Streit in der Piratenpartei«Werde euer Leben zerstören»: Piratin zeigt Parteikollegen an
Die Piratenpartei sammelt für das Referendum gegen die elektronische ID. Im Hintergrund läuft ein Machtkampf.

- Im Vorstand der Piratenpartei Schweiz rumort es.
- Vorstandsmitglied Nicole Rüegger hat Chatnachrichten ihres Kollegen Philippe Burger zur Anzeige gebracht.
- Die Piratenpartei sammelt Unterschriften für das Referendum gegen die elektronische ID.
Eigentlich geht es um die Frage, ob die Schweizerinnen und Schweizer künftig eine elektronische ID haben werden oder nicht. Bundesrat und Parlament haben dafür die gesetzlichen Grundlagen verabschiedet. Die Piratenpartei will es verhindern, sie warnt vor den Folgen für Datenschutz und persönliche Freiheit. Deshalb hat sie im Januar das Referendum gegen das E-ID-Gesetz lanciert. Bis 21. April müssten 50’000 Unterschriften zusammen sein, noch sind es erst gut 10’000.
Doch nun sind die Piraten mit einem internen Streit beschäftigt. Davon zeugen E-Mails der letzten Tage, welche Medienschaffende erhalten haben. In einem ersten Mail vom Freitag lädt Pascal Fouquet, Vorstandsmitglied der Piratenpartei Schweiz, für Montag zur Medienkonferenz eines überparteilichen Referendumskomitees in Bern ein. Auch Vorstandsmitglied Philippe Burger werde dort sein. Wenige Stunden später bekommen Journalisten ein zweites Mail, diesmal von Jonas Sulzer und Nicole Rüegger, die ebenfalls im Vorstand der Piratenpartei sind und die Kampagne gegen das E-ID-Gesetz leiten. Die Medienkonferenz werde verschoben, schreiben sie. Ohnehin sei die Kommunikation zum Referendum nicht Sache von Burger und Fouquet.
Wiederum zwei Stunden später das nächste Mail von Pascal Fouquet: Die Medienkonferenz finde wie geplant statt.
Drohungen im Chat
Gespräche mit den Vorstandsmitgliedern zeigen, dass seit der Lancierung des Referendums im Januar ein Machtkampf um Kampagnenlead und Kommunikation im Gang ist. Dieser gipfelte in den letzten Tagen in einer Strafanzeige. Vizepräsident Philippe Burger schrieb seiner Vorstandskollegin Nicole Rüegger: «Allerletzte Warnung» – und: «Wenn mein Einsatz von euch nicht gewürdigt wird, werde ich denselben Einsatz dafür einsetzen, euer Leben zu zerstören. Schau mal, wie schnell das mit Rimoldi ging.» Und wenige Tage später: «Du hattest jetzt einige Tage Zeit. Hast du dich entschieden? Mit mir oder gegen mich? Wie gesagt, werde ich dieselbe Menge an Geld und Energie, die ich die letzten Jahre für den Aufbau dieser Partei verwendet habe, dafür einsetzen, mich zu rächen bei den Verrätern.» Der Redaktion liegen Auszüge der Chatnachrichten vor, die Rüegger jetzt der Polizei gemeldet hat.
Philippe Burger (36), Sohn des verstorbenen Textilunternehmers und PKZ-Patrons Olivier Burger, finanziert die Piratenpartei Schweiz seit Jahren mit beträchtlichen Summen. Burger wurde im April 2023 per Strafbefehl zu einer Geldstrafe und Busse verurteilt, nachdem er gegen einen Twitter-User ausgeteilt hatte. Er weist darauf hin, dass er die Tweets umgehend gelöscht und sich entschuldigt habe.
«Habe sehr viel investiert»
Die Kampagnenleiter Jonas Sulzer und Nicole Rüegger bekunden Mühe mit Burgers Arbeitsweise. «Die Situation ist seit Monaten schwierig und belastend», sagt Nicole Rüegger. Nach den jüngsten Nachrichten habe sie entschieden, zur Polizei zu gehen. Sulzer sagt: «Mit seinen finanziellen Mitteln hat Philippe Burger der Piratenpartei wichtige Kampagnen ermöglicht. Auch sein Know-how im Bereich der Digitalisierung ist unbestritten.» Zugleich sei er kein Teamplayer. Wenn die Partei seinem Kurs nicht folge, reagiere er mit Rückzug und Alleingängen.
Er empfinde das Verhalten seiner Vorstandskollegen als undankbar, sagt Burger gegenüber dieser Redaktion. «Ich habe viel Zeit und Geld in die Piratenpartei investiert, habe beispielsweise die Zürcher Sektion mit einem grossen Betrag wiederbelebt.» Auch habe er alles dafür gemacht, dass das Referendum zustande komme. Dass dies nicht gewürdigt und interne Chatnachrichten nun sogar mit einer Strafanzeige beantwortet würden, könne er nicht nachvollziehen. Wenn seine Nachrichten als Drohung verstanden würden, sei das ein Missverständnis, er habe seiner Kollegin zu keinem Zeitpunkt drohen wollen. Schon gar nicht handle es sich um eine Drohung gegen Leib und Leben.
Präsident Jorgo Ananiadis unterstützt Philippe Burger. Zwar sei dieser als derzeit potentester Geldgeber der Partei tatsächlich «ein Klumpenrisiko». Doch Burger sei äusserst engagiert und politisch und inhaltlich seit vielen Jahren eine der tragenden Säulen der Piratenpartei. «Auch andere Organisationen erleben seine Grosszügigkeit. So hat er einem österreichischen Netzaktivisten für den Kampf gegen einen US-Techgiganten eine Million überwiesen.» Es gehe Philippe Burger immer um die Sache, sagt der Parteipräsident. Das werde von den Kritikern kaum gewürdigt. «Ich habe den Eindruck, dass es hier um eine persönliche Fehde geht.»
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