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Geldblog: Anlagetipp zur Zinswende
Lohnt sich jetzt der Einstieg bei Obligationen?

Richtiger Gedanke, falsches Timing: Noch ist es zu früh, um bei Obligationen gross einzusteigen.
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Meine Frau und ich haben ein Vermögen von rund 400'000 Franken. Davon sind gut 40 Prozent in Aktien-ETF angelegt. Die übrigen 220'000 Franken liegen auf Sparkonti. Angesichts der Niedrigzinsen und der praktisch inexistenten Inflation schien uns dies bisher eine vertretbare Lösung. Nun beginnen sich diese Rahmenbedingungen zu ändern. Angesichts dessen wollte ich den grösseren Teil des Sparkontogeldes in Obligationen anlegen. Gedacht habe ich an 150'000 Franken, die wir bis zur Pensionierung in 12 Jahren voraussichtlich nicht benötigen. Sehr rasch musste ich allerdings feststellen, dass sich die Situation viel komplexer präsentiert als ich angenommen hatte. So war mir beispielsweise nicht bewusst, dass die Kurse von Obligationen-ETFs wegen der steigenden Zinserwartungen derzeit sinken. Was raten Sie mir? Leserfrage von P.D.

Ihre Überlegung ist verständlich: Mit den steigenden Zinsen werden Obligationen wieder attraktiver und damit bieten sich Chancen. Im Grundsatz ist Ihr Gedanken nicht falsch. Das Problem sind derzeit aber die von Ihnen in Ihrer Frage ebenfalls erwähnten sinkenden Kurse bei Anleihen und damit auch bei Obligationen-Fonds und Exchange Traded Funds, die an Obligationen-Indizes gekoppelt sind. In den letzten Jahren erlebten wir das Gegenteil: Die in der Vergangenheit lange sinkenden Zinsen hatten jenen, die Obligationen hielten, während einiger Zeit schöne Kursgewinne beschert. Damals galt: Indem die Zinsen sinken, steigt der Kurs der bereits ausgegebenen Anleihen.

Nun haben sich die Rahmenbedingungen bei den Zinsen grundlegend geändert, nachdem die US-Notenbank die Zinsen anfangs Mai wegen der aus dem Ruder gelaufenen Teuerung so stark angehoben hat wie seit 20 Jahren nicht mehr. Nun steigen die Zinsen und die Kurse der bereits ausgegebenen Anleihen gehen in den Keller. Der Coupon jener Papiere bleibt unverändert. Der Coupon der neuen Obligationen fällt aufgrund der steigenden Zinsen indes höher aus. Dieser Mechanismus führt dazu, dass man momentan auf vielen bestehenden Obligationen und Obligationenfonds Kursverluste verbucht. Viele Privatanlegerinnen und -anleger waren denn auch erstaunt, dass Sie im bisherigen Jahresverlauf mit angeblich sicheren Obligationen nicht zwingend besser gefahren sind als mit stark schwankungsanfälligen Aktien, die wegen dem Krieg in der Ukraine und den unsicheren Konjunkturaussichten stark unter Druck gekommen sind.

Ich erwarte, dass wir mit den noch anstehenden Zinserhöhungen weitere Kursrückschläge bei Anleihen sehen werden.

Zwar sind die Coupons, die Sie auf neuen Obligationen erhalten, tatsächlich wieder attraktiver. Doch die Frage ist, ob Sie auch künftig bei den Anleihenkursen mit Rückschlägen rechnen müssen oder ob die Korrektur schon vorbei ist. Ich bin überzeugt, dass wir bei den Zinserhöhungen erst am Anfang stehen. Die US-Notenbank hat signalisiert, dass Sie an allen weiteren Sitzungen in diesem Jahr die Zinsen wahrscheinlich erhöhen wird. Auch die Europäische Zentralbank dürfte im Laufe dieses Jahres die Zinsen anheben. Wegen der hohen Inflation in Amerika und in Europa haben die grossen Notenbanken gar keine andere Wahl als die Zinsen zu erhöhen – ansonsten explodiert die Teuerung erst recht. Die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank nehmen gar in Kauf, mit den Zinsanhebungen das konjunkturelle Wachstum abzuwürgen.

Weil der Zinserhöhungsprozess noch lange nicht abgeschlossen ist, sondern wohl erst richtig angelaufen ist, wäre ich mit Obligationen-Investments weiter zurückhaltend. Ich erwarte, dass wir mit den noch anstehenden Zinserhöhungen bei Anleihen weitere Kursrückschläge sehen werden. Interessant werden Anleihen erst wieder richtig, wenn der Zinserhöhungsprozess langsam den Höhepunkt erreicht oder sogar abgeschlossen ist. Dafür ist es noch zu früh, obwohl die amerikanischen Zinsmärkte momentan schon einiges an Leitzinserhöhungen eingepreist haben. Da die Zinserhöhungen an den Zinsmärkten in den USA und Europa eingepreist sind, dürfte immerhin die Kurskorrektur bei den Anleihen kaum mehr so stark ausfallen wie in den letzten Monaten.

Ich würde beim Vermögensanteil, den Sie nicht in Aktien anlegen möchten, aus Sicherheitsgründen eher noch Cash-Positionen oder kurzlaufende Anleihen vorziehen. Angesichts der nach wie vor bestehenden Kursrisiken auch bei Obligationen und der weiter bescheidenen Renditechancen im Schweizer Franken würde ich den Anleihenanteil im Depot weiter untergewichten. Bei Fremdwährungen, die bereits mehr Chancen bei Anleihen bieten, tragen Sie ein zusätzliches Währungsrisiko, das ich nicht unterschätzen würde – selbst beim Dollar, der in diesem Jahr viel Terrain aufgeholt hat.