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Geldblog: Alle lieben Aktien
Warum bewirbt kaum jemand Anleihen?

Eine sichere Anlage, oder? Anleihen werden in der Öffentlichkeit kaum oder nur am Rande thematisiert. 
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In den Medien hört und liest man meist nur Beiträge über Aktien. Dabei sind Obligationen doch viel sicherer und man hat kaum grosse Risiken. Ich verstehe nicht, warum Obligationen von den Medien und auch von Ihnen nicht mehr propagiert werden. Leserfrage von F.H.  

Aktuell sind auch die Kurse von Obligationen unter Druck. Ich gebe Ihnen aber grundsätzlich recht: Bei den meisten Obligationen sind die Kursausschläge tatsächlich deutlich geringer, womit es in der Regel eben auch weniger spannend ist, über deren Verlauf zu berichten. Das kann sich aber rasch ändern, wenn etwa die Kurse einzelner oder einer ganzen Gruppe von Obligationen plötzlich dramatisch einbrechen. Dies kommt dann vor, wenn sich die Kreditfähigkeit eines Unternehmens überraschend deutlich verschlechtert und Zweifel aufkommen, dass ein Schuldner seine Verpflichtungen noch in vollem Umfang nachkommen kann oder wenn die Zahlungsfähigkeit eines ganzen Landes infrage gestellt wird – wie dies wegen dem Krieg in der Ukraine und den gegen Russland verhängten Sanktionen bei Papieren von russischen Schuldnern geschah.

Diese Beispiele zeigen, dass man nicht einfach davon ausgehen sollte, dass Obligationen im Vergleich zu Aktien zwingend deutlich sicherer sind. Mit einer Anleihe nimmt der Schuldner Fremdkapital auf. Dafür muss der Schuldner den Besitzern der Obligationen während der festgelegten Laufzeit einen bestimmten Zins zahlen und den Betrag am Ende der Laufzeit vollständig zurückzahlen, wobei sich ein Schuldner auch das Recht vorbehalten kann, das Kapital vorzeitig zurückzuzahlen. Auch wenn Obligationen für viele als sicher gelten, sollte man sich bewusst sein, dass man sich auch bei diesen Papieren einigen Risiken aussetzt. Offensichtlich ist das beschriebene Schuldnerrisiko. Wenn das Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig ist und ein Konkurs droht, muss man auch als Inhaber einer Obligation damit rechnen, dass man einen Teil seines Geldes oder im schlimmsten Falle sogar alles verliert.

Als Obligationär ist man im Vergleich zum Aktionär zwar besser geschützt. Dennoch hält sich der Schutz in Grenzen. Die Obligation wird im Konkursfall eines Unternehmens den nicht privilegierten Forderungen und der dritten Konkursklasse zugerechnet. In die erste Konkursklasse gehören etwa Löhne der letzten sechs Monate, Beiträge an die berufliche Vorsorge oder Alimente der letzten sechs Monate. Der zweiten Konkursklasse zugeordnet werden etwa Beitragsforderungen der AHV/IV, der Unfall- und Arbeitslosenversicherungen, aber auch Prämienforderungen der Krankenversicherungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn nach Begleichung von Forderungen aus der ersten und zweiten Konkursklasse noch etwas übrig bleibt, werden auch Obligationäre entschädigt. Aktionäre gehen im Konkursfall eines Unternehmens meist leer aus. So gesehen sind Obligationäre besser geschützt als Aktionäre.

Da die Zinsen weiter steigen, gehe ich davon aus, dass die Kurse von lang laufenden Obligationen noch mehr unter Druck geraten.

Über das Konkursrisiko hinaus trägt man bei Obligationen aber auch ein Zinsänderungsrisiko und bei Fremdwährungsobligationen auch ein Währungsrisiko. Gerade das Zinsänderungsrisiko sollte man im aktuellen Marktumfeld weiter gut im Auge behalten. Nachdem die internationalen Notenbanken damit begonnen haben, ihre Geldpolitik zu verschärfen und in einigen Ländern – insbesondere in den USA, aber zuletzt auch in der Schweiz – die Zinsen bereits gestiegen sind, ist man besonders bei Obligationen mit längerer Laufzeit mit Kursverlusten konfrontiert. Wenn man als Anleger weiss, dass man mit neu herausgegebenen Obligationen einen höheren Zins bekommt als mit früher herausgegebenen Obligationen von Schuldnern mit gleicher Bonität, wird man jene Papiere mit einem höheren Zins bevorzugen.

Dieses Zinsänderungsrisiko hat denn auch dazu geführt, dass viele Leute, die auf Fonds mit Obligationen mit langer Laufzeit gesetzt hatten, nun mit zum Teil beträchtlichen Buchverlusten konfrontiert sind. Da die Zinsen weiter steigen, gehe ich davon aus, dass die Kurse von lang laufenden Obligationen noch mehr unter Druck geraten. Jetzt im Juli wird die Europäische Zentralbank ebenfalls die Zinsen erhöhen. Auch die Schweizerische Nationalbank dürfte die Zinsen im September noch weiter anheben. Vor diesem Hintergrund warne ich davor, die Risiken von Obligationen generell als sehr gering einzustufen.

Obligationen sind nicht generell sicher. Es gibt in der Tat Obligationen von sehr sicheren Schuldnern – so zum Beispiel die Eidgenossen, die Bundesobligationen in Schweizerfranken. Das Schuldnerrisiko ist hier sehr klein, aber das Zinsänderungsrisiko hat man dennoch. Generell gilt: Je sicherer ein Schuldner ist und je geringer die Risiken bei einer bestimmten Obligation sind, desto geringer sind auch die Renditechancen.

Hundertprozentige Sicherheit hat man aber selbst bei Obligationen von sehr sicheren Schuldnern nicht, gerade weil man je nach Papier und Schuldner nicht nur einem Emittentenrisiko, das vielleicht sehr gering sein kann, sondern auch einem Liquiditäts-, Zinsänderungs- und allenfalls auch noch einem Währungsrisiko ausgesetzt sein kann.