In Studien nachgewiesenDiese pflanzlichen Präparate helfen bei Heuschnupfen
Eine Veröffentlichung der Uni Bern bestätigt die Wirksamkeit von Pestwurz und Quitte. Entsprechende Extrakte bieten eine Alternative zu klassischen Antihistaminika.

- Forschende der Universität Bern bestätigen die Wirksamkeit pflanzlicher Heilmittel gegen Heuschnupfen.
- Pestwurz-Extrakt hilft nachweislich bei verstopfter Nase, ähnlich wie klassische Antihistaminika.
- Zitronen-Quitten-Extrakt verbessert als Nasenspray oder Injektion die Atmung deutlich.
- Die pflanzlichen Präparate verursachen weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Allergiemedikamente.
Allergenvermeidung, Medikamente, Immuntherapie – wer unter Heuschnupfen (allergische Rhinitis) leidet, kennt in der Regel die Möglichkeiten, um die unangenehmen Symptome zu vermeiden oder zumindest zu lindern.
Eine Behandlungsoption, die seltener Erwähnung findet, ist die Verwendung von pflanzlichen Heilmitteln, sogenannten Phytopharmaka. Dabei ist bei gewissen Präparaten die Wirksamkeit vergleichbar mit jener herkömmlicher Medikamente wie Antihistaminika. Das zeigt eine Übersichtsarbeit von Forschenden der Universität Bern in den «International Archives of Allergy and Immunology», bei der bestehende Studien systematisch ausgewertet und nach Qualität gewichtet wurden. Das Fachblatt ist im Allergiebereich angesehen, und die Arbeit wurde vor der Veröffentlichung von unabhängigen Fachleuten in einer sogenannten Peer-Review begutachtet.
Von 14 Studien in Fachjournalen waren sieben von ausreichender Qualität für die wissenschaftliche Auswertung. Der therapeutische Nutzen zeigte sich bei zwei Präparaten:
einem Pestwurz-Extrakt, der in Tablettenform eingenommen wird. Gemäss Studien hilft er gegen eine verstopfte Nase und sorgt für eine erleichterte Atmung. Die Wirkung war in den meisten Studien der Placebokontrolle überlegen und vergleichbar mit herkömmlichen Medikamenten.
einem Zitronen-Quitten-Extrakt, der ursprünglich aus der anthroposophischen Medizin stammt. Als Nasenspray sorgte der Extrakt für eine verbesserte Atmung, die stärker war als eine Placebobehandlung. Unter die Haut gespritzt, sorgte der Extrakt für langfristige Verbesserungen, insbesondere bei morgendlichen Beschwerden.
«Bei Heuschnupfen sind die beiden pflanzlichen Präparate wirksam und oft herkömmlichen Medikamenten wie Antihistaminika ebenbürtig», sagt Ursula Wolf, Studienleiterin und Direktorin des Instituts für Komplementäre und Integrative Medizin an der Universität Bern. Welche Arznei genommen werden soll, hängt dabei vor allem von den Präferenzen der Patienten und Behandler ab.
«Keine medizinischen Gründe» sprechen dagegen
«Es gibt keine medizinischen Gründe, von einer Behandlung mit den Phytotherapeutika abzusehen», sagt die Professorin, die auch als Ärztin tätig ist. Auch nicht das Risiko für einen sogenannten Etagenwechsel. Dazu kommt es bei rund einem Fünftel der Betroffenen mit Heuschnupfen. Sie entwickeln mit den Jahren zusätzlich ein allergisches Asthma. Um das Risiko für einen Etagenwechsel so gering wie möglich zu halten, sollten Heuschnupfenbeschwerden ausreichend behandelt werden. «Wichtig ist deshalb, dass ein Phytotherapeutikum abgesetzt und durch ein herkömmliches Medikament ersetzt wird, wenn es nicht wie gewünscht wirkt», so Wolf.

Dass Phytopharmaka bei Heuschnupfensymptomen helfen, ist nicht überraschend. Sie enthalten chemische Substanzen, deren entzündungshemmende und immunregulierende Eigenschaften bekannt sind. «In der Praxis werden solche Mittel schon länger eingesetzt», sagt Ursula Wolf. «Dabei wird vieles als wirksam beworben, ohne dass dies in gut gemachten Studien nachgewiesen wurde.» Die Forschenden nahmen nur Präparate unter die Lupe, die in einem standardisierten Verfahren hergestellt wurden. Die beiden Extrakte mit nachgewiesener Wirksamkeit sind bei Swissmedic als Arzneimittel zugelassen.
Medizinerin Wolf rät davon ab, Tees statt der definierten Extrakte einzunehmen. «Das ist nicht das Gleiche», sagt sie. «Die Inhaltsstoffe können bei Tees oder anderen Zubereitungen erheblich variieren.» So unterscheiden sich zum Beispiel bei der Pestwurz die Inhaltsstoffe zwischen Wurzel und Blättern. Deshalb seien die in den Studien berichteten positiven Effekte nicht ohne weiteres auf andere Pestwurzprodukte übertragbar, so Wolf.
Schädliche Inhaltsstoffe müssen entfernt werden
Ebenfalls bei der Pestwurz kommen potenziell schädliche Inhaltsstoffe hinzu, sogenannte Pyrrolizidinalkaloide. Diese werden bei einer geeigneten Extraktherstellung entfernt. Gleichzeitig wird geschaut, dass der mutmasslich wichtigste Wirkstoff Petasin in einer konstanten Menge vorhanden ist.

Die pflanzlichen Präparate zeigten in den Studien keine ernsthaften Nebenwirkungen. Nur selten berichteten Teilnehmende der Pestwurzstudien von leichten Kopfschmerzen und Magenbeschwerden. Bei einer Injektion mit Zitronen-Quitten-Extrakt unter die Haut könne es für zwei, drei Minuten zu einem Brennen kommen, so Wolf. Allergien oder Interaktionen mit anderen Medikamenten seien bisher nicht beobachtet worden.
«Die geringen unerwünschten Wirkungen sind ein Vorteil bei Patientinnen und Patienten, die herkömmliche Medikamente nicht so gut vertragen», so Wolf. «Antihistaminika, teilweise selbst diejenigen der neuesten Generation, können müde machen.» Die Medizinerin weist darauf hin, dass mit weiteren Studien die Wirksamkeit pflanzlicher Mittel wie des Zitronen-Quitten-Extrakts oder von Pestwurz-Präparaten bestätigt werden könnte.
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