Ski-WM 1991 in SaalbachEin Knall sorgt für den legendären TV-Moment von Franz Heinzer
Am Dienstag startet die zweite Ski-WM in Saalbach. Die Premiere vor 34 Jahren war legendär: Sie wurde beinahe abgesagt – und war geprägt von einem Krieg, einem Schweizer Star-Trainer und einer Ski-Exotin.
US-Team reist auf Geheiss des Präsidenten an
Das Wetter ist wunderbar, aber politisch stehen die Zeichen auf Sturm. Der WM-Beginn am 22. Januar 1991 wird geprägt vom sechs Tage zuvor ausgebrochenen Zweiten Golfkrieg, wegen Sicherheitsbedenken wird auf eine Eröffnungsfeier in Saalbach verzichtet.
Die Angst vor möglichen Anschlägen ist so gross, dass die WM auf der Kippe steht. Eine Woche vor dem Start ist die Absage eine Viertelstunde lang beschlossene Sache – zur Kehrtwende kommt es, weil Salzburgs Sicherheitsdirektion eine Sondertruppe zur Bewachung der amerikanischen Athletinnen und Athleten abstellt.
Diese werden zwei Wochen lang von den Beamten auf Schritt und Tritt begleitet. An die WM gereist ist das US-Team erst auf Anweisung von Präsident George Bush senior. Sogar amerikanische Geheimagenten in Zivilkleidung werden nach Saalbach geschickt.
Die Sonne sorgt für Probleme
Es ist die sonnigste WM der Geschichte, 13 Tage lang herrscht Kaiserwetter. Wegen der Sonneneinstrahlung fordert der Weltskiverband FIS, die Abfahrten um eineinhalb Stunden vorzuziehen. Der Veranstalter wehrt sich, weil er Anreiseprobleme der Zuschauer und Mindereinnahmen befürchtet.
Nach gravierenden Trainingsstürzen auf dem aufgeweichten Schnee und viel Fahrerkritik geben die Organisatoren nach. Während der WM sagt FIS-Präsident Marc Hodler, es gebe auf der Erde nur zwei Plätze, wo immer die Sonne scheine: in der Wüste Sahara und in Saalbach.
Heinzers Versöhnung mit dem Schicksal
Er ist die tragische Figur im Schweizer Team: Vierter wird Franz Heinzer in der WM-Abfahrt 1982, Vierter auch drei Jahre später in Bormio und an den Heim-Titelkämpfen 1987 in Crans-Montana. 1989 kommt es gar noch schlimmer: Als Nummer 14 der Welt schafft er es nicht mal ins fünfköpfige Schweizer Abfahrtsteam.
1991 geht endlich alles auf, weil Heinzer grandios fährt, während Favorit Helmut Höflehner zum Gespött der Nation wird. Der Österreicher startet übermotiviert, bei den Schlittschuhschritten kreuzt er die Ski und fällt beinahe hin, kurz darauf verpasst er ein Tor.
Und so holt Heinzer Gold, sein Telefongespräch mit der Mutter wird im Schweizer Fernsehen übertragen. Später erklärt er dem österreichischen Fernsehen in perfektem Hochdeutsch, was «Geisslechlöpfe» ist: «Das ist mit eme Strick so über dem Kopf und das gibt so es Chlepfe. Bei uns ist das gross Mode.»
Die Ski-Exotin wird Publikumsliebling
Im Super-G und Riesenslalom verliert sie über eine halbe Minute, doch obwohl sie hinterherfährt, ist Seba Johnson eine der grossen Figuren der Titelkämpfe. Die Ski-Exotin von den Amerikanischen Jungferninseln ist die erste Schwarze an einer Ski-WM, drei Jahre zuvor hat sie schon an den Olympischen Spielen in Calgary teilgenommen – mit 14.
Ihre Mutter Suzy, die Trainerin, Servicefrau, Physiotherapeutin und Köchin in einem ist, eckt in der Szene an und verärgert mit ihrem forschen Auftreten andere Trainer. Die Tochter aber wird von den Fans geliebt, in Österreich wird sie nach der WM gar für Werbespots engagiert.
Star-Trainer Frehsner wird gefeuert
Es ist ein Knall mit Ansage: Der monatelange Streit zwischen dem Schweizer Männer-Trainer Karl Frehsner und Paul Berlinger, dem Chef Leistungssport beim Skiverband, eskaliert. In Interviews hat Frehsner seinen Vorgesetzten scharf kritisiert, ihm organisatorische und administrative Mängel vorgeworfen.
Die Medien machen Stimmung – und Frehsner, der Starcoach, der seit 1984 die Zurbriggens, Müllers und Heinzers geschliffen hat, muss gehen. Die WM darf er noch beenden, danach wird der Vertrag aufgelöst. Neben Heinzers Abfahrtssieg gibt es noch Silber für Urs Kälin (Riesenslalom) und Bronze für Daniel Mahrer (Abfahrt). Die goldene Ära ist vorbei.
Eberharter und die extremen Gefühle
Am 18. Januar geschieht in Wengen Furchtbares: Im Qualifikationstraining stürzt Gernot Reinstadler schwer, in der Nacht erliegt er seinen Verletzungen. Jugendfreund Stephan Eberharter weint an der Beerdigung, 24 Stunden später hingegen strahlt er nach seinem Sensationssieg im WM-Super-G. Im Vorfeld der Titelkämpfe hat er gar mehrere Trainings abbrechen müssen, weil er nach Reinstadlers Sturz weggetreten ist und Panik hat.
Nun triumphiert der 21-Jährige mit 1,54 Sekunden Vorsprung – dabei ist er im Weltcup erst einmal auf dem Podest gestanden. Auch in der Kombination holt er überlegen Gold, und weil er im Österreicher-Haus jeweils bis in die Morgenstunden Ziehharmonika spielt, wird er zur Kultfigur der Heim-WM.
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