Streit um E-IDCorona-Gegner kapern mit rechtsextremer Junger Tat ein Referendum der Piraten
Die Piratenpartei schreibt sich den Kampf gegen die elektronische Identität auf die Fahne. Doch nun stehlen ihr andere die Show. Statt Kooperation mit Massnahmenskeptikern gibt es Zoff.

Seit Donnerstag können Unterschriften gesammelt werden gegen die geplante Einführung des elektronischen Identitätsnachweises (E-ID). Und gleich am ersten Tag geben sich die Gegner der E-ID aufs Dach – in einem internen Chat, aber auch öffentlich.
Sauer ist vor allem die Piratenpartei. Sie entschied bereits vor Monaten, das Referendum gegen das Vorhaben zu ergreifen, das National- und Ständerat mit grossem Mehr verabschiedet hatten. Doch nun sind die Piraten – zumindest was das Mediale betrifft – zu langsam gewesen.
Beim «Blick» mussten sie am Mittwoch lesen, dass die Gruppierung Mass-voll – also die Pandemiemassnahmengegnerschaft um Nicolas Rimoldi – «aus Angst vor Überwachung» Unterschriften gegen die E-ID sammle. Dies stiess dem Vizepräsidenten der Piratenpartei sauer auf: Auf der Plattform X beklagte sich Pipo Langstrumpf, bürgerlich Philippe Burger, über «das freche Vorpreschen dieser Massnahmenkritiker von zweifelhaftem Ruf».
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Parallel zur öffentlichen Kritik tauschten sich die Piraten am Donnerstag aber weiterhin in einem Chat zum E-ID-Referendum mit Rimoldi und ähnlich Gesinnten aus. Dies geschah auf dem verschlüsselten Messenger-Dienst Signal unter dem Logo einer Datenkrake.
«Du machst hier auf Coronafascho-Inzest»
Doch dann gesellte sich einer der Hauptfiguren der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat dazu. Der neue Chat-Teilnehmer aus dem Kanton Zürich war auch schon wegen Rassendiskriminierung und Waffenbesitz verurteilt worden.
Nach einigen Stunden schloss Piratenpartei-Vize Burger den jungen Mann aus der Gruppe aus. «Sorry, aber Rechtsextreme sind hier nicht willkommen», schrieb er. Das zeigen Screenshots, die dieser Redaktion vorliegen. «Ich habe deshalb ein Mitglied aus der Gruppe entfernt.»
Dagegen setzte sich Mass-voll-Präsident Rimoldi zur Wehr. «Entweder gilt hier ein konstruktiver Geist im Sinne der Sache», antwortete er Burger, «oder du machst hier auf Coronafascho-Inzest und wir verzichten seitens Mass-voll auf jede Kooperation.»
Geschrumpfte Gegnerschaft
Auf getrennte Wege scheint es nun auch vonseiten der Piratenpartei hinauszulaufen. Auf Anfrage sagt Burger: «Wir distanzieren uns von Mass-voll und erst recht von der Jungen Tat.» Rimoldi wiederum hat dafür kein Verständnis: «Wir von Mass-voll lassen uns von niemandem sagen, was wir tun sollen und was nicht.» Man arbeite mit allen zusammen, die politisch das gleiche Ziel erreichen wollen – «auch mit der Jungen Tat».
Einer der Chat-Teilnehmer fürchtete, dass das Mittun der Rechtsaussen-Gruppierungen viele abschrecken könnte vor dem Referendum: «Leider schalten immer noch zu viele Schafe ab, wenn sie Mass-voll oder Aufrecht hören.» Mit «Schafen» bezeichneten verschwörungstheoretisch geprägte Köpfe die Menschen, die angeblich in einem Herdentrieb Anti-Covid-Massnahmen befolgten.
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Auch ohne Streit könnte es für die E-ID-Gegnerschaft schwierig werden, ihren Erfolg von 2021 zu wiederholen. Damals hatten schweizweit rund zwei Drittel der Stimmenden eine Einführung des elektronischen Identitätsnachweises abgelehnt. In der Vorlage, die nun zur Debatte steht, wurden verschiedene Kritikpunkte am ursprünglich geplanten Gesetz aufgenommen. So soll die E-ID nicht mehr von Privaten, sondern vom Staat herausgegeben werden.
Deshalb wechselten einstige Gegner wie die Digitale Gesellschaft in das Lager der Befürworter. Weiterhin wehren sich vor allem die Corona-Skeptiker – und diese sind zersplittert: Am Donnerstag haben mit «Aufrecht Schweiz» und den «Freunden der Verfassung» zwei weitere ihrer Organisationen angekündigt, dass sie das Referendum gegen die E-ID ergreifen. Sie wollen gemeinsam gegen «neue Möglichkeiten der elektronischen Überwachung» ankämpfen. Die Piraten wollen ihr Komitee am Freitag präsentieren.
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