Corona-Entscheid des BundesratsBundesrat greift durch: Nur noch Treffen zu fünft, Läden zu und Homeoffice-Pflicht
Aus Angst vor der Briten-Mutation hat der Bundesrat die Corona-Massnahmen im Privaten, im Job und fürs Gewerbe verschärft. Gleichzeitig dehnt er die Härtefall-Entschädigung für betroffene Betriebe aus. Wir berichteten live.
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Das Wichtigste in Kürze:
Der Bundesrat hat am Mittwoch die geltenden Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus um fünf Wochen verlängert.
Zusätzlich und neu werden Einkaufsläden und Märkte für Güter des nicht täglichen Bedarfs ab Montag geschlossen.
Gastronomiebetriebe müssen mindestens bis Ende Februar geschlossen bleiben.
Ab Montag gilt eine Homeoffice-Pflicht. Bisher war es eine Empfehlung.
Wo Homeoffice nicht oder nur zum Teil möglich ist, gilt in Innenräumen überall dort eine Maskenpflicht, wo sich mehr als eine Person in einem Raum aufhält.
An privaten Veranstaltungen dürfen maximal fünf Personen teilnehmen. Kinder inklusive.
Sportanlagen bleiben bis mindestens Ende Februar geschlossen. Im Freien dürfen bis zu fünf Personen zusammen Sport treiben.
Neue Regeln in der Übersicht
Zusammenfassung
Wegen der Virusvariante aus Grossbritannien rechnet der Bundesrat mit einer starken dritten Corona-Welle im Februar und verschärft die Massnahmen ab Montag drastisch. Die Läden gehen zu und Homeoffice wird zur Pflicht.
Dass die Schweiz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie in eine neue Phase tritt, machte der Bundesrat allein schon mit seinem Auftritt am Mittwoch klar. Alle Bundesräte und Referenten trugen während der gesamten Medienkonferenz Masken. Die Sitzplätze der Referenten waren durch Plexiglaswände abgetrennt.
Es gehe nun darum, eine «brutale dritte Welle im Februar zu verhindern», warnte Gesundheitsminister Alain Berset. Die Entwicklung in Grossbritannien und anderen Staaten mit explodierenden Fallzahlen zeigt auf, was auf die Schweiz zukommen könnte. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die ansteckendere Virusvariante in der Schweiz nicht zu ähnlich schnell ansteigenden Fallzahlen führen werde, lautete der Tenor.
Den Wissensvorsprung gegenüber der Entwicklung in Grossbritannien wertet der Bundesrat aber als Chance. Bei der Entwicklung stehe die Schweiz nun etwa an dem Punkt, an dem Grossbritannien im Dezember war. Drastische Massnahmen könnten frühzeitig Schlimmeres verhindern.
Schulschliessungen in Diskussionen
So schliessen ab Montag wie im Frühling alle Läden, die nicht Güter des täglichen Gebrauchs verkaufen, und die Homeoffice-Empfehlung wird durch eine generelle Homeoffice-Pflicht ersetzt. Am Arbeitsplatz darf die Maske nur noch ablegen, wer alleine in einem Raum ist. Um auch die privaten Kontakte zu reduzieren, dürfen sich nur noch maximal fünf Personen treffen – dies gilt auch für Treffen im öffentlichen Raum. Für eine fünfköpfige Familie bedeutet dies quasi ein Kontaktverbot.
Die bisherigen Massnahmen verlängert der Bundesrat um vorerst fünf Wochen. So bleiben auch Restaurants, Kulturbetriebe, Sportanlagen und Freizeiteinrichtungen bis Ende Februar geschlossen. Über die Öffnung der Skigebiete entscheiden die Kantone.
Auch eine Schliessung der obligatorischen Schulen wie im Frühling steht wieder zur Diskussion. Vergangenen Mittwoch hatte der Bundesrat die Kantone aufgefordert, zu prüfen, welche Massnahmen an den Schulen getroffen werden könnten. Man warte nun auf eine Rückmeldung der Erziehungsdirektionen. Laut Bundespräsident Guy Parmelin seien aber auch weitere Schutzmassnahmen an den obligatorischen Schulen als «Zwischenschritt» denkbar.
Nächste Monate «überstehen»
Der Handlungsspielraum ist für den Bundesrat mit dem Auftreten der neuen Varianten des Coronavirus klein geworden. Dies machte er vor den Medien deutlich. Dass gleichzeitig in den vergangenen Wochen der Unmut und die Ungeduld in der Bevölkerung gewachsen sind, habe man aber zur Kenntnis genommen. Dies zeigten auch zahlreiche Schreiben an den Bundesrat, sagte Parmelin. Die strengen Massnahmen ermöglichten es, den Menschen für den Frühling eine Perspektive zu geben, meinte Berset. Februar, März und April müssten nun aber zuerst «überstanden» werden.
Parmelin appellierte als Bundespräsident schliesslich auch an die Bevölkerung, in den Bemühungen nicht nachzulassen: «Nur gemeinsam schaffen wir das, als Einheit, als eine Schweiz.»
Ende der Medienkonferenz
Das war die letzte Frage, die beantwortet wurden. Die Anwesenden werden gebeten, geordnet aus dem Saal zu gehen, da sich doch viele Menschen darin befinden.
Letzte Frage: Angst vor Vertrauensverlust?
Verliert die Bevölkerung nicht das Vertrauen, wenn man jetzt dank dem Wissensvorsprung verschärfe, dann die Zahlen aber zuerst doch ansteigen?
Berset erklärt, die Situation sei jetzt schwierig. Man verschärfe nun die Massnahmen, wo die Zahlen stabil seien. Viele erhofften sich jetzt aber eher Lockerungen. Aber wenn man jetzt nicht strenger werde, würden die Zahlen noch stärker steigen und dann müsste man noch viel schärfere Massnahmen ergreifen. Dank des Vorsprungs könne man eine Situation wie in Irland oder England verhindern, sagt Berset.
Frage: Digitale Entwicklung verschlafen?
Hat die Schweiz die digitale Entwicklung verschlafen, dass jetzt alle Systeme erst noch aufgebaut werden müssen?
Stocker verneint und streicht heraus, wie man Zeit sparen könne durch die digitalen Systeme,. Die Zeit, um diese zu implementieren, sei einfach jetzt sehr knapp gewesen.
Frage: Weshalb werden WK nicht abgesagt?
Berset sagt, dass nicht alles total geschlossen werde, man müsse auch weiterleben. Wer zu machen müsse, für den sei das sehr hart, aber man habe noch nicht alles geregelt und könne auch nicht alles schliessen.
Frage: Wo dauert es länger für Härtefallhilfen?
Maurer antwortet und ist frustriert, dass sich alle um die kleinen Dinge kümmern, aber das Grosse aus den Augen verliere. Die Entscheidungen jetzt werden die Schweiz noch jahrelang beschäftigen, sagt der FInanzminister.
Stocker sagt, dass Zürich wohl zu den späteren Kantonen gehören werde, aber wenn dann ausgezahlt werde, dann zahle man grosszügig aus und man werde auch nicht der letzte Kanton sein, der auszahle.
Frage: Droht Gefahr in Skiferien?
In Wengen steckten sich viele Menschen in kurzer Zeit an, was bedeutet das für die Skiferien im Februar, droht dann ein neuer Anstieg?
Berset sagt, man habe nicht über Schliessung von Hotels gesprochen, in diesem Sinne sei man von einem harten Lockdown noch weit entfernt. Man hoffe aber, durch den Vorsprung gegenüber anderen Ländern die Situation frühzeitig in den Griff zu kriegen und so einen Weg zu finden, auch mit Skiferien durchzukommen.
Frage: FFP2-Masken im ÖV?
In Bayern gilt im ÖV eine FFP2-Maskenpflicht. Patrick Mathys vom BAG sagt, dass dies für das BAG nicht der richtige Weg sei, man sei aber gespannt, wie sich das in anderen Ländern auswirke. Für die Schweiz sei das derzeit kein Thema.
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Frage: Wird Sortiment eingeschränkt?
Berset sagt, dass man aus den Erfahrungen im Frühling lernen konnte. Produktebestandteile, die nicht zum täglichen Bedarf gehören, müssen auch jetzt wieder abgedeckt werden. In der Landi dürfen also Lebensmittel verkauft werden, aber nicht Velos.
Der Basler Regierungsrat ergänzt, dass es nun eine Liste gebe, die klar aufzeige, welche Produkte verkauft werden dürfen. Da habe man aus dem Frühling gelernt und sich mit dem Handel absprechen können. Das Chaos aus der ersten Welle sollte also vermieden werden können.
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Frage: Kommt jetzt die Steuererhöhung?
Maurer würde sich wünschen, dass es keine Steuererhöhungen braucht. Auch 2021 gibt es mehr Schulden, wie schon 2020. Ende 2021 gibt es zusätzliche Schulden von rund 30 Milliarden. Dann sei man wieder am gleichen Ort, wie vor der Schuldenbremse. Das werde den Bundeshaushalt in den nächsten Jahren einschränken, aber man müsse das analysieren, wenn man die SItuation genauer kenne. Nun stütze man die Wirtschaft und hoffe, dass diese dann schneller wieder anläuft. Wie das in der Praxis aussieht, werde man sehen. Das Ziel sei, das ohne neue Steuern zu stemmen, das sei weiterhin so.
Frage: Fallzahlen ohne Schulschliessungen senken?
Grossbritannien hat selbst mit Schulschliessungen grosse Mühe, die Fallzahlen zu senken. Berset erklärt, dass man gegenüber Grossbritannien nun Vorsprung habe. Zudem sei es nicht oberste Priorität, weil Schulschliessungen für die Kinder und Jugendlichen grosse Probleme schafft, das fördere die Ungleichheit, das müsse man auch einberechnen. Man wolle den Schaden minimieren und dafür schaue man die Gesundheit an, aber auch andere Faktoren, also wie sich Schulschliessungen auswirken würden.
Regierungsrat Ernst Stocker ergänzt, dass es richtig sei, dass der Bundesrat nun die Antwort der Kantone abwarte. Schulschliessungen seien sicher kein Thema, wenn, dann werde auf Fernunterricht umgestellt. Zudem tönen Schulschliessungen zwar gut, aber diese beeinflussen auch das WIrtschaftsleben ausserordentlich stark, das wisse man aus dem vergangenen Frühling. Deshalb sei es richtig, hier nicht reinzuschiessen.
Parmelin sagt, dass die Kantone vielleicht noch andere Lösungen sehe, das müsse man nun abwarte, vielleicht gebe es Zwischenlösungen, die gut funktionieren und weniger einschneidend sind.
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Frage: Wie lange bleiben die Massnahmen?
Mit den aktuellen Massnahmen wurde der R-Wert von 1 erreicht, das sei noch zu wenig. Mit der Mutation drohe ein R-Wert von 1,5. Nun müsse man analysieren, wie sich die Zahlen entwickeln. Man wolle die Massnahmen so kurz wie möglich halten, sagt Berset. Es sei aber unrealistisch, dass dies vor Ende Februar aufgehoben werden könnte.
Parmelin ergänzt, es sei sehr wichtig, die Lage genau zu beobachten. Die Krise verändere sich ständig. Sobald es etwas besser aussieht, wollen alle lockern. Der Bundesrat müsse das auch miteinbeziehen. Für die junge Bevölkerung seien die neuen Massnahmen schrecklich, das wisse er. Der Bundesrat werde wieder lockern, sobald dies möglich sei.
Frage: Wie viel mehr Homeoffice ist möglich?
Homeoffice sei ja jetzt schon eine Empfehlung, wie viel Potential gibt es überhaupt noch. Parmelin sagt, dass es im Gegensatz zur ersten Welle schon viele lockerer genommen haben mit dem Homeoffice, viele hätten den Kontakt vermisst und deshalb weniger Homeoffice gemacht. Nun müsse man die Schraube wieder anziehen.
Berset ergänzt, dass es schon Potential gebe, das sehe man an den Mobilitätsdaten. Auch viele Betriebe berufen sich auf den Unterschied zwischen Empfehlung und Pflicht und jetzt habe man für diese klare Tatsachen geschaffen.
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Frage: Homeoffice für Bundesrat?
Parmelin sagt, die Regel sei, dass überall wo es möglich ist, Homeoffice Pflicht sei. Der Bundesrat mache viele Vorbereitungen für SItzungen bereits online. Nun trage man bei der Medienkonferenz eine Maske, um mit gutem Beispiel voranzugehen, und habe Plexiglasscheiben installiert, so mache man das Mögliche, aber es sei nicht vorgesehen, dass der Bundesrat nur noch im Homeoffice arbeitet.
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Frage: Volle S-Bahnen, Gottesdienste, was wird gemacht?
Der Bundespräsident antwortet, man verlängere Massnahmen, die sich bewährt haben und wolle möglichst viele Kontakte vermeiden. Man habe keine perfekte Lösung, es gebe keine Grenze wo alles gut oder alles schlecht ist, das sei nicht möglich, da müsse man eben abwägen.
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Frage: Fernunterricht an Gymnasien?
Berset wiederholt, dass die Kantone die Verantwortung dafür haben. Der Bundesrat habe den Kantonen geschrieben und erwarte nun eine Antwort. Parmelin ergänzt, dass es Unterschiede gebe zwischen Schliessungen und Massnahmen, es gebe auch Zwischenlösungen, bevor man zum letzten Mittel des Fernunterrichts greife.
Frage: Massnahmen in Schulen?
Der Gesundheitsminister hat noch keine Antworten der Kantone zu Massnahmen in der Schule erhalten. Die viel ansteckendere Variante aus Grossbritannien und Südafrika bringe aber eine neue Situation mit neuen Massnahmen in der Arbeitswelt, mehr Maskenpflicht, mehr Homeoffice. Die Kantone müssten sich jetzt gut überlegen, was das für die Schulen bedeute.
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Frage: Homeoffice-Definition?
Berset erklärt, was mit vertretbarem Aufwand gemeint ist. Es gebe Handlungsspielraum, das sei klar, aber das Signal sei so, dass alles gemacht werden müsse, um Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
Nicht zumutbar wäre es zum Beispiel in einem spezialisierten Finanzbetrieb, wo ein Mitarbeiter 7 Bildschirme benötigt. Das könne man nicht zu Hause aufbauen. In einem normalen Büro, beispielsweise in der Verwaltung, sei das aber schon zumutbar.
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