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Ukraine-Blog
Selenski würde Gebiete nur nach Volksabstimmung abtreten

TOPSHOT - Ukrainian President Volodymyr Zelensky speaks during an interview for French media including AFP in Rivne on July 30, 2024, amid the Russian invasion of Ukraine.A (Photo by Genya SAVILOV / AFP)
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat sich gegenüber der Zeitung «Le Monde» und anderen französischen Medien zu einem möglichen Ende des Krieges geäussert. Dabei schlug er andere Töne an als gewohnt: So komme eine Abtretung von ukrainischen Gebieten an Russland für ihn nur infrage, wenn das Volk dem zustimme.

«Sie müssen verstehen, dass jede Frage, die die territoriale Integrität der Ukraine betrifft, nicht von einem Präsidenten, einer einzigen Person oder von allen Präsidenten der Welt ohne das ukrainische Volk gelöst werden kann», so Selenski.

Bislang habe jedoch niemand der Ukraine ein offizielles Angebot gemacht, so Selenski: «Und die Ukraine wird niemals auf ihre Gebiete verzichten. Die Machthaber haben offiziell nicht das Recht, auf ihre Gebiete zu verzichten.» Dazu müsse sich das ukrainische Volk dies wünschen.

Ausserdem sei zu bedenken, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen solchen Schritt als Sieg sehen würde. «Deshalb ist diese Frage sehr, sehr, sehr schwierig», so Selenski.

Klitschko macht ähnlichen Vorschlag

Der Bürgermeister von Kiew, Witali Klitschko, machte bereits Mitte Juli einen ähnlichen Vorschlag. Gegenüber der italienischen Tageszeitung «Corriere della Sera» sagte er, dass Selenski wohl über ein Referendum über den Friedensschluss und mögliche Gebietsabtretungen entscheiden müsse. «Ich glaube nicht, dass er ohne die Legitimation des Volkes allein so schmerzhafte und wichtige Vereinbarungen treffen kann», so Klitschko.

Dass Selenski nun zu dem Thema Stellung nimmt, ist bemerkenswert, da Klitschko als politischer Gegner Selenskis gilt. Der Bürgermeister von Kiew kritisiert immer wieder öffentlich die ukrainische Regierung – und wirft ihr etwa vor, zu wenig gegen die im Land grassierende Korruption zu unternehmen.

Ohne Russen «keine tragfähigen Ergebnisse»

In dem Interview mit «Le Monde» äusserte sich Selenski zudem zu weiteren Friedensgesprächen mit Russland. Bei einem «zweiten Friedensgipfel im November» sollen auch russische Vertreter und Vertreterinnen anwesend sein, so der ukrainische Präsident. «Sonst werden wir keine tragfähigen Ergebnisse erzielen. Sie sollen uns nicht bei der Ausarbeitung eines gemeinsamen Plans blockieren.»

Auf die erste Friedenskonferenz im vergangenen Juni auf dem Bürgenstock wurde Russland nicht eingeladen. Dies sorgte im Vorfeld für Kritik. Am Ende des Gipfels stimmten 78 Länder von 92 vertretenen Staaten einer Abschlusserklärung zu. Selenski nutzte den Gipfel, um auf die Dringlichkeit der ukrainischen Anliegen aufmerksam zu machen. Ein Frieden in der Ukraine ist nicht viel näher als vor der Konferenz auf dem Bürgenstock.

Wo ein zweiter möglicher Friedensgipfel stattfinden soll, ist noch nicht bekannt. Mitte Juni sagte der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes, Ihor Zhovkva, gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine, dass sich bereits mehrere Länder als potenzielle Gastgeber angeboten hätten. «Ich kann mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass ein solcher Gipfel in einem der Länder des globalen Südens stattfinden könnte.»

Und was wünscht sich das ukrainische Volk?

Für einen Teil der Ukrainer und Ukrainerinnen scheint die Abtretung von gewissen Territorien im Gegenzug zu Frieden nach zweieinhalb Jahren Krieg eine Möglichkeit zu sein. In einer im Mai und Juni 2024 durchgeführten Meinungsumfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie waren 32 Prozent der Befragten bereit, Territorien abzugeben, um Frieden und Unabhängigkeit in den restlichen Gebieten zu erreichen.

Demgegenüber stehen 55 Prozent der Befragten, die unter keinen Umständen ukrainische Territorien an Russland abtreten wollen – selbst wenn der Krieg dadurch länger dauere. Dieser Wert ist im Vergleich zum Mai 2023 deutlich gesunken: Damals sprachen sich 84 Prozent der Befragten gegen territoriale Zugeständnisse an Russland aus.

In der Vergangenheit lehnte Selenski mögliche Friedensvorschläge, bei denen die Ukraine Gebiete an Russland abtritt, strikt ab. An der Front sieht es derzeit jedoch schlecht aus für die Ukraine: Derzeit macht die russische Armee fast einen Kilometer Geländegewinn pro Tag, der Ukraine fehlt es an Waffen, Abwehrsystemen, Material und Soldaten.