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Slalom-Ass Daniel Yule
Sitzt er im Privatflieger, plagt ihn das schlechte Gewissen

Ski racer Daniel Yule from Switzerland, speaks to journalists during the Swiss-Ski federation press conference at the FIS Alpine Ski World Cup, in Adelboden Switzerland, Friday, January 6, 2023. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)
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Er ist doch bloss ein Heuchler. Ein Skirennfahrer, der sich für das Klima einsetzt? Nicht ernst zu nehmen.

Daniel Yule kennt die Reaktionen, wenn er sich wieder einmal öffentlich geäussert hat. Und er sagt: «Sie sind auch berechtigt. Ich bin ein Hypokrit. Auf der einen Seite rede ich über Klimaschutz, auf der anderen Seite reise ich im Sommer nach Argentinien, um zu trainieren. Das macht irgendwie keinen Sinn.» Dennoch tut es der sechsfache Slalomsieger – auch an diesem Abend am Kaminfeuer einer Hotellobby in Val-d’Isère.

Der 30-jährige Walliser exponiert sich damit wie nur wenige in seinem Sport – und hält auch nicht mit Kritik an der eigenen Szene zurück. Yule sagt: «Es ist doch nicht dumm, zu sagen, dass man im Skisport einiges besser machen könnte.»

Yule verteidigt Marco Odermatt

Angefangen beim Kalender, der manche Athleten in Helikopter oder gar Privatflugzeuge treibt. «Nehmen wir Marco Odermatt: Er hatte im vergangenen Winter an einem Sonntag ein Rennen in Kranjska Gora und am Montag das erste Abfahrtstraining in Andorra. Da musste er fast das Flugzeug nehmen.»

Yule hat es als reiner Slalomfahrer zwar einfacher, darauf zu verzichten, sind die Pausen zwischen den Rennen doch grösser. Doch auch er stieg schon in einen Privatflieger, einmal organisierten die Schweizer Slalomfahrer einen Flug mit Dominique Gisin, der Abfahrtsolympiasiegerin von Sotschi 2014, die sich zur Pilotin ausbilden liess.

«Anstatt zwölf Stunden von Schladming nach Chamonix zu fahren, sind wir geflogen», sagt Yule. «Doch das schlechte Gewissen fliegt mit. Ich versuche, wenn möglich darauf zu verzichten. Es kam auch schon länger nicht mehr vor. Aber wenn es förderlich ist für meine Leistung, geht der Sport vor, dann gehe ich auch keine Kompromisse ein.»

Weniger Fleisch und Materialverschleiss

Yule versucht, im Kleinen etwas zu bewirken, ist oft in Fahrgemeinschaften mit Trainern unterwegs, isst weniger Fleisch und wenn möglich saisonal, schaut, dass sein Material weiterbenutzt wird, wenn er es nicht mehr braucht. «Ich hoffe, dass diese Sachen einen positiven Effekt haben.»

Yule ist zum einen als Skifahrer immer wieder mit dem Klimawandel konfrontiert, zum anderen sieht er ihn auch in seinem Dörfchen La Fouly am Ende des Val Ferret, wenn er aus dem Fenster schaut und den schmelzenden Gletscher sieht. «Schaue ich Bilder von vor zehn Jahren an, ist der Unterschied gross.»

An den Eismassen zeigt sich die klimatische Veränderung besonders dramatisch, entsprechend symbolträchtig sind sie. Und entsprechend gross war deshalb auch der Aufschrei, als vor der Weltcupsaison Bilder in die Öffentlichkeit gerieten, die Bagger am Rettenbachgletscher in Sölden und am Theodulgletscher in Zermatt bei der Arbeit zeigten. Vielleicht fehle im Weltcup etwas die Sensibilität, sagt Yule, reagierten die Verantwortlichen doch ziemlich erbost auf die Attacken vorab von Umweltschutzverbänden.

Der Skisport hat es derzeit auch nicht leicht. Weil er abhängig ist von Klima und Wetter wie kein anderer Sport, ist der Fokus auf ihn besonders gross, liefern Bilder wie etwa aus Adelboden von einem weissen Band in grüner Landschaft oder eben schweren Fahrzeugen auf Gletschern Argumente für die Kritiker.

Die Aufmerksamkeit ist Klimaaktivisten denn auch sicher, wenn sie ihre Aktionen im Rahmen von Weltcuprennen planen. In Sölden klebten sie sich am Renntag auf die breite Strasse, die hochführt zum Gletscher. Beim Slalom in Gurgl stürmte eine Handvoll Mitglieder von «Letzte Generation Österreich» mitten im Rennen den Zielbereich und besprühte den Schnee mit oranger Farbe.

Auch wenn Yule die Anliegen der Gruppierung verstehen kann, sind ihm solche Aktionen «zu extrem» – «ein Rennen zu unterbrechen, ist für mich nicht der richtige Weg. Besser engagieren sie sich in der Politik.»

Von Klimaterroristen und Klimaleugnern

Überhaupt ist ihm die Diskussion rund um den Klimawandel zu wenig sachlich. «Die einen werden Klimaterroristen geschimpft, die anderen sind Klimaleugner oder Umweltzerstörer. Wir müssen zurück zur Vernunft finden, es gibt nicht nur Schwarz und Weiss», sagt Yule.

Weniger besonnen als der Schweizer reagierte der Norweger Henrik Kristoffersen, der kurz vor dem Zielsturm gefahren war. Er musste zurückgehalten werden, damit er nicht auf die Protestierenden losging.

Yule schmunzelt, wenn er daran denkt, «er landete nicht so weit vorne wie gewünscht, vielleicht gingen auch deshalb die Emotionen mit ihm durch. Aber er hatte auch gute Argumente: Es standen noch Athleten oben, ein Unterbruch ist nie einfach. Ich zog mich jedoch lieber zurück und überliess den Job der Polizei.» Die Organisatoren von Skirennen, gerade in Österreich, haben angekündigt, die Sicherheitskonzepte anzupassen.

Dass sein Sport dermassen attackiert wird, versteht Yule zwar, «aber es ist ja nicht so, dass wir die Schlimmsten wären. Ein klimatisiertes Fussballstadion in Katar sieht am Fernseher aus wie jedes andere Stadion, bei uns ist halt alles offensichtlicher. Aber jeder kann besser und klimafreundlicher werden, ob er jetzt diesbezüglich besonders gut oder schlecht unterwegs ist.»

Was das Skifahren betrifft, wäre viel getan, wenn es nur noch erneuerbaren Strom gäbe, findet Yule. «Dann wird der Betrieb von Schneekanonen und Skiliften auch weniger zum Thema.»

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Damit es in der Schweiz in diese Richtung geht, liess sich Yule in die Kampagne für das Klimaschutzgesetz einspannen, das im Juni angenommen wurde. Als Spitzensportler habe er viele Leute erreichen können, sagt er.

«Und es ist doch auch so: Allen ist die Umwelt wichtig, niemand will einen vermüllten Strand sehen oder Abfall auf Bergtouren, jeder will sauberes Wasser. Die Frage ist nur, wie wir das hinkriegen können.» Deshalb setzt sich Daniel Yule auch künftig für Umweltanliegen ein. Dem ganzen Widerspruch zum Trotz.