Taktik des US-PräsidentenErst drohen, dann verhandeln: Donald Trumps Bluff mit den Strafzöllen
Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Donald Trump mehrfach Strafzölle angedroht, um Länder zu Zugeständnissen zu bewegen. In seinem Buch ist dieses Vorgehen genau beschrieben.
- Trumps Taktik, zuerst zu drohen und dann zu verhandeln, ist bewährt.
- Verschiedene Länder und die EU zeigten sich schon in der ersten Amtszeit von Trump kompromissbereit, um Strafzölle abzuwenden.
- Ökonomen ordnen Trumps Taktik ein.
Die jüngsten Drohungen von Donald Trump mit Strafzöllen haben gewirkt: Kanada und Mexiko haben zugesagt, ihre Grenzen zu den USA strenger zu kontrollieren. Im Gegenzug hat der US-Präsident zugesichert, die Massnahme vorerst um einen Monat auszusetzen.
China seinerseits hat Gegenzölle auf US-Güter angekündigt, ist jedoch zu Gesprächen mit den Vereinigten Staaten bereit. Die schärfere Gangart der US-Handelspolitik schickte diese Woche die Börsen weltweit auf Talfahrt.
Dieses Vorgehen von Trump ist nicht neu und zeigt sein Verständnis, wie ein Abkommen abgeschlossen werden sollte, um die eigene Position zu verbessern: Zuerst eine Drohkulisse aufbauen und dann daraus den besten Vorteil ziehen.
Trump in seinem Buch: «Ich dränge und dränge und dränge»
Trump beschreibt dieses Vorgehen bereits in seinem 1987 erschienenen Buch «Die Kunst des Erfolgs» («The Art of the Deal»), in dem er autobiografische Elemente mit Ratschlägen für die Geschäftswelt verbindet.
Darin schreibt er: «Meine Art, Geschäfte zu machen, ist recht einfach und geradlinig. Ich setze mir sehr hohe Ziele und dränge und dränge und dränge, um das zu bekommen, was ich will.»
Und weiter: «Manchmal gebe ich mich mit weniger zufrieden, als ich wollte, aber in den meisten Fällen bekomme ich trotzdem, was ich will.»
Diese Taktik hat Trump bereits in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 angewendet. Zu einem Entgegenkommen gezwungen wurden nicht nur die Nachbarländer im Norden und Süden, sondern auch die Europäische Union, Japan und Trumps Lieblingsrivale China. Zur Erinnerung:
China: Phase-1-Handelsabkommen (2020)
Trump begann 2018 einen Handelskrieg mit China, indem er Zölle auf chinesische Waren im Wert von Hunderten Milliarden Dollar verhängte. China reagierte mit Gegenzöllen.
Als Kompromiss wurde im Januar 2020 das sogenannte Phase-1-Abkommen unterzeichnet. China verpflichtete sich, zusätzliche US-Güter im Wert von 200 Milliarden Dollar zu kaufen und geistiges Eigentum besser zu schützen. Im Gegenzug verzichteten die USA auf weitere Strafmassnahmen.
Im aktuellen Streit hat China angeboten, mögliche Verhandlungen am Phase-1-Handelsabkommen anzuknüpfen.
Europa: Autozölle und Airbus-Streit (2018 bis 2020)
Trump drohte mehrfach mit Strafzöllen auf europäische Autos, um Handelsungleichgewichte zu reduzieren und Zugeständnisse im Subventionsstreit um den europäischen Flugzeughersteller Airbus zu erzwingen. Trump sah darin den US-Konkurrenten Boeing benachteiligt.
2020 gab es eine vorläufige Einigung, in der die EU und die USA ihre Strafmassnahmen teilweise zurücknahmen. Unter Trumps Nachfolger Joe Biden wurde der Streit durch eine längerfristige Vereinbarung entschärft.
Mexiko: Migration und Zölle (2019)
Trump drohte im Mai 2019 mit Zöllen von 5 Prozent, steigend auf bis zu 25 Prozent, falls Mexiko die Migration in die USA nicht stärker eindämmt.
Mexiko schloss daraufhin ein Abkommen, das eine stärkere Kontrolle der Migration und die Stationierung der Nationalgarde an der Südgrenze vorsah. Trump verzichtete auf die Zölle.
Japan: Neues Handelsabkommen (2019)
Trump drohte mit Autozöllen, um Japan zu einem neuen Handelsabkommen zu bewegen.
Im September 2019 unterzeichneten die USA und Japan ein Abkommen, bei dem Japan Zölle auf US-Produkte senkte und mehr landwirtschaftliche Importe zuliess.
Kanada und Mexiko: Neues Handelsabkommen (2018 bis 2020)
Trump drohte, das bestehende Nafta-Abkommen zu beenden, und erhöhte Zölle auf Stahl und Aluminium aus Kanada und Mexiko.
Kanada und Mexiko stimmten daraufhin einem neuen Handelsabkommen (USMCA) zu, welches seit 2020 Nafta ersetzt. Es beinhaltet unter anderem strengere Ursprungsregeln für Autos. Im Gegenzug wurden die Stahl- und Aluminiumzölle aufgehoben.
Das meinen die Experten
Für den Politikwissenschaftler Christoph Frei ist die Abkehr von westlichen Regierungen vom Freihandel nicht nur eine Reaktion auf geopolitische Herausforderungen wie etwa den Aufstieg Chinas zu einer Weltmacht.
«Auch nicht antizipierte, politisch aber wirkungsmächtige Folgen der Globalisierung spielen eine Rolle – selbst innerhalb offener Gesellschaften des Westens», schreibt der Professor für Staats- und Politikwissenschaften an der Universität St. Gallen in der aktuellen Ausgabe der «Volkswirtschaft».
Vielmehr gibt es laut Frei in der breiten Mittelschicht ein Gefühl von zunehmender Ungleichheit sowie Ängste vor Abstieg und Verlust. Das nähre politische Kräfte, «die Schutz und Sicherheit versprechen und Nationalismen befeuern».
Handelsexperte Simon Evenett, Professor für Geopolitik und Strategie an der Managementschule IMD in Lausanne, warnt vor voreiligen Schlüssen. Trump habe eine lange Vorgeschichte von Ankündigungen und Drohungen, die er eingesetzt habe, um zu schauen, was ihm die andere Seite offeriere.
Evenett leitet die Global Trade Alert Initiative, den führenden unabhängigen Monitor für Protektionismus und Handelspolitik an der Universität St. Gallen, die weltweit jede handelspolitische Massnahme registriert.
Trump habe in seiner ersten Amtszeit einen Präzedenzfall für die aktuelle Auseinandersetzung mit Mexiko und Kanada geliefert, schreibt Evenett auf Linkedin mit Blick auf die Massnahmen von 2019.
Gegenüber China hat Trump tatsächlich Zölle von 10 Prozent eingeführt. Schon in seiner ersten Amtszeit hat er China mit Zöllen belegt, die von Joe Biden weiter ausgebaut wurden. Die neuen Zölle kommen nun noch obendrauf.
Der effektive Zollsatz auf chinesischen Waren steigt damit auf etwa 15 Prozent. Das ist aber deutlich weniger als die im Wahlkampf versprochenen pauschalen Zölle von 60 Prozent, die er vom ersten Tag an erheben wollte.
Handelsökonom: «Wir werden viel Drama erleben»
Auf Linkedin zitiert Evenett «The Grand Old Duke of York», einen alten englischen Kinderreim, in dem ein Herzog von York zehntausend Soldaten ohne ersichtlichen Grund einen Hügel hinauf und wieder hinunter marschieren lässt.
Der Reim wurde sprichwörtlich für sinnlosen Aktionismus. «Wir werden viel Drama erleben», sagte Evenett in einem BBC-Interview zu Trumps Zöllen.
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