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Signa-Debakel
Schweizer Banken finanzierten Privat­stiftungen von René Benko

"A night view of some of the Manhattan skyscrapers, including the Chrysler BuildingSimilar images:"
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«Prestigeträchtige Objekte an einzigartigen Standorten mit Wertsteigerungspotenzial». Das verspricht die Firma Signa RFR US Selection auf ihrer Website. Das Portfolio ist allerdings überschaubar: Wahrzeichen ist das Chrysler Building in New York, das René Benko 2019 gemeinsam mit der US-Immobilienfirma RFR für 150 Millionen Dollar gekauft hat. Dazu kommen Beteiligungen an einem weiteren Gebäude in Manhattan.

Zwar scheint der Kaufpreis für eines der Wahrzeichen New Yorks günstig. Allerdings hätte die Sanierung des Wolkenkratzers ein Vermögen gekostet. Und die Eigentümer müssen eine jährliche Grundstücksmiete von 35 Millionen Dollar zahlen.

Firma des Chrysler Building brauchte 10 Millionen

Offenbar brauchte die Signa RFR US Selection, an der die mittlerweile zahlungsunfähige Signa-Holding und RFR je zur Hälfte beteiligt sind, bald nach dem Kauf des Chrysler Building wieder Geld. An der Finanzierung beteiligt: die Bank Vontobel.

Demnach hat die Signa RFR US Selection zehn Millionen Dollar über einen sogenannten Kassaschein aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine Art Anleihe, bei welcher der Käufer den Betrag plus einen fixen Zins nach Ende der Laufzeit zurückzahlt. Dieser Redaktion liegt eine «Globalurkunde» vor, unterzeichnet Ende März 2022 von der Signa-Tochter und zwei Vertretern von Vontobel.

Wie aus dem Dokument hervorgeht, verpflichtet sich die Signa RFR US Selection, nach Ende der Laufzeit dem Inhaber der Globalurkunde den vollen Betrag plus einen Zins von sechs Prozent pro Jahr zu bezahlen. Solche Bedingungen sind für ein Wertpapier im Immobilienbereich gemäss Experten durchaus üblich. 2022 zeichneten sich bereits die Zinserhöhungen ab, die Risiken in der Branche stiegen. Entsprechend verteuerten sich die Finanzierungen.

Diese Finanzspritze für Benkos Firma hat Vontobel als sogenannte Privatplatzierung strukturiert. Das sind beispielsweise Aktien oder Anleihen, die von einer Firma nicht an die Börse gebracht werden. Kaufen können solche Papiere nur ausgewählte, meist sehr reiche Investorinnen und Investoren. Die Wertpapiere werden auch nicht öffentlich an den Finanzmärkten gehandelt.

Vontobel trat als «Lead Manager» auf

¨Vontobel wird in der «Globalurkunde» als «Lead Manager» genannt, ist also für die gesamte Abwicklung einer solchen Platzierung zuständig. Dafür erhält die Bank Gebühren. Branchenüblich wären es zwischen 1 und 1,5 Prozent – bei zehn Millionen wären es 150’000 Dollar.

Dass die Signa RFR US Selection den gesamten Betrag samt Zinsen je wird zurückzahlen können, scheint mittlerweile eher unwahrscheinlich. Der Sanierungsverwalter der insolventen Signa-Holding hat im Dezember angekündigt, das Chrysler Building verkaufen zu wollen. Aber offenbar hat sich bis heute für die Signa-Beteiligung kein Käufer gefunden.

Ein Trost für die Besitzerinnen und Besitzer des Kassascheins: Dieser ist als vorrangige Anleihe konzipiert. Kommt es zum Konkurs dieser Gesellschaft, haben sie eine Chance darauf, einen gewissen Betrag zurückzuerhalten.

Vontobel und Julius Bär gaben Benkos Stiftung Geld

Das US-Abenteuer ist nicht die einzige Zusammenarbeit zwischen der Signa und Vontobel. Im August 2023 mahnte die Bank die Signa Prime Holding, dass mit Ende des Monats eine Rückzahlung von 30 Millionen Euro plus 219’583.33 Euro Zinsen fällig sei. Die schriftliche Aufforderung der Bank an die Signa liegt dieser Redaktion vor. Ob der Betrag Teil eines grösseren Kredits war, wer ihn gab und was damit finanziert wurde, ist nicht bekannt.

Auch mit einer Stiftung der Familie Benko machte Vontobel Geschäfte. Die von René Benko und seiner Mutter Ingeborg gegründete Laura Privatstiftung hatte im Juni 2023 Verbindlichkeiten über 202,4 Millionen Euro. Eine Liste der Gläubiger, welche dieser Redaktion vorliegt, zeigt verschiedene in- und ausländische Banken, die der Stiftung Geld gegeben haben.

In diesem Zusammenhang ist auch Vontobel mit 10 Millionen Euro erwähnt. Auf Anfrage will sich die Bank erst nicht zu ihren Geschäften mit der Signa äussern. An der Pressekonferenz vom Donnerstag sagte Vontobel-Finanzchef Thomas Heinzl: «Wir haben keine Abschreibungen oder Rückstellungen im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen im Immobiliensektor vorgenommen. Aufgrund des hohen öffentlichen Interesses hätten wir dies sonst offengelegt».

Mit 82 Millionen Euro auf der Liste zu finden ist auch Julius Bär. Die Privatbank hat also nicht nur Firmen im Signa-Universum finanziert, sondern auch Benko privat.

Bei der Summe von 82 Millionen hat es sich dem Vernehmen nach um eine Kreditlimite für eine Lombard-Finanzierung gehandelt, die in der Zwischenzeit vollständig zurückgezahlt und geschlossen worden ist. Welche Sicherheiten die Schweizer Banken für ihre Finanzierungen erhalten haben, ist nicht bekannt.

ARCHIV - 02.03.2020, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Rene Benko, österreichischer Immobilien-Unternehmer, unterhält sich beim Ständehaus-Treff der Rheinischen Post. (zu dpa: Vom Konsumtempel zum Problemfall: Der Niedergang der Warenhäuser) Foto: Marcel Kusch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Marcel Kusch)

Die Laura ist eine von mehreren Stiftungen, über die Benko sein Immobilienimperium steuerte. Stiftungszweck laut Gründungsurkunde: «Sicherung der Versorgung der Begünstigten». Der Stiftung gehören über dreissig Tochterfirmen, mit denen sie Häuser oder Chalets in Österreich und Deutschland kaufte.

Unter anderem erwarb Benko über die Stiftung einen Gutshof in der Steiermark. Laut österreichischen Medienberichten überbot er mit einem Kaufpreis von 30 Millionen Euro den ebenfalls interessierten Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz. Für solche Projekte gaben eine deutsche Lebensversicherung und österreichische Banken Hypothekarkredite. Der Geldverleih war also zumindest teilweise durch den Wert der Immobilie abgesichert.

Benkos Prestigeprojekte liegen brach

Freilich konnte Benko schon früher nicht alle seine hochtrabenden Projekte auch bauen. So sollte über Tochterfirmen der Laura Privatstiftung eine Luxussiedlung im Tiroler Seefeld errichtet werden. Auf der Website eines Tiroler Architekturbüros wird Benkos Projekt Sevelt Resort blumig beschrieben, mit «fliessenden Übergängen» vom Golfplatz über die Chalets zu Weinkeller und Sauna.

Heute liegt das Grundstück für Benkos Prestigeprojekt immer noch brach. An das Sevelt Resort erinnert nur mehr der Name mehrerer Firmen – in einer Stiftung, die Schweizer Banken mit Millionen finanziert haben.

9.Februar, 17:45: Der Artikel wurde mit dem Zitat von Thomas Heinzl, Finanzchef Vontobel ergänzt.