Zürcher StadtratswahlenDie Grünen streben einen dritten Sitz auf Kosten der FDP an
Die Partei schickt neben ihren amtierenden Stadträten Daniel Leupi und Karin Rykart eine dritte Person ins Rennen. Interesse zeigen einige.

- Die Stadtzürcher Grünen wollen einen dritten Sitz im Stadtrat gewinnen.
- Das Departement der Industriellen Betriebe steht besonders im Fokus der Grünen.
- FDP-Präsident Avdili kritisiert den Machtanspruch der bereits übervertretenen Grünen.
Zwei Sitze im Stadtrat sind den Stadtzürcher Grünen nicht genug.
Die Mitgliederversammlung hat am Dienstagabend entschieden, dass die Partei für die Stadtratswahlen im März 2026 mit drei Kandidierenden antritt. Neben den Bisherigen, Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (seit 2018) und Finanzvorsteher Daniel Leupi (seit 2010), werden die Grünen am 8. Juli eine weitere Person nominieren. Eine Findungskommission werde Gespräche mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten führen, teilte die Partei am Mittwoch mit.
«Die Grünen wollen mehr Verantwortung übernehmen», heisst es in der Mitteilung weiter. Grüne Lösungen seien «dringender denn je».
Die bislang sechs linken Sitze im Stadtrat wollten die Grünen mit der zusätzlichen Kandidatur nicht konkurrenzieren, schreibt die Partei. Die linke Allianz zwischen Grünen, SP und AL sei auszubauen. Vielmehr zielen die Grünen auf die Bürgerlichen: «Wir wollen einen weiteren Stadtratssitz auf Kosten der FDP gewinnen.»
Abgesehen haben es die Grünen insbesondere auf das Departement der Industriellen Betriebe. Dessen Vorsteher, FDP-Stadrat Michael Baumer, werfen sie eine «Blockade» vor. Eine grüne Energieministerin oder ein grüner Energieminister solle den Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere der Photovoltaik beschleunigen. Dafür bereitet die Partei in Zusammenarbeit mit der SP auch eine Volksinitiative vor.
Wahlanteil der Grünen von gut 14 Prozent in Zürich
Bei den letzten Gemeinderatswahlen 2022 erreichten die Grünen einen Wahlanteil von 14,3 Prozent. Damit hätten sie rein mathematisch das Anrecht auf gut einen Sitz im Stadtrat. Anna-Béatrice Schmaltz, die Co-Präsidentin der Stadtzürcher Grünen, sagt, dass man auch mit drei möglichen Sitzen der Grünen nicht von einer Übervertretung sprechen könne. Der Stadtrat werde in einer Persönlichkeitswahl bestimmt. «Wir werden der Stadtzürcher Bevölkerung ein starkes Angebot machen.»
Einige Interessierte, einige Absagen
Interessierte für den Job gibt es einige. Partei-Co-Präsidentin Anna-Béatrice Schmaltz selber überlegt sich eine Kandidatur, wie sie sagt. Dies tut auch Gemeinderat Dominik Waser. Der frühere Klimaaktivist stellte sich bereits 2022 für die Grünen zur Wahl und erreichte mit dem elften Rang einen Achtungserfolg.

Selma L’Orange Seigo, die Präsidentin der kantonalen Grünen, zeigt sich auf Anfrage ebenfalls interessiert am Stadtratsamt. Gemeinderat Urs Riklin sagt, er wäre nicht abgeneigt.
Als aussichtsreicher möglicher Kandidat gilt Nationalrat Balthasar Glättli. Von 2020 bis 2024 präsidierte er die Schweizer Grünen. Ob er antritt, ist offen. Glättli liess entsprechende Anfragen am Mittwochnachmittag unbeantwortet.

Andere mögliche Kandidierende sagen ab, zum Beispiel der langjährige Gemeinderat Markus Knauss, der bei den Stadtratswahlen 2014 ohne Erfolg für die Grünen angetreten war. Auch Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber hat kein Interesse. Ebenfalls nicht zur Verfügung steht der grüne Gemeinderat Luca Maggi.
Als eher unwahrscheinlich gilt eine Kandidatur von Bastien Girod, der im vergangenen Jahr als Nationalrat zurücktrat. Er war am Mittwoch nicht erreichbar. Gegenüber der SonntagsZeitung hatte Girod im vergangenen September erklärt, dass für ihn eine baldige Rückkehr in die Politik eher unwahrscheinlich sei.
FDP: «Grössenwahn»
FDP-Präsident Përparim Avdili reagiert gelassen auf den Angriff der Grünen auf einen Stadtratssitz der Freisinnigen. Die Grünen seien schon jetzt klar übervertreten im Stadtrat. Dass sie nun noch einen weiteren Stadtratssitz anstrebten, zeuge von einem «Grössenwahn und links-absolutistischen Machtanspruch». Diesem werde die FDP entschieden entgegentreten, sagt Avdili.
Auch die FDP will mit drei Kandidierenden antreten. Sie möchte zudem das Stadtpräsidium von der SP erobern. Mit wem, hat die Partei noch nicht bestimmt.
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