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Ukraine-Blog
Die ukrainische Armee kämpft mit schlechter Moral und Desertionen

A Ukrainian wounded serviceman who was brought back from positions and treated by Ukrainian military medics is prepared to be transported to a hospital, at a stabilization point of the 47th Mechanized Brigade "Magura", in Pokrovsk district, in the eastern Donetsk region, on August 6, 2024, amid the Russian invasion of Ukraine. The industrial Donbas region has long been a key prize for the Kremlin. A decade ago, Vladimir Putin fostered a rebellion by separatists who seized swathes of the industrial territory in battles that cost thousands of lives. After failing to capture the capital Kyiv with its February 2022 invasion, Russia set its sights on wresting all of Donbas, Ukraine's mining heartland. (Photo by Roman PILIPEY / AFP)
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Die ukrainische Armee muss derzeit viel einstecken: Im Donbass verzeichnet sie täglich Geländeverluste. Zudem zieht der Herbst langsam ein, und die Soldaten müssen sich auf einen harten Winter vorbereiten. Das drückt auf die Moral, wie der amerikanische Fernsehsender CNN berichtet. Für eine Recherche sprach CNN mit sechs Offizieren und Kommandanten, die an der Ostfront kämpften oder noch im Dienst stehen. Alle berichten von einer Zunahme an Deserteuren und einer sinkenden Motivation.

Laut einem Kommandanten verliessen viele mobilisierte Soldaten ihre Positionen: «Wenn neue Leute hierherkommen, sehen sie, wie schwierig es ist. Sie sehen eine Menge feindlicher Drohnen, Artillerie und Mörser.» Falls sie die Kämpfe in den Gräben überleben, kehren laut dem Kommandanten viele nicht mehr zurück: «Sie verlassen entweder ihre Positionen, weigern sich, in den Kampf zu ziehen, oder versuchen, einen Weg zu finden, die Armee zu verlassen.»

Wie CNN berichtet, hatten viele der neuen Rekruten keine andere Wahl, als in den Krieg zu ziehen: «Sie wurden einberufen, nachdem im Frühjahr das neue ukrainische Mobilisierungsgesetz in Kraft getreten war. Und sie können erst dann legal ausreisen, wenn die Regierung die Demobilisierung eingeleitet hat.»

Mit dem neuen Gesetz, das vergangenen Juni in Kraft trat, sollte die Personalnot an der Front verringert werden. Auch im Ausland lebende Ukrainer können eingezogen werden. Vergangenen November veröffentlichte der britische Fernsehsender BBC eine Recherche, wonach seit Beginn der russischen Invasion mindestens 40’000 Männer vor dem Kriegsdienst ins Ausland flüchteten. Im Land ist die Gesetzesänderung ein viel diskutiertes Thema.

20 Tage am Stück im Graben

Verschiedene Soldaten erzählten CNN, dass auch der Munitionsmangel an der Front die ukrainischen Streitkräfte machtlos mache. Einige sprachen von Schuldgefühlen, weil sie nicht in der Lage waren, ihren Infanterieeinheiten angemessenen Schutz zu bieten.

«Die Tage sind lang. Die Soldaten leben in einem Unterstand und sind rund um die Uhr im Einsatz», sagt Andri Horetski, ein ukrainischer Militäroffizier, dessen Einheit in Tschassiw Jar kämpft. «Und wenn sie nicht schiessen können, sind die Russen im Vorteil.» Man höre die Russen vorrücken und wisse, dass man mit genügend Munition den Vorstoss hätte verhindern können.

Der Personalmangel und der intensive Beschuss an der Front verunmöglichen zudem regelmässige Rotationen in den Gräben. Serhi Tsehotski, Offizier einer motorisierten Infanteriebrigade, sagte, die Einheit versuche, die Soldaten alle drei bis vier Tage auszuwechseln. Doch die vielen russischen Drohnen könnten dies zu gefährlich machen. Oft sind die Soldaten gezwungen, länger in ihren Positionen zu bleiben. «Der Rekord liegt bei 20 Tagen», so Tsehotski.

In vier Monaten fast 19’000 Strafverfahren

Eine steigende Anzahl von Soldaten und Truppen gibt unter diesen Umständen auf. Gemäss CNN leitete die ukrainische Staatsanwaltschaft in den ersten vier Monaten dieses Jahres Strafverfahren gegen fast 19’000 Soldaten ein, die entweder ihren Posten verlassen hatten oder desertiert waren.

Viele Offiziere würden diese Fälle jedoch nicht den Behörden melden. «Sie hoffen, dass die Soldaten freiwillig zurückkehren, ohne dass ihnen eine Strafe droht», berichtet CNN. Das führe wiederum dazu, dass auf dem Schlachtfeld zwischen den Einheiten schlecht kommuniziert werde.

Kursk habe die Moral der Ukrainer verbessert

Ein Offizier einer in Pokrowsk kämpfenden Brigade, der darum bat, dass sein Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt wird, sprach von «grossen Problemen». Es habe sogar Fälle gegeben, in denen Truppen anderen Einheiten nicht das vollständige Bild des Schlachtfelds mitgeteilt hätten, weil sie befürchteten, dadurch schlecht dazustehen, so der Offizier.

In einem Gespräch mit CNN räumte der ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Sirski ein, dass die tiefe Moral ein Problem sei. Ein Lichtblick sei jedoch die Kursk-Operation. Nach Angaben von Kiew hat die Ukraine inzwischen die Kontrolle über 1300 Quadratkilometer russischen Territoriums. «Die Operation Kursk hat die Moral nicht nur des Militärs, sondern der gesamten ukrainischen Bevölkerung erheblich verbessert», sagte Sirski.