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Meinung

Nach Angriffen auf den Iran
Dieser Krieg hat sich der Kontrolle entzogen

A handout picture provided by the office of Iran's Supreme Leader Ayatollah Ali Khamenei on October 27, 2024, shows him addressing the crowd during a meeting in Tehran. Khamenei said on October 27 that Israel's attack on the Islamic republic "should neither be exaggerated nor minimised", a day after Israeli warplanes struck military bases and missile sites in several Iranian provinces, killing two soldiers. (Photo by KHAMENEI.IR / AFP) / === RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / HO / KHAMENEI.IR" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS ===
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Der neuerliche Angriff Israels im Iran hat den Nahostkrieg in seinen eigentlichen Maschinenraum zurückgeführt: in die theokratisch-militärisch beherrschte Islamische Republik, die freilich seit 45 Jahren alles andere als eine Republik ist, sondern eine Autokratie, wenn nicht eine Diktatur. Es ist unbestritten, dass die Stellvertretermilizen des Iran in der Region – Hizbollah, Hamas und Huthi – diesen Mehrfrontenkrieg im Namen Teherans führen. Ebenso unbestritten ist auch, dass Israels Siedlungs- und Unterdrückungspolitik im Westjordanland und in Gaza das Gegenstück bildete.

Das iranische Regime verfolgt seit Jahrzehnten drei Ziele: Die Existenz Israels soll ausgelöscht, Saudiarabiens Einfluss in der Region minimiert und Amerika als Ordnungsmacht aus Nahost vertrieben werden. Diesen Zielen dienten die Islamistenfront gegen die USA im Irak, der syrische Bürgerkrieg an der Seite Assads und nun der zweite Jom-Kippur-Krieg seit dem 7. Oktober 2023. US-Präsident Joe Bidens Versöhnungspolitik mit dem Ziel einer israelisch-saudischen Annäherung hätte die iranische Strategie durchkreuzt – wenn Israels Premier Benjamin Netanyahu die Weitsicht aufgebracht hätte, den Frieden auch im Kleinen mit den palästinensischen Nachbarn zuzulassen.

So also kam es zum Dreifrontenkrieg, der sich zu einem Debakel für den Iran entwickelt hat: Der Gazastreifen ist zerstört, die Hamas zerschlagen, ihr Anführer Yahya Sinwar und seine Führungsriege getötet. Ebenso mit gezielten Schlägen getötet: Ismail Haniya, der Hamas-Politbüro-Chef und direkte Schutzbefohlene der Teheraner Führung. Hassan Nasrallah, als Anführer der Hizbollah für die iranische Führung von grösster Bedeutung, folgte im September. Systematisch töteten die israelischen Streitkräfte nahezu alle vom Iran installierten Führungsfiguren der Milizen, deren Kommandanten und Propagandisten, sie zerstörten die Munitionsdepots und sprengten im Wortsinn deren Banken. Die Hizbollah wird gerade systematisch kampfunfähig gemacht.

Wie lange wird Ali Khamenei weitermachen?

Der vom Iran inszenierte, finanzierte und ausgestattete Krieg wendet sich nun immer mehr gegen das Regime. Es liegt im Ermessen des obersten Führers Ali Khamenei, ob und wie lange er diesen Schlagabtausch um der Ehre oder gar eines Sieges willen weiterführen will. Entscheidender Teil seines Kalküls dürfte die Stabilität seines Regimes sein. Die grösste Gefahr geht folglich von seiner Machtbasis aus. Kleriker, Militärs und Reformer werden die verbliebenen Kräfte des Regimes genau einschätzen, ganz zu schweigen von einer unzufriedenen Bevölkerung, die nahezu im Jahresrhythmus die Konfrontation mit der Autorität sucht.

Israels geradezu einladend zurückhaltender Militärschlag bietet dem Regime die Chance, die Kriege weiter den Stellvertretern zu überlassen – und sich mit seiner Dreifrontenniederlage zu arrangieren. Es bleiben das Nuklearprogramm und eine funktionierende Waffenfertigung, die Teheran noch immer zum interessanten Partner der Autokratenallianz von Pyongyang bis Caracas machen.

Dennoch könnte, so widersprüchlich es wirkt, Khamenei den einzig möglichen Weg in der Eskalation sehen. Niemand kann die inneren Verhältnisse des Regimes wirklich erfassen. Aber wenn der 85-jährige und bekanntermassen kranke Khamenei nun zurückweicht, könnte im Iran selbst der nächste Kampf um Leben und Tod ausbrechen. Dieser Krieg hat sich der Kontrolle entzogen. Wohl auch im Maschinenraum in Teheran.