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Hinrichtung von Ringer
Schweiz hat iranischen Botschafter zitiert

Aussenminister Ignazio Cassis besucht am 7. September den iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Fünf Tage später lässt das Regime einen jungen Ringer hinrichten.
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Das iranische Regime liess keine Gnade walten: Am vergangenen Samstag vollstreckte es die Todesstrafe gegen Navid Afkari, einen 27-jährigen Ringer. Dieser soll 2018 am Rand von Protesten gegen die Mullahs einen Sicherheitsmann umgebracht haben. Afkari hatte die Tat zunächst gestanden, danach aber widerrufen: Er sei gefoltert worden. Internationale Menschenrechtsorganisationen kritisierten, an Afkari werde ein Exempel statuiert.

Pikant für die Schweiz: Noch fünf Tage vor der Hinrichtung weilte Aussenminister Ignazio Cassis zu einem offiziellen Besuch im Iran (lesen Sie hier, wie auch Schweizer Firmen davon profitieren sollen). Die dreitägige Reise fand zur Feier der 100-jährigen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern statt. Cassis berichtete danach, er habe bei allen Treffen, auch mit Präsident Hassan Rohani, die Menschenrechte angesprochen, Aussenminister Mohammed Javad Zarif übergab er eine detaillierte Liste mit Menschenrechtsverletzungen. Darauf standen auch die Namen von Navid Afkari und dessen zwei Brüdern, die zu langen Haftstrafen und Peitschenhieben verurteilt wurden. Die Diskussionen seien «fruchtbar» gewesen, twitterte Cassis.

USA und EU protestieren lautstark

Trotzdem stimmte die Schweiz nach Afkaris Hinrichtung nicht mit ein, als sich ein Chor empörter Stimmen erhob. US-Aussenminister Mike Pompeo bezeichnete die Exekution als «ungeheuerlichen Angriff auf die menschliche Würde», die schwedische Aussenministerin Ann Linde war «entsetzt», das deutsche Aussenministerium verurteilte die Hinrichtung «aufs Schärfste».

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Das Schweizer Aussendepartement und sein Chef hingegen blieben stumm. Dafür erntete Cassis Kritik aus dem Parlament. Sie erwarte eine Verurteilung durch die Schweiz, schrieb etwa die Aargauer CVP-Nationalrätin Marianne Binder auf Twitter.

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Nun zeigt sich, dass das Departement von Cassis sehr wohl bei den Iranern interveniert hat – dabei jedoch das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit vermied. Am Montagnachmittag sagte der Aussenminister im Nationalrat: «Die Schweiz verurteilt die Hinrichtung von Navid Afkari.» Das habe das Aussendepartement (EDA) dem iranischen Botschafter sowohl unmittelbar vor als auch nach der Hinrichtung mitgeteilt. Botschafter Mohammad Reza Haji Karim Jabbari wurde also sogar zweimal ins Bundeshaus zitiert, wobei ihm eine Chefbeamtin die Schweizer Haltung darlegte.

Schweiz setzt auf Dialog

Im EDA heisst es, diese Vorgehensweise erachte man als zielführender, als wenn die Schweizer Behörden in aller Öffentlichkeit protestieren würden. Die Schweiz rede mit dem Iran seit Jahren über Menschenrechtsprobleme, explizit auch über die Todesstrafe. Dabei gebe es positive Entwicklungen, der Iran richte beispielsweise keine Minderjährigen mehr hin wegen Drogendelikten. Diese Gespräche führe die Schweiz unabhängig von ihrer Rolle als Schutzmacht der USA im Iran.

Wie empfindlich das iranische Regime auf öffentliche Kritik reagiert, bewies es am Montag. Es zitierte den deutschen Botschafter in Teheran, weil der sich in die inneren Angelegenheiten des Gastlands eingemischt habe. Die deutsche Botschaft hatte zuvor auf ihrem Twitter-Konto auf Farsi geschrieben, sie sei «tief entsetzt», es sei unannehmbar, «dass Grundrechte verletzt werden, um Stimmen der Opposition zum Schweigen zu bringen». Der iranische Aussenminister sagte anstehende Besuche in Europa aus logistischen Gründen ab – womit er auch vermied, öffentlich für die Hinrichtung zur Rede gestellt zu werden.

Kritik von links, Rückendeckung von rechts

CVP-Politikerin Binder sagt, der Schweizer Aussenminister hätte schärfer reagieren müssen. Cassis habe sich «enorm ausweichend» geäussert und im Nationalrat erst auf Nachfrage gesagt, er verurteile die Hinrichtung. Den jungen Sportler und politischen Gefangenen kurz vor Cassis’ Besuch zu verurteilen und gleich danach hinzurichten, sei «ein Schlag auch ins Gesicht der Schweiz». Von einem «Affront» spricht auch SP-Aussenpolitiker Fabian Molina: «Cassis hätte seinen Besuch im Iran nach dem Todesurteil gegen Afkari absagen müssen.» Kritisch äussert sich auch eine Menschenrechtsorganisation junger Iraner in der Schweiz: Die Schweiz habe die Exekution von Afkari wohl verurteilt – «aber wo bleibt die offizielle Stellungnahme?», fragt sie auf Twitter.

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FDP-Aussenpolitiker Damian Müller, Präsident der aussenpolitischen Kommission des Ständerats, verteidigt den Aussenminister. Dieser habe sicherlich deutliche Worte gefunden. Ein Verzicht auf den Besuch in Teheran wäre aber falsch gewesen: Die Schweiz spiele als Schutzmacht der USA eine zentrale Rolle im Atomstreit und gewährleiste die Lieferung wichtiger medizinischer Güter an die iranische Bevölkerung. «Vor dem komplexen Hintergrund sind intakte Beziehungen sinnvoller als gestörte Beziehungen», sagt Müller.