Todesfälle im WettkampfTragische Geschichten, die der Radsport schreibt
Immer wieder haben Velorennen auf der Strasse Opfer gefordert. Die unvollständige Liste der letzten 40 Jahre zeugt von tragischen Schicksalen und jungen Menschen, die zu früh von uns gegangen sind.
Es ist eines der traurigsten Déjà-vus der Schweizer Sportgeschichte. Nicht einmal anderthalb Jahre nach dem Tod von Gino Mäder an der Tour de Suisse verunglückte an der Rad-WM in Zürich mit Muriel Furrer eine weitere junge Schweizer Radsportlerin.
Mäder stürzte in der Abfahrt vom Albulapass, am 15. Juni 2023, einem Donnerstag. Einen Tag darauf erlag der damals 26-Jährige seinen Verletzungen. Furrer stürzte in einem Waldstück oberhalb von Küsnacht ZH, am 26. September 2024, ebenfalls ein Donnerstag. Auch die 18-Jährige verstarb tags darauf.
Es sind zwei Schicksale, die für immer im kollektiven Gedächtnis bleiben werden. Und es sind Unfälle, die sich in eine tragische Reihe von Todesfällen von Radsportlerinnen und Radsportlern einreihen.
André Drege (NOR, † 6. Juli 2024)
Der 25-jährige Drege stürzt bei der Königsetappe der Österreich-Rundfahrt auf der Abfahrt vom Grossglockner und verletzt sich dabei tödlich. Nach dem Tod des Norwegers werden die Rufe nach einem Airbag lauter. «Gerade Airbags halte ich für einen vielversprechenden Ansatz. Es gibt bereits Modelle, die als eine Art Mini-Rucksack getragen werden können», sagt der Deutsche Radprofi Maximilian Walscheid. Ob der Airbag die tödlichen Verletzungen von Drege hätte verhindern können, kann nicht abschliessend geklärt werden.
Bjorg Lambrecht (BEL, † 5. August 2019)
Der 22-jährige Belgier kommt auf der 3. Etappe der Polen-Rundfahrt von der regennassen Strasse ab und prallt gegen eine Betonkonstruktion. Lambrecht wird an der Unfallstelle reanimiert und danach in ein Krankenhaus in Rybnik gebracht. Dort stirbt er während einer Operation infolge eines Leberrisses. Die Rundfahrt wird fortgesetzt, die 4. Etappe allerdings verkürzt und neutralisiert gefahren.
Antoine Demoitié (BEL, † 27. März 2016)
Beim Klassiker Gent–Wevelgem stürzt der 25-jährige Einheimische. Ehe er aufstehen kann, wird er von einem Begleitmotorrad angefahren und schwer am Kopf verletzt. Noch am selben Tag erliegt er im Krankenhaus von Lille seinen Verletzungen.
Wouter Weylandt (BEL, † 9. Mai 2011)
Auf der dritten Etappe des Giro d’Italia stürzt der 26-Jährige in der Abfahrt vom Passo del Bocco. Während er sich nach hinten orientiert, um die aktuelle Rennsituation zu überblicken, touchiert er eine Mauer und wird dadurch auf die andere Strassenseite geschleudert. Dabei erleidet er einen Schädelbasisbruch. Weylandt stirbt noch an der Unfallstelle.
Andrei Kiwiljow (KAZ, † 12. März 2003)
Zu Beginn der Saison 2003 gilt bei Weltcuprennen noch keine Helmpflicht. Dann stürzt der Kasache Andrei Kiwiljow vom Team Cofidis bei Paris–Nizza und erleidet eine tödliche Kopfverletzung – nach Aussage seines Teamarztes an einer Stelle, die ein Helm geschützt hätte. Der Mediziner ist überzeugt davon, dass ein Helm Kiwiljow das Leben gerettet hätte. Zwei Monate nach dem Tod des Kasachen macht der Weltverband Helme obligatorisch.
Fabio Casartelli (ITA, † 19. Juli 1995)
Der Italiener gilt als grosses Talent, hat 1992 in Barcelona das olympische Strassenrennen gewonnen. An der Tour de France 1995 stürzt Casartelli in der Abfahrt vom Col de Portet-d’Aspet, prallt mit dem Kopf gegen einen Betonpfeiler und stirbt im Helikopter auf dem Weg ins Spital. Einen Helm trägt er nicht. Am Tag nach dem Unfall überqueren die Fahrer des Teams Motorola gemeinsam die Ziellinie. Als Lance Armstrong drei Tage später die Etappe nach Limoges gewinnt, widmet er den Sieg seinem verstorbenen Teamkollegen.
Michel Goffin (BEL, † 27. Februar 1987)
Der Belgier aus dem Hitachi-Team verpasst bei der Tour du Haut-Var in einer Abfahrt eine Kurve und stürzt mehrere Dutzend Meter einen Abhang hinab. Er erleidet ein schweres Schädeltrauma und mehrere Knochenbrüche, sechs Tage später stirbt er im Krankenhaus von Timone. Da wenige Tage zuvor auch der Spanier Vicente Mata bei einem seiner ersten Profirennen von einem Auto zu Fall gebracht wurde und starb, beginnt im Weltverband UCI erstmals die Diskussion um ein Helmobligatorium.
Emilio Ravasio (ITA, † 28. Mai 1986)
Der Italiener kommt in der 1. Etappe des Giro d’Italia zu Fall. Er steigt danach wieder aufs Rad und erreicht das Ziel im sizilianischen Sciacca, doch ein paar Stunden später klagt er über starke Übelkeit. Er wird ins Krankenhaus von Palermo überführt, wo er nach sechzehn Tagen im Koma stirbt.
Joaquim Agostinho (POR, † 10. Mai 1984)
Während der Algarve-Rundfahrt kommt der zweimalige Tour-de-France-Dritte kurz vor dem Ziel durch einen Hund zu Fall. Er steigt wieder aufs Rad, fährt über die Ziellinie und läuft dann zu einer Ambulanz, wobei er sich den Kopf hält. Nach einem Zwischenstopp in einem Hotel wird er ins nahe Krankenhaus von Faro gebracht, wo ein Schädelbruch diagnostiziert wird. Zur Behandlung wird er ins 280 Kilometer entfernte Lissabon überführt, doch noch während der Fahrt fällt der Portugiese ins Koma, aus dem er nicht mehr erwacht.
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