Ex-Kadermann verurteiltSchweizer Bank verdiente 18 Millionen mit gestohlenen Geldern
Ein Strafentscheid zeigt, wie die Zürcher Bank Rothschild von der Plünderung des malaysischen Staatsfonds profitierte. Für den Drahtzieher Jho Low führte sie jahrelang gleich 130 Konten.
Vor drei Wochen verurteilte ein US-Gericht einen ehemaligen Banker von Goldman Sachs zu zehn Jahren Gefängnis. Dies für seine Rolle in einem der grössten Finanzskandale der Welt: der Plünderung des malaysischen Staatsfonds 1MDB.
Korrupte Geschäftsmänner und Funktionäre haben gemäss Ermittlungen von 2009 bis 2015 mindestens 4,5 Milliarden Dollar Staatsgeld entwendet. Darunter war sogar der Ex-Staatschef Malaysias, Najib Razak. Er wurde inzwischen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Ein grosser Teil der gestohlenen Milliarden floss durch die Schweiz.
Rothschild führte 130 Briefkastenfirmen
Die zehn Jahre Gefängnis für den Goldman-Sachs-Banker sind die höchste Strafe, die im Skandal bislang gegen Beteiligte aus der Finanzbranche verhängt wurde. Doch auch in der Schweiz gibt es Ermittlungen gegen einzelne Banker. Nämlich gegen jene, die an der Entscheidung beteiligt waren, die Stelle für Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen nicht über die verdächtigen Millionen aus Malaysia zu informieren.
Gefängnis droht den Schweizer Bankern deswegen nicht, Bussen von einigen Zehntausend Franken aber allemal. Zuständig für diese Ermittlungen ist das Eidgenössische Finanzdepartement. In den vergangenen Jahren haben seine Verfahren im Zusammenhang mit 1MDB-Geldern bereits zur rechtskräftigen Verurteilung von vier Bankmitarbeitern geführt. Kürzlich kam ein fünfter dazu. Sein Fall legt offen, wie rasch eine Schweizer Bank mit dem schmutzigen Geld aus Malaysia selber Millionen verdienen konnte.
Rothschild hielt selbst dann noch zum Drahtzieher des Skandals, als seine Machenschaften immer bekannter wurden.
Getroffen hat es nun einen ehemaligen hohen Compliance-Verantwortlichen des Bankhauses Rothschild in Zürich. Ihn hat das Finanzdepartement zu einer Busse von 40’000 Franken verurteilt. Die Strafverfügung vom 14. November 2022 ist rechtskräftig. Die 89-seitige Verfügung zeigt: Die vornehme Bank Rothschild empfing den Drahtzieher des 1MDB-Skandals mit offenen Armen und hielt selbst dann noch zu ihm, als seine Machenschaften immer bekannter wurden.
Ende 2009 beauftragte dieser Drahtzieher, ein illustrer malaysischer Geschäftsmann namens Jho Low, die Trust-Abteilung von Rothschild mit dem Aufbau neuseeländischer Trusts. Für verschiedene Vermögenswerte wie Immobilien, Fahrzeuge oder Kunstwerke gründeten die Banker je einen separaten Trust. Und für jeden dieser Trusts wurde dann eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gegründet, samt Konto in Zürich.
Am Schluss unterhielt Rothschild von Zürich aus 130 Briefkastenfirmen und 130 Bankkonten für Jho Low. Darauf flossen gemäss den Ermittlungen über 600 Millionen Dollar aus dem Staatsvermögen Malaysias – Geld, das Jho Low dann zu einem guten Teil für exzessiven Luxus und für Partys verprasste. Low jettete etwa mit einem 35-Millionen-Flugzeug um die Welt, residierte in exklusiven Penthouses in New York oder umgab sich zum Feiern mit Stars wie Leonardo DiCaprio oder Paris Hilton.
Die über 600 Millionen machten Jho Low zu einem der wichtigsten Rothschild-Kunden. Von Ende 2009 bis 2016 verdiente das Zürcher Bankhaus mit dem mutmasslichen Milliardenbetrüger laut dem Eidgenössischen Finanzdepartement über 18,5 Millionen Franken. Das sind gegen drei Millionen pro Jahr – oder weit über 200’000 Franken pro Monat.
Risiko «höher als normal»
Dieser Geldregen dürfte mitentscheidend dafür gewesen sein, dass man bei Rothschild etliche Verdachtsmomente in den Wind schlug. Diese hatte es gegen den heute untergetauchten Jho Low von Anfang an gegeben. So machte Low 2009 «nur unvollständige und vage Angaben zu seiner angeblichen unternehmerischen Tätigkeit», wie das Finanzdepartement in der Strafverfügung festhält.
Schon damals gab es erste kritische Medienberichte über Low. Und auch private Ermittler warnten Rothschild vor Ungereimtheiten und vor einem Reputationsrisiko, das «höher ist als normal».
Mit den Jahren verdichteten sich die Verdachtsmomente. Im Januar 2015 trafen sich Rothschild-Banker dann mit Low zum Lunch. Thema war aber nicht der Nachweis für die legale Herkunft seines Vermögens – sondern der Transfer von Geldern nach Guernsey «für den Fall, dass Vermögenswerte in der Schweiz gesperrt werden sollten», so die Ermittlungen des Finanzdepartements.
Selbst als renommierte Medien wie die «New York Times» kritisch über Low zu berichten begannen, spielte Rothschild noch immer mit. Nach dem Artikel schrieb der damalige Leiter des Rothschild-Trust-Geschäfts ein Mail an Low: «Lieber Jho, ich hoffe, dass du und die Familie euch nicht zu sehr aufregt.»
Späte Verdachtsmeldung
Es wurde November 2015, bis Rothschild doch noch eine Geldwäscherei-Verdachtsmeldung absetzte – aber erst Tage nachdem die Bundesanwaltschaft Informationen zu bestimmten Konten angefordert hatte.
Rothschild gehört zu den sieben Schweizer Banken, bei welchen die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht im Zusammenhang mit 1MDB-Geldern schwere Verstösse gegen die Geldwäschereivorschriften feststellte. Kurz nach Abschluss des Aufsichtsverfahrens im Jahr 2018 stiess Rothschild das Trust-Geschäft ab.
Fragen zum Fall liess die Bank unbeantwortet. Der Anwalt des verurteilten ehemaligen Compliance-Mannes von Rothschild Trust reagierte nicht auf mehrmalige Anfragen. Nach allem, was bekannt ist, durfte Rothschild den Millionengewinn aus den 1MDB-Geldern behalten.
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