Neue ForschungenKünstlicher Süssstoff macht uns hungrig
Sucralose stillt unseren Hunger nicht wie angenommen, sondern befeuert ihn im Gegenteil. Das weisen neuste Untersuchungen nach.

- Eine neue Studie zeigt verstärkte Hirnaktivität im Hungerzentrum nach Sucralose-Konsum.
- Künstliche Süssstoffe lösen keine Ausschüttung von Sättigungshormonen im Körper aus.
- Die WHO empfiehlt Verzicht auf Süssstoffe wegen Diabetes- und Herz-Kreislauf-Risiken.
Auf Süsses zu verzichten, ist nicht immer einfach. Zumindest kurzfristig sorgt Zucker im Körper für Glücksgefühle. Weil Zucker jedoch ungesund ist, Karies auslöst und für Übergewicht sorgt, sind Süssgetränke oder Kaugummis heute oft künstlich gesüsst. Künstliche Süssstoffe sind allerdings nicht immer ein idealer Ersatz.
Eine neue Untersuchung zeigt nun, dass künstliche Süsse den Kalorienverzicht sogar erschweren kann. Erschienen ist die Studie eines US-Forschungsteams in der Fachzeitschrift «Nature Metabolism». Die Forscherinnen haben untersucht, wie der künstliche Süssstoff Sucralose auf das menschliche Gehirn wirkt. Man findet die künstlichen Süssstoffe in der Zutatenliste eines Produkts manchmal auch abgekürzt, E 955 steht für Sucralose. Enthalten ist Sucralose beispielsweise in verschiedenen zuckerfreien Süssgetränken und Kaugummis.
Hinweise, dass Süssstoffe eine Auswirkung auf das Gehirn haben könnten, gab es bereits aus Tier- und Zellstudien. In der aktuellen Untersuchung tranken die 75 Testpersonen an je unterschiedlichen Tagen morgens auf leeren Magen entweder Wasser, ein künstlich gesüsstes oder ein gezuckertes Getränk. Danach untersuchten die Studienleiterinnen die Wirkung der unterschiedlichen Getränke mithilfe eines Gehirnscans (fMri), Blutproben und einer Befragung.
Nachdem die Testpersonen das mit Sucralose gesüsste Getränk zu sich genommen hatten, stellten die Forscherinnen ausgerechnet in jener Region des Gehirns verstärkte Aktivität und Durchblutung fest, die für die Regelung der Hungergefühle zuständig ist. Die Probanden hatten grösseren Appetit, als wenn sie Wasser tranken oder das gezuckerte Getränk. Das bestätigte auch die Befragung, alle fühlten sich nach der Sucralose am hungrigsten.
Das Gehirn bekommt bei Süssstoff widersprüchliche Signale
Das Team um die Endokrinologin Kathleen Page von der University of Southern California hat eine Vermutung, woran das liegen könnte. «Im Gegensatz zu Zucker löst Sucralose nicht die Ausschüttung der Hormone Insulin und GLP-1 aus, die dem Gehirn signalisieren, dass jemand gegessen hat», sagte Page im Interview mit dem «New Scientist».
Das verwirre das Gehirn vermutlich und sorge für eine Fehlanpassung, weil der Körper einerseits den süssen Geschmack wahrnehme, gleichzeitig aber keine Sättigungssignale bekomme. Das wiederum könne mit der Zeit dazu führen, dass man sich verstärkt nach süssen Lebensmitteln sehne.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sucralose in die Kritik gerät. So warnt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit auf seiner Website davor, dass beim Erhitzen von Produkten mit Sucralose Verbindungen entstehen könnten, «die möglicherweise krebserregend» seien.
Auch zu anderen Süssstoffen gibt es Studien, die Gesundheitsrisiken aufgezeigt haben. Zudem gibt es Hinweise, dass Süssstoffe das Mikrobiom im Darm negativ beeinflussen. Doch noch ist diese Frage nicht abschliessend geklärt. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit verweist auf eine ETH-Studie, in der die Autoren festhalten, dass die Forschung zu diesen Fragen noch in der Anfangsphase stecke.
Xylit kann Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen
Auch zum Zuckerersatz Xylit (E 967) erschien letztes Jahr eine Studie, die zeigte, dass Xylit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann. Auch der häufig verwendete Süssstoff Aspartam (E 951) wurde von der Internationalen Agentur für Krebsforschung 2022 als «möglicherweise krebserregend» eingestuft. Abhängig ist das aber auch von der verzehrten Menge.
Die Allianz Ernährung Gesundheit, an der unter anderen die Schweizer Herzstiftung oder Pädiatrie Schweiz beteiligt sind, hat ein «Zuckermanifest» veröffentlicht und fordert darin, in Produkten, die sich an Kinder und Jugendliche richten, keine künstlichen Süssstoffe zu verwenden.
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät inzwischen davon ab, beim Abnehmen auf künstliche Süssstoffe zu setzen. Weil die Süssstoffe möglicherweise das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhten.
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