leid zu.»

Zuletzt reiste US-Aussenminister Antony Blinken nach Israel, um Netanyahu persönlich Bidens Position zu erläutern. Dass Medien wie der «Economist» anschliessend von israelischen Offiziellen mit Zitaten wie «Wir haben ihm höflich zugehört» versorgt wurden, ist Teil des Geschäfts. Wie alle anderen israelischen Regierungschefs will Netanyahu seine Unabhängigkeit zeigen – auch von den USA. Auch wenn die US-Armee nicht mitwirkte, so gab es Absprachen und Austausch von Geheimdienstinformationen.

«Präzise und gewaltig»

Netanyahu regiert Israel mit Unterbrechungen im mittlerweile 17. Jahr und weiss natürlich, wie abhängig sein Land von den USA ist, etwa bei Munition und modernsten Rüstungsgütern. Schon deshalb kann er die Wünsche aus Washington nicht völlig ignorieren, auch wenn das bilaterale Verhältnis zu den US-Präsidenten zerrüttet ist – wie im Falle Bidens.

Solange nicht feststeht, ob Donald Trump oder Vizepräsidentin Kamala Harris am 20. Januar 2025 ins Weisse Haus einzieht, wartet Israels Premier ab. Er möchte sich keine Optionen verbauen. Zwar ist anzunehmen, dass eine Präsidentin Harris Israel bei aller Unterstützung stärker unter Druck setzen würde, etwa die humanitäre Lage in Gaza zu verbessern, und Donald Trump in einer zweiten Amtszeit Netanyahu mehr Spielraum lassen würde. Aber gerade bei Trump ist nur berechenbar, dass er unberechenbar ist.

Nur «der erste Schlag»

Dabei helfen die öffentlichen Warnungen und Ratschläge aus Washington Netanyahu mitunter in der Innenpolitik. Sowohl aus den Reihen der Opposition als auch von Mitgliedern seines Kabinetts kamen Klagen, die Angriffe auf den Iran seien zu schwach gewesen. Dass der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir erklärt, dass dies nur «der erste Schlag» gewesen sei, dem weitere Angriffe folgen müssten, verwundert nicht.

Aber dass es auch Oppositionsführer Yair Lapid als «Fehler» bezeichnet, nicht Irans Ölproduktion und die Atomanlagen ins Visier genommen zu haben, zeigt, wie die öffentliche Meinung in Israel gerade steht. Und Netanyahu dürfte zumindest intern argumentieren, dass er gern härter vorgegangen wäre, aber eben Rücksicht nehmen müsse auf den wichtigen Verbündeten.

October 25, 2024, Tel Aviv, Israel: Israel Prime Minister BENJAMIN NETANYAHU holds a security assessment in the Air Force operations center at the Kirya with the Minister of Defense YOAV GALLANT, IDF Chief of Staff LTG HERZI HALEVI, Head of the Mossad DAVID DADI BARNEA and Head of the Israeli Security Agency, RONEN BAR Tel Aviv Israel - ZUMAi99_ 20241025_zip_i99_002 Copyright: xIsraelxModx

Einige Beobachter erwarten, dass Netanyahu weiterhin viel über die Bedrohung durch den Iran sprechen und vor einer Vergeltung für die Vergeltung warnen wird. Dies erlaube ihm, argumentiert etwa die linksliberale Tageszeitung «Haaretz», von den anderen Problemen abzulenken, für die er in seiner Koalition mit zwei rechtsextremen Parteien keine politische Lösung findet. Das betrifft nicht nur die andauernden Gefechte der israelischen Armee im Libanon und im Gazastreifen, bei denen täglich israelische Soldaten sterben.

Mehr Terroranschläge

Auch die Zahl der Terroranschläge steigt: Am Sonntag fuhr ein Lastwagen nahe einer Militärbasis nördlich von Tel Aviv in eine Gruppe von Menschen, die an einer Bushaltestelle warteten. Dabei wurden etwa 40 Menschen verletzt, ein Mann starb im Spital. Laut israelischen Medien stammte der Fahrer aus einem arabischen Ort in Israel und wurde von Passanten erschossen.

Ziemlich bescheiden bleiben die Hoffnungen auf einen baldigen Deal zwischen der Hamas und Israel bezüglich einer Waffenruhe samt Rückkehr der israelischen Geiseln im Gegenzug für eine Freilassung von palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen. Zwar beriet am Sonntag der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad in Doha mit CIA-Chef Bill Burns und den anderen Vermittlern aus Katar und Ägypten über ein Abkommen.

Aber nicht nur der «Economist» ist überzeugt, dass Netanyahu gerade nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen, die sich nach der US-Wahl als unnötig herausstellen könnten. Die Angehörigen der 101 Geiseln, die in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen sind, müssen wohl mindestens bis zum 5. November weiter warten.