DorfgeflüsterThalwils gefährliche Behauptung
Eine Kolumne über eine Behauptung der Gemeinde Thalwil, die innen- und aussenpolitisch ins Auge gehen könnte.
Da lag sie nun also, die sonnen- und seehungrige Bevölkerung: Ihre Badetüchli hatte sie am Pfingstmontag in Thalwils öffentlichen Seeanlagen ausgebreitet, dicht an dicht. Als wären die Corona-Regeln längst passé. Einzigartig ironisch war der Anblick aber vor allem wegen der aufgestellten Plakate der Gemeinde. Sie animiert auf diesen zum Abstandhalten, mit dem doppeldeutigen Slogan: «Wir haben mit Abstand die schönsten Seeanlagen.»
Diese Behauptung ist in ihrem wortwörtlichen Sinn freilich äusserst gewagt. Am anderen Ufer drüben, wo sie das allabendlich besonnte Küsnachter Horn haben, wird man sie zwar mit einem müden Lächeln zur Kenntnis nehmen. Was aber löst der Spruch im näheren Umfeld aus? Zum Beispiel im benachbarten Langnau, wo man sich sehnlichst wünschte, überhaupt Seeanstoss zu haben? (Anm. d. Red.: Die wilde Sihl ist nur beschränkt «bebadbar».) Die stolze Thalwiler Behauptung könnte schlimmstenfalls bisher gutnachbarschaftliche Beziehungen gefährden.
Doch nicht nur aussenpolitisch ist die Angelegenheit in hohem Masse heikel. Innenpolitisch könnte sich der Gemeinderat mit der Aussage – auweia! – gar selber ein Ei legen: Denn wie soll er erwarten können, dass die Thalwiler an der Urnenabstimmung vom 28. Juni dem gemeinderätlichen Vorschlag zum Neubau des Seeufers zustimmen, wenn sie jetzt schon «die schönsten Seeanlagen» haben?
Kommt hinzu: Am selben Datum wird in Thalwil über die Einführung eines Parlaments abgestimmt. Werden die Bürger dieses nun befürworten, in der Hoffnung, ein Parlament würde solch politisch heikle Slogans künftig verhindern können?
Fragen über Fragen. Sicher ist einzig: Über das Thema Parlament wird heute Donnerstagabend in einer Online-Podiumsdiskussion live debattiert (um 20 Uhr auf www.zsz.ch). Ganz ohne Ironie, dafür unter Einhaltung der Corona-Regeln. So ists mit Abstand am besten.
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