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Verunglücktes Tauchboot Titan
«Titanic»-Regisseur James Cameron: «Ich bin erstaunt über die Ähnlichkeit mit der Titanic-Katastrophe»

Die US-Marine geht von einer Implosion aus: Am Donnerstag wurde der Fund von Trümmerteilen des Tauchboots nahe dem Wrack der Titanic bestätigt.
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Als das tödliche Ende dieser Tauchfahrt schliesslich Gewissheit war, meldete sich auch James Cameron. Es gibt nicht viele Menschen, die öfter unten bei der Titanic waren als er, 33-mal. Der Regisseur sah sich das berühmteste Wrack der Welt immer wieder an, als er 1997 seinen Film drehte, der das Wrack noch berühmter machte. Er sei erstaunt über die Ähnlichkeit mit der Katastrophe von damals, sagte Cameron jetzt dem amerikanischen Sender NBC. Er erinnerte daran, wie seinerzeit «der Kapitän wiederholt vor dem Eis vor seinem Schiff gewarnt wurde und dennoch mit voller Geschwindigkeit in ein Eisfeld fuhr».

Der Dampfer wurde am 15. April 1912 auf dem Weg von Southampton nach New York von einem Eisberg aufgeschlitzt und sank im kalten Nordatlantik, mehr als 1500 Menschen starben. Schnell wollte der Kapitän damals sein, er unterschätzte die bekannten Gefahren. Die Reste der Titanic ruhen in 3800 Meter Tiefe, jetzt ist mehr als ein Jahrhundert danach ganz in der Nähe die Titan implodiert. Fünf Männer wollten durch ein Bullauge ihres Unterwasserfahrzeuges das Mahnmal besichtigen, obwohl ihr Mini-U-Boot offenbar rudimentär ausgestattet und miserabel gewartet war. Sie fanden den Tod.

Gewaltsam nach innen kollabiert

Man wird nie erfahren, was sie auf dieser Reise sahen. Sicher ist, dass sie keine Chancen hatten, als es geschah, obwohl die Leichen bis zuletzt nicht gefunden wurden und angesichts der mutmasslichen Kraft der Zerstörung vielleicht nie gefunden werden. Am frühen Donnerstagnachmittag Ostküstenzeit informierte die US-Küstenwache darüber, dass ein ferngesteuerter Roboter am Meeresgrund knapp 500 Meter von der Titanic entfernt Trümmer der Titan entdeckt habe. Angesichts der Fundstücke gehe man von einer «katastrophalen Implosion» aus, erläuterte der Konteradmiral John Mauger in Boston. Offenkundig hatte die Druckkammer nicht gehalten. Dies sei eine unnachgiebige Umgebung, so Mauger, und ein komplexer Fall, die Details müssten erst noch untersucht werden.

Im Namen der US-Küstenwache und der Suchtrupps sprach er den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus. Gesteuert wurde die kleine Kapsel von Stockton Rush, 61, dem Chef des Unternehmens Oceangate Expeditions. Bei ihm sassen dicht nebeneinander der Engländer Hamish Harding, 58, Geschäftsmann und Abenteurer, der britisch-pakistanische Unternehmer Shahzada Dawood, 48, und dessen Sohn Suleman Dawood, 19 Jahre alt. Der fünfte Mann war der Franzose Paul-Henri Nargeolet, 77, ein Profi, der das Risiko trotzdem einging. «Wahre Entdecker, die einen ausgeprägten Abenteuergeist und eine tiefe Leidenschaft für die Erforschung und den Schutz der Weltmeere teilten» seien es gewesen, sagte Andrew Von Kerens, Sprecher von Oceangate. 

Navigation per Game-Controller: Oceangate-Gründer Stockton Rush im Innern der Titan.

Der Trip kostete diese Entdecker bis zu 250'000 Dollar pro Person, es war ein Thrill für Wohlhabende. Sie bezahlten den höchsten Preis, ihr Leben. So weit unter der Meeresoberfläche herrschen enorme Kräfte. Auch Regisseur James Cameron meint, dass das hohle Objekt sozusagen gewaltsam nach innen kollabiert sein muss. Es müsse ein extrem heftiges Ereignis gewesen sein, «als würden zehn Kisten Dynamit explodieren.»

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Cameron findet es surreal, dass ausgerechnet am Ort dieser historischen Tragödie wieder Warnungen in den Wind geschlagen wurden. Noch dazu in Anbetracht all der übrigen, besser vorbereiteten oder glücklicheren Tauchgänge, die in der Regel unfallfrei verlaufen. 2012 tauchte der berühmte Cineast selbst in der Deepsea Challenger 11'000 Meter in den Marianengraben im Pazifik hinab, bis an den tiefsten Punkt der Weltmeere. Er hatte das Transportmittel zusammen mit einem australischen Ingenieur entwickelt.

Gewöhnlich werden U-Boote für solche Missionen ausgiebig untersucht, das scheint bei der Titan nicht der Fall gewesen zu sein. Die Oceangate Expeditions ging über Bedenken dem Vernehmen nach hinweg. Ab einem gewissen Punkt sei Sicherheit reine Verschwendung, wird CEO Stockton Rush, der unter den Toten ist, aus einem Interview im vergangenen Jahr zitiert. «Ich meine, wenn Sie einfach nur sicher sein wollen, steigen Sie nicht aus dem Bett. Steigen Sie nicht in Ihr Auto. Tun Sie gar nichts.»

Der Experte Cameron vermutet, dass durch die Schockwellen auch der Transponder zerstört worden sei, der die Position des Tauchgeräts an das Mutterschiff durchgegeben habe. Eine Stunde und 45 Minuten nach dem Start am Sonntag war die Verbindung abgebrochen. Inzwischen heisst es, dass die US Marine mit einem geheimen Programm durch akustische Analysen «eine Anomalie entdeckt» habe, die zu einer Implosion oder Explosion in jenem Bereich passte, wo die Kommunikation verloren gegangen sei.

Aber dies sei keine definitive Erkenntnis gewesen, berichtete ein Marine-Offizier dem Wall Street Journal. Deshalb sei die Information zwar an die Suchmannschaften übermittelt, aber beschlossen worden, weiterzumachen und «alles zu tun, um die Leben an Bord zu retten». Am Dienstag und Mittwoch wurden von einem kanadischen Flugzeug aus Klopfgeräusche empfangen – das hielt die Hoffnung wach, doch das Signal konnte nie dem Havaristen zugeordnet werden und muss andere Ursprünge gehabt haben.

Auslöser grosser Debatten

Viele Beobachter haben den fatalen Eindruck, dass diesem Drama mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde als etwa dem Schicksal Hunderter Geflüchteter im Mittelmeer. Im Netz machten noch am Donnerstag Vergleiche wie dieser die Runde, dass mit einer millionenschweren Aktion nach fünf reichen Männern gesucht werde und es bei 750 vermissten Migranten nur heisse, man müsse an den Grenzen strenger sein. Aber das war vor der Nachricht vom Tod im Nordmeer.

Allerdings wird nun auch in den USA ganz grundsätzlich über solche Tiefseekommandos debattiert. Es gebe ernsthafte Leute, die für ihre Neugier viel Geld investierten, sagte der derzeit viel befragte Titanic-Filmemacher Cameron CNN. Er wolle sie nicht entmutigen. «Aber ich denke, dass es jetzt fast eine Lektion ist.» Wer in ein Fahrzeug einsteige, egal ob Flugzeug, Überwasserfahrzeug oder Tauchfahrzeug, der solle sicherstellen, dass es von einer Zertifizierungsstelle geprüft worden ist.

Seit ihrer Entdeckung 1985 ist die Titanic diverse Male begutachtet worden, allein Paul-Henri Nargeolet hatte 37 Touren zu dieser versunkenen Grabstätte hinter sich. «Wir nannten ihn Mr. Titanic», sagt Michael Findlay, der ehemalige Präsident der Titanic International Society. «Er kannte sie besser als jeder andere.» Auch Nargeolet starb nun dort, wo das grosse Schiff liegt.