Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Kleine Bewegung, grosser Effekt
Bei Tanz­paaren synchroni­sieren sich die Hirn­signale

Mehrere Männer und Frauen tanzen Tango in einem Tanzstudio mit Spiegeln und roten Vorhängen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Forschende untersuchten 80 Tanzpaare mit unterschiedlichen visuellen Bedingungen beim Paartanz.
  • Visuelle Wahrnehmung erwies sich als wichtiger Orientierungsfaktor als die Musikbegleitung.
  • Leichte Kniebeugen im Takt zeigten überraschend starke Auswirkungen auf die Gehirnaktivität.
  • Gemeinsames Tanzen aktiviert spezielle neuronale Prozesse für zwischen­menschliche Synchronisation.

Zwei Menschen bewegen sich auf der Tanzfläche: Sie wiegen sich geschmeidig im Takt, ein Arm liegt auf einer Schulter des Gegenübers, dann löst sich die Verbindung, es folgt eine schnelle Drehung.

Was passiert bei einer solchen Sequenz im Gehirn der Tanzenden? Neurowissenschaftler des Istituto Italiano di Tecnologia in Rom haben Gehirnaktivitäten und Bewegungen von Tanzenden gemessen und stellen die dabei ablaufenden Prozesse im «Journal of Neuroscience» vor.

In dem Experiment verband das Team um Félix Bigand und Giacomo Novembre 80 Tänzerinnen und Tänzern teilweise die Augen, um die Rolle der visuellen Wahrnehmung zu messen. Ausserdem liessen sie die Studienteilnehmer nicht nur zu Musik, sondern auch ohne Musik tanzen. Konkret ging es um Paartänze, bei denen einer der Beteiligten führt und die andere Person folgt.

Die Forscher fanden heraus, dass das Visuelle eine besonders wichtige Rolle spielte. Sobald die Tanzenden sich sehen konnten, orientierten sie sich sogar stärker an den beobachteten Bewegungen als etwa an der Musik.

Beim Tanz im Takt mit den Knien wippen

«Wir haben eine neue Methode angewendet, um Gehirnaktivität bei Menschen zu beobachten, während sie tanzen», erklärt Co-Autor Novembre. Es sei gelungen, die Signale im Gehirn aufzuschlüsseln, die zwar miteinander verflochten, aber dennoch zu unterscheiden seien. «Das scheint technisch, aber es ist tatsächlich ein wichtiger Fortschritt, der die generelle Erforschung des freien Willens aus einer neurowissenschaftlichen Perspektive voranbringen wird.»

Was die Forscher überraschte: Das Gehirn sprang besonders auf sogenanntes Bouncen an – also leichte Beugebewegungen der Knie im Takt. «Obwohl es sich um eine der kleinsten und subtilsten Bewegungen handelt, scheint Bouncen die Aufmerksamkeit effektiver zu fesseln als andere Bewegungen», sagt Novembre. Bouncen fördere die zwischenmenschliche Synchronität daher besonders stark.

Der Forscher betont, man habe bei den untersuchten Paartänzen ein neuronales Signal entdeckt, das widerspiegele, wie gut die Bewegung einer tanzenden Person mit jenen ihres Partners oder ihrer Partnerin synchronisiert sei.

Zwischenmenschliche Reaktionen im Gehirn

«Entscheidend ist, dass dieses Signal nicht durch die Bewegungen eines der beiden Tänzer allein erklärt werden kann, sondern vielmehr aus ihrer Interaktion – insbesondere aus ihrer Synchronität – hervorgeht», erklärt er. «Dies deutet darauf hin, dass es echte zwischenmenschliche neuronale Prozesse während des gemeinsamen Tanzes gibt, die mehr sind als die Summe der individuellen Beiträge.»

Die italienischen Forscher sind nicht die ersten, die sich damit auseinandergesetzt haben, was beim Tanzen im Körper passiert und welche Auswirkungen es hat. So fand etwa ein Team in einer 2015 in den «Biology Letters» der britischen Royal Society veröffentlichten Studie heraus, dass synchrone Bewegungen, wie sie etwa beim Tanzen in Gruppen ausgeführt werden, bei Tänzern das Schmerzempfinden sinkt und sich soziale Bindungen verstärken. Das soll demnach daran liegen, dass dabei Endorphine ausgeschüttet werden.