Kolumne DorfgeflüsterSechseläuten à la Herrliberg
Auf das traditionelle Sechseläuten in der Stadt Zürich mussten wir heuer verzichten. Ableger des Volksfestes gab es aber nicht nur in Uri.
Einer der Vorteile als Redaktorin ist, dass man auch mal unter der Woche frei hat, um Sonntagsdienste und Abendtermine zu kompensieren. Mehr aus Zufall fiel ein solcher Tag bei mir auf den Sechseläuten-Montag. Um den sonnigen Tag zu geniessen, machte ich mich mit meinem Hund auf, das Erlenbacher Tobel hinaufzuwandern. Ein wunderschöner Spaziergang, der uns bis zur Blüemlisalp in Herrliberg führte. Dort, ein bisschen oberhalb des Gasthauses, gibt es ein Bänklein, das eine beeindruckende Aussicht bietet: Der Blick schweift vom Weiler Wetzwil über die Wirtschaft bis zum Zürichsee. Auf den Weiden und in den Ställen weiter unten am Hang tummeln sich Ziegen, Hühner und auch die Kühe der Blüemlisalp. Unterbrochen wird die Ruhe nur vom fast schon meditativen Gebimmel der Kuhglocken.
Doch plötzlich mischt sich unter den Geräuschteppich ein ungewohnter Klang, ein Jauchzen dringt bis zu mir hinauf. Suchend wandern meine Augen über die Landschaft, bis sie an flackernden Flammen hängen bleiben. Jemand hat auf einer Wiese ein grosses Feuer entfacht – züngelnd fressen sich die Flammen immer tiefer und höher in einen Reisighaufen. Um das Feuer bewegen sich Gestalten, die besagtes Jauchzen ausstossen. Zu erkennen sind Umhänge, die die Leute tragen, die ums Feuer rennen. Und ich kann es nicht mit absoluter Sicherheit sagen – da mir einige Bäume die Sicht versperren –, aber zumindest einige der Menschen da unten haben sich wohl ein Steckenpferd zwischen die Beine geklemmt. Einen Böögg kann ich zwar nicht erkennen, aber angesichts des Datums ist hier offensichtlich ein kreatives Ersatz-Sechseläuten im Gange. Sechseläuten à la Herrliberg sozusagen.
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