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Ukraine-Blog: Fotos, Fakes und Fragen
Zehntausende Ukrainer flüchteten vor dem Kriegsdienst

Er flüchtete zu Fuss nach Moldau: Der Ukrainer Jewgeni.
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Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist den meisten Männern zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise aus dem Land untersagt. Zahlreiche Männer haben seit Februar 2022 dennoch versucht, illegal aus dem Land auszureisen – und damit eine potenzielle Einberufung in die Armee zu umgehen.

Mindestens 40’000 Männer haben seit der russischen Invasion versucht, aus der Ukraine zu flüchten. Das zeigt eine neue Untersuchung des britischen Fernsehsenders BBC.

Einer dieser Männer ist Jewgeni, seinen Nachnamen will er wie alle Geflüchteten nicht in den Medien lesen. Er überquerte zu Fuss illegal die Grenze nach Moldau. «Was soll ich [in der Ukraine] tun?», sagte er gegenüber der BBC. «Nicht jeder ist ein Krieger. Man muss nicht das ganze Land einsperren. Man kann nicht alle in einen Topf werfen, wie es in der Sowjetunion der Fall war», so Jewgeni.

Die BBC wertete für die Untersuchung die Daten über illegale Grenzübertritte aus den Nachbarländern Rumänien, Moldau, Polen, Ungarn und der Slowakei aus. Dabei stellte der Fernsehsender fest, dass zwischen Februar 2022 und August 2023 mindestens 19’740 Männer illegal in diese Länder einreisten. Weitere 21’113 Männer wurden erwischt, als sie versuchten, die Grenzen zu überqueren.

Zu Fuss, schwimmend oder mit gefälschten Dokumenten

Die BBC konnte auch die Fluchtmethoden derjenigen auswerten, die beim Grenzübertritt aufgegriffen wurden: Die Mehrheit der Männer – rund 14’313 Personen – versuchten, die Grenze zu Fuss oder schwimmend über Flüsse zu überqueren. Die übrigen 6800 Personen wollten mithilfe von gefälschten Dokumenten das Land verlassen.

Der ukrainische Parlamentarier Fedir Venislawski räumte gegenüber der BBC ein, dass das Problem ernst sei. «Die Regierung ist sich darüber im Klaren, dass dieses Phänomen kein Einzelfall ist und dass es weitverbreitet ist. Aber leider möchte ich betonen, dass die Korruption sehr widerstandsfähig ist», sagte er und fügte hinzu, dass die Ukraine «alles tut, um die Zahl der Korruptionsfälle auf ein Minimum zu reduzieren».

Venislawski erklärte, dass die Zahl der Männer, die das Land verlassen haben oder zu verlassen versuchten, keinen Einfluss auf die Kriegsanstrengungen habe. «Ich bin davon überzeugt, dass die Widerstandskraft und die Bereitschaft der Ukrainer, ihre Unabhängigkeit, Souveränität und Freiheit zu verteidigen, bei 95–99 Prozent liegen», sagte Venislavskyi gegenüber BBC.

Seit Beginn der russischen Invasion hat die Ukraine in der Bevölkerung hohe Zustimmungswerte für die militärische Verteidigung gegen Russland: Eine Meinungsumfrage des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup vom vergangenen August zeigte, dass 60 Prozent der Ukrainer und Ukrainerinnen der Meinung sind, die Ukraine solle weiterkämpfen, bis sie den Krieg gewonnen hat. Im August 2022 betrug dieser Wert noch 70 Prozent.

«Für die einen geht es um die Verteidigung ihres Territoriums, für die anderen darum, sich und ihre Familien zu schützen.»

Danilo, der mit der Hilfe eines Schmugglers flüchtete

Jewgeni, der nach Moldau floh, sagte, dass er sich in der Ukraine vor seiner Flucht «eingesperrt» fühlte. Es sei schwierig gewesen, eine gut bezahlte Arbeit zu finden, «weil alles auf den Krieg ausgerichtet ist» und dennoch «Strom, Benzin, alles teurer geworden ist». Deswegen verliess er schliesslich die Ukraine – und überquerte zu Fuss die Grenze.

Während viele Männer die Reise eigenständig antreten, nehmen andere die Hilfe von Schmugglern in Anspruch. So auch ein Mann namens Danilo. Gegenüber der BBC erzählt er, dass er auf Telegram auf den Service eines Mannes gestossen ist, der Grenzübertritte über den Tisa-Fluss organisierte.

Für Danilo ist klar, dass Ukrainer ihre eigenen Entscheidungen treffen sollten. Er glaube nämlich immer noch daran, dass jede Person «ihre eigene Bestimmung im Leben» finden werde: «Für die einen geht es um die Verteidigung ihres Territoriums, für die anderen darum, sich und ihre Familien zu schützen. Einige wollen etwas schaffen, Unternehmen aufbauen, zur Wirtschaft des Landes beitragen.»

Gefängnisstrafen von bis zu acht Jahren

Was in Zukunft mit Männern passiert, die während des Krieges illegal das Land verlassen haben, ist nicht klar. Wer bei der Flucht von den Behörden erwischt wird, dem droht eine Geldstrafe von umgerechnet 92 bis 230 Franken und eine Gefängnisstrafe von bis zu acht Jahren.

Danilo hofft darauf, dass die Regierung nach Beendigung des Krieges Ausgereiste dazu ermutigt, zurückzukehren, statt sie zu bestrafen, wie er gegenüber der BBC sagt. «Ohne Menschen – noch dazu ohne kluge Menschen, die gutes Geld verdienen und gutes Geld in die Staatskasse einzahlen – ist es für den Staat schwieriger, zu existieren.»