Jahrhundert-Unwetter in Spanien«Nach einer halben Stunde war alles überflutet»
Nach dem schweren Sturm dauern die Rettungseinsätze am Donnerstag an. Überlebende berichten von tragischen Szenen.
- Mindestens 95 Menschen starben bei Überschwemmungen in Spanien.
- Ein Sturm verursachte meterhohe Wasserstände und blockierte Autobahnen.
- Viele Menschen suchten verzweifelt nach vermissten Angehörigen in betroffenen Gebieten.
- Über 1000 Soldaten und die EU beteiligen sich an den Rettungsmassnahmen.
Die Bilder, die derzeit die spanischen Medien und sozialen Netzwerke fluten, lassen erahnen, mit welcher Kraft der Sturm im Süden und Osten Spaniens gewütet haben muss. Fotos von Fahrzeugen, die wie Spielzeugautos aufeinandergestapelt in Strassen liegen. Häuser, denen ganze Fassaden fehlen. Meterhohe Berge von Schutt, Bäumen und Abfall, die in den Städten liegen. Die bisherige Bilanz des Unwetters: mindestens 95 Tote und zahlreiche Vermisste.
Zeitungen berichten, es sei der schlimmste Sturm, der die Küstenregion Valencia in diesem Jahrhundert erlebt habe. Betroffen waren auch die Regionen Murcia und Andalusien. Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach am Mittwoch den Betroffenen Mut zu: «Wir werden alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen. Wir werden euch nicht im Stich lassen.» Ganz Spanien weine mit den Betroffenen.
In einer halben Stunde «komplett überflutet»
In Valencia, wo der Sturm am heftigsten wütete, wurden viele Menschen in ihren Autos auf dem Nachhauseweg von der Arbeit von den Fluten überrascht. In sozialen Medien meldeten sich zahlreiche Personen, die mit ihren Autos feststeckten. Auch Beatriz Garrote, die in der Nacht auf Mittwoch um 00.20 Uhr in einem Post auf X einen Hilferuf an die Rettungskräfte absetzte.
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«Wir sind auf der V-30 gefangen. Wir sehen, wie das Flussbett ansteigt, und machen uns Sorgen. Können Sie uns einen Hinweis geben?» Vier Stunden später berichtete sie, dass sie sich «mit viel Kraft» aus den Fluten habe retten können. Es habe Menschen mit Babys und kleinen Kindern gegeben, die durch die kniehohe Strömung gewatet seien. «Eine schreckliche Situation.»
Gegenüber der spanischen Zeitung «El País» berichtete Garrote am Mittwoch, dass das Wasser sehr schnell gestiegen sei. Nachdem es einmal auf die Strassen gelangt sei, sei das Wasser nach nur zehn Minuten bereits bis zur Hälfte des Rades gestanden. Der Abschnitt, in dem sich Garrote in ihrem Auto befand, wurde in etwas mehr als einer halben Stunde überflutet. «Es war eine brutale Flut. Wir waren gefangen, sahen keinen anderen Ausweg und mussten eine sehr starke Strömung überqueren.»
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Am Mittwoch berichteten zahlreiche weitere Personen von dem Überlebenskampf, den sie in der Nacht geführt hatten. Juliano Sánchez, ein 50-jähriger gebürtiger Venezolaner, klammerte sich sieben Stunden lang an einigen Palmen in der Gegend von Alfafar fest, wie er der Zeitung «El Periódico» berichtete. In den frühen Morgenstunden wurde er mit Symptomen von Unterkühlung gerettet. «Ich wollte nicht sterben, ich habe mich an einigen Palmen mit aller Kraft festgehalten, damit der Fluss mich nicht mitreisst.»
Ein anderer Bewohner der Gemeinde Sedaví berichtete gegenüber der Zeitung, dass er die Tür seines Autos nicht mehr habe öffnen können, da die Wassermassen zu stark gewesen seien. «Mit der Faust habe ich das Fenster eingeschlagen, um aus dem Auto zu entkommen.» Fast hundert Menschen hatten die Nacht laut der Zeitung in einem Autohaus in Alfafar verbracht, nachdem sie von den Rettungsdiensten gerettet worden waren. Die meisten von ihnen seien auf dem Heimweg auf der Autobahn in ihren Autos gefangen gewesen.
Menschen suchen nach ihren Angehörigen
Am Mittwoch sei es in vielen Gebieten «absolut unmöglich» gewesen, bestimmte Katastrophengebiete zu erreichen, sagte der Chef der Regionalregierung, Carlos Mazón. Am Donnerstagmorgen dauerten die Rettungseinsätze und die Suche nach Vermissten weiter an. Mehr als 1000 Soldaten sind in den betroffenen Gebieten im Einsatz.
Die Europäische Union bot ebenfalls Hilfe an. Man habe das Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um bei der Koordinierung der Rettungsteams zu helfen, sagte EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. «Und wir haben bereits angeboten, unseren Katastrophenschutz zu aktivieren.» Mazón sagte in einer Konferenz am Mittwoch, dass die Notrufzentralen überlastet seien. Dies wird derzeit im Netz massiv kritisiert.
Viele Menschen suchen in den betroffenen Regionen eigenständig nach ihren Angehörigen. Einige wenden sich in ihrer Verzweiflung auch an die Medien. Eine Frau namens Maribel reiste nach Valencia, sie sei dort auf der Suche nach ihrer Schwester, sagte sie zu «El País». Die Notrufzentrale funktioniere nicht, kritisierte auch Maribel, sie könne sich nicht durchschalten.
Ihre Schwester sei am Dienstagabend in einem Auto von den Fluten überrascht worden. «Sie konnten aussteigen, und sie schickte eine Nachricht an ihren Mann, dass es ihr gut gehe.» Danach soll sie aber von einer Welle mitgerissen worden sein. «Wir haben sie nicht erreichen oder finden können.»
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